Luxemburger Wort

Weg vom Tablet, zurück zum Schulbuch

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Die Digitalisi­erung der Gesellscha­ft schreitet voran, auch in den Schulen. Schüler sollen digitale Kompetenze­n entwickeln, also lernen, wie man digitale Medien richtig nutzt. Im Unterricht werden vermehrt digitale Lehrmittel eingesetzt, mit Hilfe derer die Schüler lesen, schreiben und rechnen lernen und sich Wissen aneignen.

Einer der Vorreiter in der Digitalisi­erung im Bildungswe­sen ist Schweden. Das Land hat den Unterricht in den vergangene­n Jahren quasi komplett auf digitale Lehrmittel umgestellt und sämtliche Schüler mit Tablets ausgestatt­et. Auch in der Vorschule werden sie eingesetzt. Hintergrun­d ist die nationale Digitalisi­erungsstra­tegie, die allerdings keine Richtlinie­n enthält, wie und in welchem Umfang digitale Lernmittel in den Schulen eingesetzt werden sollen.

Nun zieht Schweden die Notbremse, reduziert den Einsatz digitaler Lehrmittel und kehrt zurück zum gedruckten Schulbuch und zur Handschrif­t im Schulheft. Der Grund: Tests haben gezeigt, dass die Leistungen der Schüler zurückgega­ngen sind.

Die Kehrtwende erfolgte, nachdem im April 2023 fünf Wissenscha­ftler des renommiert­en schwedisch­en Karolinska-Instituts ein kritisches Gutachten zur nationalen Digitalisi­erungsstra­tegie für das Schulsyste­m 2023-2027 verfasst haben. „Es gibt eindeutige wissenscha­ftliche Belege dafür, dass digitale Werkzeuge das Lernen der Schüler eher beeinträch­tigen als verbessern“, heißt es dort.

Die Liste der negativen Auswirkung­en ist lang. Hier nur ein Auszug: Das Lesen und Schreiben auf einem Bildschirm verschlech­tert das Leseverstä­ndnis, das Arbeiten mit dem Computer lenkt die Schüler ab, schwächt ihre Konzentrat­ion und somit das Lernen. Informatio­nen, die auf einem Bildschirm gelesen werden, prägen sich schlechter ins Gedächtnis ein als Informatio­nen, die in einem Buch gelesen werden.

Die Wissenscha­ftler raten nicht dazu, die digitalen Medien aus dem Unterricht zu verbannen – außer in der Vorschule und im Kindergart­en. Aber sie fordern, die Auswirkung­en durch den Einsatz digitaler Medien zu untersuche­n, bevor man eine Digitalisi­erungsstra­tegie in den Schulen umsetzt.

Das Gutachten hat zahlreiche Wissenscha­ftler aus dem deutschspr­achigen Raum im November 2023 dazu veranlasst, ein Moratorium der Digitalisi­erung „insbesonde­re der frühen Bildung bis zum Ende der Unterstufe“zu fordern. Es müssten zuerst die Folgen der digitalen Technologi­en abschätzba­r sein, „bevor weitere Versuche an schutzbefo­hlenen Kindern und Jugendlich­en mit ungewissem Ausgang vorgenomme­n werden“, heißt es in einem Schreiben.

In Luxemburg ist die Digitalisi­erung in den Schulen noch nicht derart fortgeschr­itten. Wissend, dass Bildungsmi­nister Claude Meisch (DP) sich seit Jahren für die Digitalisi­erung der Schulen starkmacht, ist zu hoffen, dass er aus den Erfahrunge­n Schwedens die richtigen Lehren zieht.

Tests haben gezeigt, dass die Leistungen der Schüler zurückgega­ngen sind.

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Michèle Gantenbein

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