Darum schadet Streusalz der Umwelt
Mit den jüngsten Schneefällen wird wieder überall Salz gestreut. Die Vereinigung „natur&ëmwelt“rät zu umweltfreundlichen Alternativen
Der Winter ist zurück in Luxemburg. Am Montag fielen im ganzen Land leichte bis dicke Schneeflocken vom Himmel. Morgen könnten laut dem staatlichen Wetterdienst Météolux sogar sieben bis acht Zentimeter Schnee fallen, für Donnerstag werden ein bis zwei Zentimeter erwartet.
Vor den Hauseingängen scharrt es so auch seit gestern Morgen auf den Gehwegen, weil Bewohner mit breiten Schaufeln den Schnee zur Seite schippen. Überall wird wieder kräftig gefegt und gestreut, denn: Das großherzogliche Gesetz verpflichtet jeden Anwohner, seinen Gehweg zu räumen, also Schnee zu entfernen und Eisflächen zu vermeiden, um die Sicherheit der Fußgänger zu gewährleisten. Bei Dauerfrost und Schneefällen sind aber auch Gemeinden und die Straßenbauverwaltung Ponts et Chaussées verpflichtet, die Straßen rutschfrei zu halten.
In der Regel wird hierzulande Streusalz eingesetzt, da es schnell wirkt. Der Verein „natur&ëmwelt“sieht diesen Einsatz jedoch kritisch, weil Streusalz viele negative Auswirkungen habe – nicht nur auf die Umwelt. Vor allem Pflanzen leiden unter den Folgen der Versalzung, erklärt die asbl in einer Pressemitteilung. Zudem führe die Salzbelastung des Bodens zur Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden, zur Verdichtung und schließlich zur Erhöhung des pH-Wertes. „Salz verunreinigt Grund- und Trinkwasser, Bodenbeläge und Beton werden durch Salz korrodiert. Man schätzt, dass 50 Prozent der Korrosionsschäden an Autos durch Streusalz verursacht werden“, heißt es.
Inwieweit Pflanzen unter dem Einsatz von Streusalzen leiden, präzisiert Lieke Mevis, Biologin und Beraterin bei „natur&ëmwelt“, auf LW-Nachfrage: „Salzhaltiges Spritzwasser, zum Beispiel von vorbeifahrenden Autos, kann zu Verätzungen auf den Blättern führen, außerdem stört das Salz die Nährstoff- und Wasseraufnahme der Wurzel und kann so langfristig sogar zum Tod der Pflanze führen.“
Gereizte Hundepfoten
Zur Salzbelastung des Bodens in Luxemburg liegen laut Mevis keine Untersuchungen vor. „Allerdings gibt es dazu ausreichend Studien im Ausland.“Streusalz begünstige die Mobilisierung von Schadstoffen aus dem Reifenabrieb auf den Straßen, die dann noch schneller in den Boden eingetragen werden.
Sorgen bereitet der Biologin auch die Wasserverschmutzung: „Obwohl 70 Prozent der Erdoberfläche mit Wasser bedeckt sind, sind nur 2,5 Prozent des verfügbaren Wassers Süßwasser. Die Versalzung des Süßwassers hat in den letzten
Jahrzehnten weltweit stark zugenommen, nicht zuletzt durch den massiven Einsatz von Streusalz“, so Mevis.
Schließlich haben auch Haustiere mit dem Salz zu kämpfen. „Die Pfoten unserer Hunde können durch Salzstreuung gereizt werden.“Je nach Streumenge kann das Salz auch in die Ballen gelangen und dort zu Reizungen führen.
Das handelsübliche Streusalz besteht hauptsächlich aus Natriumchlorid, also Kochsalz. Zwar gebe es auch andere Abtau-Produkte, aber auch diese hätten negative Auswirkungen auf die Umwelt.
Asche, Sand und Hackschnitzel
Wie also Schnee von Gehwegen befreien? Zunächst sollte der Schnee so schnell wie möglich mechanisch entfernt werden, bevor er schmilzt, gefriert und Eis bildet, rät der Verein. Nach der Schneeräumung plädiert er für umweltfreundliche Alternativen zum Streusalz, beispielsweise Hackschnitzel, Sand, Asche und Kalk, die abstumpfend wirken. Das heißt, sie bringen das Eis zwar nicht zum Schmelzen, erhöhen aber die Griffigkeit des Bodens und verhindern so ein Ausrutschen.
Asche kann zum Beispiel aus dem Kamin entnommen werden, Hackschnitzel aus dem Garten. Wer weder Kamin noch Garten hat, kann sowohl Hackschnitzel als auch Sand „in kleinen Mengen für diesen Zweck im Baumarkt statt Salz kaufen“, so Lieke Mevis.
„Salz sollte nur als letztes Mittel verwendet werden, nach dem Motto ‚weniger salzen, aber besser salzen‘. Salz sollte auf einer Fläche gestreut werden, auf der der Schnee bereits abgeschabt wurde.“Allerdings ist immer wieder zu beobachten, wie Menschen Salz auf Schnee streuen. Davon rät „natur&ëmwelt“ab: „Das Streuen von Salz auf zu viel Schnee oder Eis führt nicht nur zum Schmelzen, sondern auch zu einem Temperaturabfall, der zur Bildung einer Eisschicht führen kann.“Zwischen 15 und 20g pro Quadratmeter Salz, dies entspricht einem Teelöffel, seien normalerweise ausreichend.
Salz sollte nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Lieke Mevis, Biologin bei „natur&ëmwelt“
20.000 Tonnen Salz für Luxemburg
Für diese Wintersaison hat die Straßenbauverwaltung 20.000 Tonnen Streusalz eingelagert, „dies über das ganze Land verteilt“, präzisiert Ralph Di Marco, Sprecher der Ponts et Chaussées. Die Straßenbauverwaltung ist für die Streuung aller Staatsstraßen zuständig, also CR, Nationalstraßen und Autobahnen: insgesamt etwa 3.000 Kilometer. Für Gemeindestraßen sind die jeweiligen Gemeinden zuständig.
Di Marco indes sehe keine Alternative zu Streusalz. „Oft werden wir gefragt, warum wir keinen Schotter streuen. Schotter würde die Abflüsse der Wasserabführung auf unseren Straßen verstopfen“, antwortet er. „Um annähernd dasselbe Resultat beim Streuen von Schotter wie mit Salz zu bekommen, müssten wir zehn bis 14 Mal so viel Schotter streuen. Diese Unmengen an Schotter müssten natürlich auch gelagert werden, es wären also wesentlich größere Lagerkapazitäten erforderlich.“
Auch müsse dieser Schotter wieder abgetragen werden, was sehr aufwendig sei. „Dazu muss man wissen, dass in Ländern, in denen teilweise auf Schotter zurückgegriffen wird, der Schnee viel länger liegen bleibt. Somit kann bis gegen Ende des Winters gewartet werden, um Schotter und
Schnee gemeinsam abzutragen, was den Aufwand extrem verringert.“
Die Anzahl der Tonnen Salz, die pro Wintersaison in Luxemburg gestreut werden, variiert naturgemäß. 2022/23 waren es 20.500 Tonnen, im Jahr davor knapp 30.000.