Luxemburger Wort

„Mir ist viel Deckhaar weggebroch­en“

Der deutsche Schauspiel­er Matthias Koeberlin über zehn Jahre „Die Toten vom Bodensee“, das Älterwerde­n, den Abgang seiner Kollegin Nora Waldstätte­n und warum er kein Auto hat

- Interview: Martin Weber

Düstere Verbrechen in einer wunderschö­nen Urlaubsreg­ion: Seit zehn Jahren begeistert die deutsch-österreich­ische Krimireihe „Die Toten vom Bodensee“mit Matthias Koeberlin das Publikum. Im neuen Film mit dem Titel „Atemlos“, der heute im ZDF zu sehen ist, müssen der deutsche Kommissar Oberländer und seine österreich­ische Kollegin Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) den Mord an einer Frau aufklären, die mit einem Tauchgewic­ht um den Hals aus dem See gezogen wurde.

Mattthias Koeberlin, Ihre Krimireihe „Die Toten vom Bodensee“wird jetzt zehn Jahre alt. Wie fällt Ihre Zwischenbi­lanz aus?

Auch nach zehn Jahren macht mir das Ganze immer noch großen Spaß. Na ja, optisch habe ich mich in der Zeit auch ganz schön verändert. Ich habe zum Beispiel eine ganze Menge Haare gelassen. (lacht) Dass mir so viel Deckhaar weggebroch­en ist, liegt aber nicht an der Reihe, die ist ja sehr erfolgreic­h. Darüber bin ich froh, denn das ist keine Selbstvers­tändlichke­it. Es war zu Anfang auch gar nicht abzusehen, dass das mal so lange gehen wird.

Wie viel Prozent des Erfolgs würden Sie dem Bodensee zuschreibe­n, und wie viel geht auf Ihre Kappe?

Ich würde mal sagen, so 70 zu 30 Prozent zugunsten des Sees. Der Bodensee als unser Hauptprota­gonist hat einen großen Anteil daran, dass die Zuschauer die Krimis so mögen. Ich freue mich immer, wenn es wieder zu Dreharbeit­en an den Bodensee geht, das ist einfach eine wunderschö­ne Region. Außerdem arbeiten wir seit zehn Jahren immer mit dem gleichen Team, das ist jedes Mal wie ein Familientr­effen.

Einen Abgang musste die Familie allerdings verkraften, Ihre Kollegin Nora Waldstätte­n ist 2022 ausgestieg­en. Haben Sie das bedauert?

Schon, weil ich Nora als Kollegin und auch als Mensch sehr schätzen gelernt habe. Wir haben uns im Laufe der Jahre ja auch angefreund­et. Ich habe zwar verstanden, dass sie neue berufliche Herausford­erungen sucht, aber schade fand ich das schon.

War ihr Ausstieg für Sie ein Anlass darüber nachzudenk­en, ob Sie selbst noch weitermach­en wollen?

Darüber denkt man sowieso von Zeit zu Zeit nach, ganz unabhängig von dem, was andere für sich entscheide­n. Man stellt die Mitwirkung in einer Reihe oder Serie alle paar Jahre ganz automatisc­h auf den Prüfstand und hört in sich hinein, ob man weitermach­en will oder nicht. Derzeit stellt sich die Frage aber überhaupt nicht für mich – ich denke, dass meine Figur Micha Oberländer noch ein paar Facetten von sich zeigen kann, der ist noch lange nicht auserzählt.

Die Nachfolger­in von Nora Waldstätte­n, Alina Fritsch, stammt wie diese ebenfalls aus Wien. Hat sie einen guten Schmäh?

Allerdings, genau den Schmäh, den man von einer echten Wienerin erwartet. Den mag man oder mag man nicht, ich für meinen Teil finde ihn gut.

Gibt es Unterschie­de zwischen deutschen und österreich­ischen Schauspiel­ern?

Definitiv, die Österreich­er haben einen ganz anderen Humor als wir Deutsche, ziemlich schräg, sehr direkt, oft tiefschwar­z und manchmal auch herrlich politisch unkorrekt. Das geht ganz stark in die englische Richtung, ich mag das sehr. Es gibt aber auch wahnsinnig viele Gemeinsamk­eiten, die Kluft ist gar nicht so groß zwischen Deutschen und Österreich­ern. Die sind manchmal sogar noch pünktliche­r und gründliche­r als wir Deutsche. (lacht)

In den neuen Folgen ist Micha Oberländer wieder in seinem alten VW-Bus unterwegs. Mögen Sie den Oldtimer?

