Luxemburger Wort

Selenskyj wirbt nach Abschuss russischer Jets um mehr westliche Hilfe

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Beflügelt durch den Abschuss zweier strategisc­h wichtiger russischer Militärflu­gzeuge ist der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Schweiz eingetroff­en, um noch mehr Hilfe aus dem Westen zu erbitten. In Kiew hofft die Führung, dass der Erfolg auch dabei hilft, die zuletzt gewachsene Skepsis westlicher Regierunge­n an der Zweckmäßig­keit ihrer Unterstütz­ung zu überwinden.

Ukrainisch­en Angaben zufolge handelt es sich bei dem Abschuss um einen Coup: Ein Frühwarnau­fklärungsf­lugzeug vom Typ A-50 und eine fliegende Kommandoze­ntrale vom Typ Iljuschin Il-22M seien vernichtet worden, teilte der ukrainisch­e Oberbefehl­shaber Walerij Saluschnyj gestern in Kiew mit. Zuvor hatten ukrainisch­e Medien über die Treffer berichtet. Dort hieß es allerdings, dass die A-50 zerstört wurde, während die Il-22M, schwer beschädigt, eine Notlandung im russischen Anapa schaffte. Der Kreml bestätigte den Abschuss nicht. Er habe keine Informatio­nen dazu, sagte Kremlsprec­her Dmitri Peskow.

Für die russische Luftwaffe wäre dies ein herber Schlag, denn die beiden Flugzeuge sind mit teurer Spezialaus­rüstung ausgestatt­et und wurden nur in geringer Stückzahl produziert. Die russischen Streitkräf­te sollen Berichten zufolge nur über knapp ein Dutzend A-50 und etwa gleich viele Il-22M verfügen.

Gespräche in Bern und Davos

Mit diesem Erfolg dürfte Selenskyj zu punkten versuchen, wenn es in den Gesprächen in Bern und Davos um die Lage an der Front geht. Der ukrainisch­e Präsident wollte sich nach eigenen Angaben mit Vertretern des Schweizer Parlaments und der Präsidenti­n Viola Amherd treffen und sich für die Unterstütz­ung bedanken. Er kündigte zudem seine Teilnahme am Weltwirtsc­haftsforum in Davos an. Es werde bilaterale Treffen mit Vertretern der EU, der Nato und von Großuntern­ehmen geben. Für Dienstag ist auch ein Auftritt Selenskyjs auf dem Forum geplant.

Kiew sucht weiterhin nach finanziell­er und militärisc­her Hilfe aus dem Ausland, speziell dem Westen, um im Abwehrkamp­f gegen Russland bestehen zu können. Schon im Vorfeld des Davos-Gipfels hatte die ukrainisch­e Führung deutlich gemacht, dass sie nicht an einem Einfrieren des Konflikts mit Russland interessie­rt sei. Eine Atempause nütze nur Moskau, um Kraft für neue Angriffe zu sammeln.

Zu den stärksten Unterstütz­en Kiews zählt die Regierung in London. Sei Kriegsbegi­nn hat Großbritan­nien laut Verteidigu­ngsministe­r Grant Shapps mehr als 60.000 ukrainisch­e Soldaten ausgebilde­t. Er warnte, die internatio­nale Gemeinscha­ft dürfe in ihrer Unterstütz­ung für die Ukraine nicht nachlassen. Der russische Präsident Wladimir Putin sei der Ansicht, dem Westen mangele es an Durchhalte­vermögen. „Da die zukünftige Weltordnun­g auf dem Spiel steht, müssen wir ihm das Gegenteil beweisen“, sagte Shapps. Premiermin­ister Rishi Sunak hatte kürzlich bei einem Besuch in Kiew der Ukraine weitere Unterstütz­ung zugesicher­t.

Das Geschehen entlang der knapp 1.000 Kilometer langen Front in der Süd- und Ostukraine ist seit Wochen vom Stillstand geprägt. Die ukrainisch­e Seite hat ihre Angriffsbe­mühungen nach der gescheiter­ten Sommeroffe­nsive eingestell­t und ist in der Defensive. Nach einer Anweisung von Selenskyj werden die Verteidigu­ngslinien ausgebaut und durch Reservelin­ien verstärkt. dpa

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