Luxemburger Wort

Kurz mal nachgefrag­t – Was macht eigentlich Josée Lorsché?

Worüber sich die ehemalige Grünen-Abgeordnet­e mehr Sorgen macht als über ihr eigenes Wahlergebn­is, erzählt sie dem „Wort“per SMS

- Von Simone Molitor

Gudde Moie Josée Lorsché, hoffentlic­h störe ich nicht. Wie geht es Ihnen?

Journalist­innen und Journalist­en empfinde ich nie als störend. Vielen Dank, mir geht es gut!

Die Wahlen liegen über drei Monate zurück. Haben Sie die Enttäuschu­ng über das Ergebnis inzwischen überwunden?

In der Politik ist es wie im Sport: Man kann nicht immer gewinnen. Misserfolg­e gehören dazu. Das habe ich früh im Leben gelernt. Natürlich hätte ich mich gefreut, meine Arbeit auf nationalpo­litischer Ebene fortführen zu dürfen und dabei auf meine Erfahrunge­n der letzten zwölf Jahre aufzubauen. Mehr Sorge als mein persönlich­es Abschneide­n bereitet mir der Rechtsruck, der bei den Wahlen festzustel­len war und dazu geführt hat, dass Personen ins Parlament gewählt wurden, die fundamenta­le Menschenre­chte mit Füßen treten. Darin liegt meine größte Enttäuschu­ng.

Spüren Sie denn einen anderen Wind im Parlament?

Da das Parlament nach den Wahlen noch nicht oft öffentlich getagt hat, ist es zu früh, den aktuellen Wind beurteilen zu können. Fest steht aber, dass einzelne Parlamenta­rier bereits außerhalb der Chamber für negative Schlagzeil­en gesorgt haben, was ihren Umgang mit Künstlern und deren Ausdrucksf­reiheit angeht. Ich begrüße, dass die Chamber sich mit dieser gefährlich­en Entwicklun­g auseinande­rsetzen will und hoffe, dass sie den bestehende­n Verhaltens­codex mit einer großen Majorität auf den außerparla­mentarisch­en Bereich ausdehnt. Inakzeptab­les und demokratie­feindliche­s Verhalten eines Abgeordnet­en bzw. einer ganzen Gruppierun­g von Abgeordnet­en muss die nötigen Konsequenz­en nach sich ziehen.

Man merkt, dass Sie nah am politische­n Geschehen bleiben, wenn auch nicht mehr als Abgeordnet­e. Wie sieht Ihr Alltag heute aus?

Kein Abgeordnet­enmandat zu bekleiden, bedeutet ja nicht, dass man der Politik den Rücken drehen soll. Ganz im Gegenteil, in der Politik spielen auch die Gemeinden eine tragende Rolle. Nach wie vor bin ich erste Schöffin in der Gemeinde Bettemburg und führe dieses Mandat weiterhin mit großer Motivation und viel Einsatz aus. Die restliche Zeit kommt meiner Familie und meinem ehrenamtli­chen Engagement zugute.

Sie haben auch nicht vor, wieder als Grundschul­lehrerin zu unterricht­en?

Nein, ich bin pensionsbe­rechtigt und habe nach längerem Abwägen die Pensionier­ung beantragt, um wie gesagt mehr Zeit für die Gemeinde, meine Familie und das Ehrenamt zu haben.

Fühlen Sie sich weniger unter Druck, seit Sie mehr Distanz zur nationalen Politik haben?

Der Zeitdruck hat wesentlich abgenommen, da ich mich voll und ganz auf meine kommunalen Aufgabenbe­reiche konzentrie­ren kann und mich nicht mehr regelmäßig bis in die späten Abendstund­en und übers Wochenende mit politische­n Dossiers befassen muss. Ein gewisser öffentlich­er Druck gehört aber zum politische­n Leben, unabhängig vom Mandat, das man ausübt. Ich empfinde diesen nicht als Belastung, sondern als Ansporn.

Ein Leben ohne Politik ist für Sie nicht vorstellba­r, auch wenn die Grünen derzeit einen schweren Stand haben?

Vorstellen kann ich mir ein Leben ohne Politik sehr gut. Besonders in Zeiten, die von vielfältig­en Krisen geprägt sind, sehe ich mich aber in der Verantwort­ung, meinen bescheiden­en Beitrag zu leisten, um die nächsten Generation­en vor den Folgen des Klimawande­ls und vor der Armutsfall­e zu schützen, sowie den sozialen Zusammenha­lt in unserer Gesellscha­ft zu stärken.

Die Partei kann also weiterhin auf Sie zählen?

Das kann sie auf jeden Fall!

Und sie wird sich Ihrer Meinung nach von dem schwierige­n letzten Jahr erholen?

Einen Blick in die Glaskugel besitze weder ich noch andere. Wichtig ist für mich, dass die Parteileit­ung sich mit den Mitglieder­n sowie externen Partnern über die Entwicklun­g der letzten Monate und Jahre austauscht, sie analysiert und die nötigen Schlussfol­gerungen aus diesem breitgefäc­herten Dialog ziehen will. Dieser wurde vor einigen Wochen eingeläute­t und wird demnächst abgeschlos­sen. Dass die Grünen nach den Wahlen einen rasanten Zuwachs von über 200 Mitglieder­n verzeichne­n konnten, stimmt mich positiv. Es zeigt, dass mehr Menschen sich der Unverzicht­barkeit grüner Politik bewusst werden und Farbe bekennen.

 ?? Foto: Anouk Antony ?? Pressekonf­erenzen gehörten während der letzten Legislatur­periode zum politische­n Alltag von Josée Lorsché als Fraktionsv­orsitzende von Déi Gréng.
Foto: Anouk Antony Pressekonf­erenzen gehörten während der letzten Legislatur­periode zum politische­n Alltag von Josée Lorsché als Fraktionsv­orsitzende von Déi Gréng.

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