„Fast wie ein repressiver Staat“
Im Gespräch mit dem Radio 100,7 kritisiert Kardinal Jean-Claude Hollerich das Bettelverbot der CSV/DP-Regierung
Er werde manchmal gefragt, ob er Papst werden will, aber das wolle er sicher nicht. „Das ist zu hoch“, sagte der Luxemburger Erzbischof und Kardinal JeanClaude Hollerich dem Radio 100,7 gestern Morgen.
Er sei viel am Hin- und Herreisen zwischen Rom und Luxemburg. „Das macht müde“, so Hollerich. Demnächst gehe es nach Kenia. Trotzdem hofft der Erzbischof, die Sorgen und Nöte auch der Luxemburger Gläubigen im Blick zu haben. Die größte Baustelle sei der Mangel an Gläubigen, räumt Hollerich ein. Das Christentum erschöpfe sich häufig darin, in die Messe zu gehen. Man müsse kleine Gemeinschaften unterstützen, wo der Glaube gelebt werde.
Auch zum Bettelverbot äußerte sich der Erzbischof, die Maßnahme tue ihm weh, besonders wenn er lese „große Polizeimaßnahme“. „Das sieht dann fast wie ein repressiver Staat aus“, so Hollerich weiter. Er habe selbst mit einem betroffenen Obdachlosen gesprochen, diese Personen hätten immense Probleme. Er sei „ganz einverstanden“, dass der Staat organisiertes Betteln nicht dulden könne. „Aber wie unterscheidet man das eine vom anderen?“Und wie verhindere man, alle repressiv zu behandeln. Der Innenminister hätte sich mit den Wohlfahrtsorganisationen konsultieren sollen, so der Erzbischof. Übergriffige Bettler seien nicht gut. Aber man soll nicht überreagieren und nicht den Leuten wehtun, „denen es schlecht geht“. Es sei nicht an ihm, den Menschen zu sagen, was sie machen sollen, würden sie von einer Person um Geld gebeten. Er selbst gehe weiter, gibt Hollerich freimütig zu.
Das „Netz“zwischen Kirche und CSV gibt es nicht mehr
Auf die „früher enge Verbindung“zwischen Kirche und der CSV angesprochen, sagte Hollerich, die Verbindung gebe es sicher, aber es gebe sie auch mit anderen Parteien. Ein Netz, wie es früher bestanden habe, zwischen Kirche und CSV, gebe es nicht mehr. Gefragt, ob er das bedauere, fällt Hollerichs Antwort kurz und knapp aus: „Nein.“
Er kenne viele Politiker aus der CSV, die er gerne treffe, aber die Kirche sei für alle da, so Hollerich weiter. Man müsse Dialog mit allen führen. Man habe „gute Beziehungen“und schätze sie. Forderungen an die Politik habe die katholische Kirche keine. Man werde kein Geld fordern, das einem nicht zusteht.
Aber: Der Diskurs, dass Religion privat sei, gefällt dem Erzbischof nicht. Religion solle sich auch gesellschaftlich äußern, deshalb sollte die Religion ruhig in der Zivilgesellschaft mitreden, „ohne den Menschen ihre Meinung aufzudrücken“. Konkret wünscht sich Jean-Claude Hollerich ein Mitspracherecht bei „moralischen Entscheidungen“. Diese kämen „in Zukunft massiv“, wie die künstliche Intelligenz. Es sei wichtig, dass Christen als Beratung angehört würden.
: Der Innenminister hätte sich mit den Wohlfahrtsorganisationen konsultieren sollen. Jean-Claude Hollerich, Kardinal