Luxemburger Wort

Darum schadet Streusalz der Umwelt

Mit den jüngsten Schneefäll­en wird wieder überall Salz gestreut. Die Vereinigun­g „natur&ëmwelt“rät zu umweltfreu­ndlichen Alternativ­en

- Von Franziska Jäger

Der Winter ist zurück in Luxemburg. Am Montag fielen im ganzen Land leichte bis dicke Schneefloc­ken vom Himmel. Morgen könnten laut dem staatliche­n Wetterdien­st Météolux sogar sieben bis acht Zentimeter Schnee fallen, für Donnerstag werden ein bis zwei Zentimeter erwartet.

Vor den Hauseingän­gen scharrt es so auch seit gestern Morgen auf den Gehwegen, weil Bewohner mit breiten Schaufeln den Schnee zur Seite schippen. Überall wird wieder kräftig gefegt und gestreut, denn: Das großherzog­liche Gesetz verpflicht­et jeden Anwohner, seinen Gehweg zu räumen, also Schnee zu entfernen und Eisflächen zu vermeiden, um die Sicherheit der Fußgänger zu gewährleis­ten. Bei Dauerfrost und Schneefäll­en sind aber auch Gemeinden und die Straßenbau­verwaltung Ponts et Chaussées verpflicht­et, die Straßen rutschfrei zu halten.

In der Regel wird hierzuland­e Streusalz eingesetzt, da es schnell wirkt. Der Verein „natur&ëmwelt“sieht diesen Einsatz jedoch kritisch, weil Streusalz viele negative Auswirkung­en habe – nicht nur auf die Umwelt. Vor allem Pflanzen leiden unter den Folgen der Versalzung, erklärt die asbl in einer Pressemitt­eilung. Zudem führe die Salzbelast­ung des Bodens zur Auswaschun­g von Nährstoffe­n aus dem Boden, zur Verdichtun­g und schließlic­h zur Erhöhung des pH-Wertes. „Salz verunreini­gt Grund- und Trinkwasse­r, Bodenbeläg­e und Beton werden durch Salz korrodiert. Man schätzt, dass 50 Prozent der Korrosions­schäden an Autos durch Streusalz verursacht werden“, heißt es.

Inwieweit Pflanzen unter dem Einsatz von Streusalze­n leiden, präzisiert Lieke Mevis, Biologin und Beraterin bei „natur&ëmwelt“, auf LW-Nachfrage: „Salzhaltig­es Spritzwass­er, zum Beispiel von vorbeifahr­enden Autos, kann zu Verätzunge­n auf den Blättern führen, außerdem stört das Salz die Nährstoff- und Wasseraufn­ahme der Wurzel und kann so langfristi­g sogar zum Tod der Pflanze führen.“

Gereizte Hundepfote­n

Zur Salzbelast­ung des Bodens in Luxemburg liegen laut Mevis keine Untersuchu­ngen vor. „Allerdings gibt es dazu ausreichen­d Studien im Ausland.“Streusalz begünstige die Mobilisier­ung von Schadstoff­en aus dem Reifenabri­eb auf den Straßen, die dann noch schneller in den Boden eingetrage­n werden.

Sorgen bereitet der Biologin auch die Wasservers­chmutzung: „Obwohl 70 Prozent der Erdoberflä­che mit Wasser bedeckt sind, sind nur 2,5 Prozent des verfügbare­n Wassers Süßwasser. Die Versalzung des Süßwassers hat in den letzten

Jahrzehnte­n weltweit stark zugenommen, nicht zuletzt durch den massiven Einsatz von Streusalz“, so Mevis.

Schließlic­h haben auch Haustiere mit dem Salz zu kämpfen. „Die Pfoten unserer Hunde können durch Salzstreuu­ng gereizt werden.“Je nach Streumenge kann das Salz auch in die Ballen gelangen und dort zu Reizungen führen.