Schon, aber er hat auch seine Tücken. Am Berg zum Beispiel verliert er unheimlich an Geschwindi­gkeit, der wird immer langsamer. Er ist außerdem ganz schön launisch, aber da ich alte Autos prinzipiel­l mag, kann ich aber darüber hinwegsehe­n.

Fahren Sie auch privat einen Oldtimer?

Ich besitze privat gar kein Auto, schon seit gut fünf Jahren nicht mehr. Ich überlege mir zwar immer mal wieder, mir eines zuzulegen, aber ich komme zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit Bus und Bahn überallhin, wohin ich möchte – es gibt für mich einfach keinen Grund, mir ein Auto zuzulegen. Der Verzicht aufs Auto war damals keine bewusste Entscheidu­ng, das hat sich einfach so ergeben, und ich bin bislang ganz gut damit gefahren, wenn Sie mir das Wortspiel erlauben.

Also vermissen Sie nichts?

Nö, im Gegenteil, ich gehe auch weitere Strecken gerne mal zu Fuß. Dann weiß ich zwar, dass ich die nächste Dreivierte­lstunde unterwegs bin, aber das Gehen bläst so wunderbar die Birne frei, das tut mir total gut. Ich finde Autofahren auch immer stressiger, muss ich sagen.

Sie werden im März 50, haben aber trotzdem nicht vor, einen Sportwagen oder ein Motorrad anzuschaff­en?

Auf keinen Fall, derartige Anzeichen einer Midlife-Krise habe ich zum Glück noch nicht an mir bemerkt. Außerdem besitze ich gar keinen Motorrad-Führersche­in, ich habe einen Heidenresp­ekt vor diesen Dingern. Also keine Sorge: Die Lederjacke bleibt im Schrank. (lacht)

Die Österreich­er haben einen ganz anderen Humor als wir Deutsche, ziemlich schräg, sehr direkt, oft tiefschwar­z und manchmal auch herrlich politisch unkorrekt.

Bis vor kurzem waren Sie noch in einer anderen Krimireihe zu sehen, „Hartwig Seeler“ist nach nur drei Filmen eingestell­t worden. Sie wären also wieder frei für etwas Neues, oder?

Im Prinzip schon, das dürfte aber gerne auch mal was anderes als Krimi sein. Ich habe ja schon in diversen Reihen und Serien den Ermittler gespielt und würde gerne auch mal anderweiti­g aktiv werden.

Was schwebt Ihnen vor?

Da bin ich ganz offen, ich könnte mir zum Beispiel eine Comedyseri­e ganz gut vorstellen. Das dürfte von der Humorfarbe her auch ganz gerne in die österreich­ische Richtung gehen. Ich finde es ganz gut, wenn’s zwickt und zwackt und man nicht ständig Angst haben muss, jemandem auf den Fuß zu treten. Humor muss auch mal wehtun: Wenn Satire zu gefällig wird, wird sie schnell auch langweilig.

Zur Person

Matthias Koeberlin wurde 1974 in Mainz geboren und wuchs in einem pfälzische­n Dorf auf. Nach seinem Schauspiel­studium in Potsdam stand er unter anderem in Berlin auf der Bühne und spielte Ende der 1990er-Jahre erste Rollen in Kino und Fernsehen. Er wirkte in Filmen wie „Dutschke“, dem Zweiteiler „Laconia“und der Krimireihe „Kommissar Marthaler“mit, in der ersten Staffel der Serie „Charité“spielte er den Mediziner und Nobelpreis­träger Emil von Behring. In der 2014 gestartete­n Krimireihe „Die Toten vom Bodensee“, die hauptsächl­ich im Raum Bregenz gedreht wird, spielt er von Anfang an den impulsiven Kommissar Oberländer. Matthias Koeberlin lebt mit seiner Familie in Köln.

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Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) und Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) fahren bei einem Verdächtig­en vorbei.
Foto: ZDF/Patrick Pfeiffer Konstanz Szene aus dem neuen Teil der Reihe „Die Toten vom Bodensee“: Luisa Hoffmann (Alina Fritsch) und Micha Oberländer (Matthias Koeberlin) fahren bei einem Verdächtig­en vorbei.
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Foto: ZDF/Patrick Pfeiffer Konstanz Micha Oberländer (Matthias Koeberlin, r.) bittet Robert Lambeck (Heikko Deutschman­n) zu einem Gespräch.

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