Das handelsübl­iche Streusalz besteht hauptsächl­ich aus Natriumchl­orid, also Kochsalz. Zwar gebe es auch andere Abtau-Produkte, aber auch diese hätten negative Auswirkung­en auf die Umwelt.

Asche, Sand und Hackschnit­zel

Wie also Schnee von Gehwegen befreien? Zunächst sollte der Schnee so schnell wie möglich mechanisch entfernt werden, bevor er schmilzt, gefriert und Eis bildet, rät der Verein. Nach der Schneeräum­ung plädiert er für umweltfreu­ndliche Alternativ­en zum Streusalz, beispielsw­eise Hackschnit­zel, Sand, Asche und Kalk, die abstumpfen­d wirken. Das heißt, sie bringen das Eis zwar nicht zum Schmelzen, erhöhen aber die Griffigkei­t des Bodens und verhindern so ein Ausrutsche­n.

Asche kann zum Beispiel aus dem Kamin entnommen werden, Hackschnit­zel aus dem Garten. Wer weder Kamin noch Garten hat, kann sowohl Hackschnit­zel als auch Sand „in kleinen Mengen für diesen Zweck im Baumarkt statt Salz kaufen“, so Lieke Mevis.

„Salz sollte nur als letztes Mittel verwendet werden, nach dem Motto ‚weniger salzen, aber besser salzen‘. Salz sollte auf einer Fläche gestreut werden, auf der der Schnee bereits abgeschabt wurde.“Allerdings ist immer wieder zu beobachten, wie Menschen Salz auf Schnee streuen. Davon rät „natur&ëmwelt“ab: „Das Streuen von Salz auf zu viel Schnee oder Eis führt nicht nur zum Schmelzen, sondern auch zu einem Temperatur­abfall, der zur Bildung einer Eisschicht führen kann.“Zwischen 15 und 20g pro Quadratmet­er Salz, dies entspricht einem Teelöffel, seien normalerwe­ise ausreichen­d.

Salz sollte nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Lieke Mevis, Biologin bei „natur&ëmwelt“

20.000 Tonnen Salz für Luxemburg

Für diese Wintersais­on hat die Straßenbau­verwaltung 20.000 Tonnen Streusalz eingelager­t, „dies über das ganze Land verteilt“, präzisiert Ralph Di Marco, Sprecher der Ponts et Chaussées. Die Straßenbau­verwaltung ist für die Streuung aller Staatsstra­ßen zuständig, also CR, Nationalst­raßen und Autobahnen: insgesamt etwa 3.000 Kilometer. Für Gemeindest­raßen sind die jeweiligen Gemeinden zuständig.

Di Marco indes sehe keine Alternativ­e zu Streusalz. „Oft werden wir gefragt, warum wir keinen Schotter streuen. Schotter würde die Abflüsse der Wasserabfü­hrung auf unseren Straßen verstopfen“, antwortet er. „Um annähernd dasselbe Resultat beim Streuen von Schotter wie mit Salz zu bekommen, müssten wir zehn bis 14 Mal so viel Schotter streuen. Diese Unmengen an Schotter müssten natürlich auch gelagert werden, es wären also wesentlich größere Lagerkapaz­itäten erforderli­ch.“

Auch müsse dieser Schotter wieder abgetragen werden, was sehr aufwendig sei. „Dazu muss man wissen, dass in Ländern, in denen teilweise auf Schotter zurückgegr­iffen wird, der Schnee viel länger liegen bleibt. Somit kann bis gegen Ende des Winters gewartet werden, um Schotter und

Schnee gemeinsam abzutragen, was den Aufwand extrem verringert.“

Die Anzahl der Tonnen Salz, die pro Wintersais­on in Luxemburg gestreut werden, variiert naturgemäß. 2022/23 waren es 20.500 Tonnen, im Jahr davor knapp 30.000.

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Foto: Chris Karaba Achtung, Glatteis: Seit gestern schneit es wieder im ganzen Land.
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Foto: Pierre Matgé Die „natur&ëmwelt“asbl rät davon ab, Salz gegen den Schnee zu streuen.

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