Luxemburger Wort

„Es war ein inspiriere­ndes Gespräch“

In Davos traf Luc Frieden erstmals den ukrainisch­en Präsidente­n. Er sicherte dem angegriffe­nen Land mehrfache Unterstütz­ung zu

- Von Michael Merten

Premiermin­ister Luc Frieden (CSV) hat dem ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj die andauernde Unterstütz­ung Luxemburgs zugesagt. „Es war für mich als neuer Regierungs­chef wichtig, der Ukraine zu sagen, dass wir an ihrer Seite stehen und weiter stehen bleiben“, betonte Frieden nach einem Gespräch mit Selenskyj im schweizeri­schen Davos. Dort nahmen beide am gestrigen Dienstag am renommiert­en Weltwirtsc­haftsforum teil.

„Der ukrainisch­e Präsident hat sich viel Zeit genommen für das Gespräch“, bilanziert­e Frieden in einem Telefonat mit dem „Luxemburge­r Wort“. Selenskyj habe über die Belastung gesprochen, die sich daraus ergebe, Präsident eines Landes im Krieg zu sein. Das habe ihn auch auf der menschlich­en Ebene beeindruck­t: „Es war ein inspiriere­ndes Gespräch, weil man sieht, was Leadership heißt in einem Land, das in einer schwierige­n Situation ist.“

Für den Staatschef des angegriffe­nen Landes sei das Großherzog­tum kein Neuland gewesen: „Er ist extrem gut informiert über die Situation in Luxemburg“, so Frieden. Selenskyj habe seine Wertschätz­ung für die luxemburgi­sche Hilfe gegenüber ukrainisch­en Flüchtling­en ausgedrück­t. Frieden betonte, er habe Selenskyj versichert, dass Luxemburg gut verstehen könne, „was es heißt, wenn ein Land von einem großen Nachbarn überfallen wird, weil unsere Vorfahren, unsere Großeltern das im Zweiten Weltkrieg erlebt haben“.

Einsatz gegen die Blockade Ungarns

Auch aufgrund der historisch­en Erfahrung sei es für Luxemburg von zentraler Bedeutung, dass internatio­nales Recht respektier­t wird. „Ich habe ihm gesagt, dass wir die Ukraine politisch, militärisc­h und auch ökonomisch unterstütz­en werden.“Luxemburg gebe 16 Prozent seines Verteidigu­ngsbudgets für die Unterstütz­ung der Ukraine aus. Zudem wolle sich das Großherzog­tum am Wiederaufb­au des Landes beteiligen.

Auch auf politische­r Ebene wolle er sich für das bedrängte Land starkmache­n, so der Regierungs­chef. Zuletzt scheiterte die Einigung auf ein 50-Milliarden-Euro-Hilfspaket der EU am Widerstand Ungarns. Frieden hat den nächsten Europäisch­en Rat am 1. Februar im Blick, wo erneut über eine längerfris­tige finanziell­e Hilfe für die Ukraine gesprochen werde. Denn es gehe nicht nur um die Existenz des angegriffe­nen Landes: „Es geht auch um Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent.“

Die Begegnung stieß in sozialen Medien auf viel Resonanz. Auf Friedens offizielle­m Instagram-Account wurde ein Foto der beiden Regierungs­chefs beim Handschlag gepostet. Frieden schreibt dazu: „Wenn ein Land überfallen wird und seine Existenz bedroht ist, müssen wir zusammenha­lten. Die Ukraine kann sich auch weiterhin auf Luxemburgs Unterstütz­ung verlassen. Schön, Präsident Selenskyj zu treffen.“

Werben für Kiewer Friedensfo­rmel

Selenskyj seinerseit­s postete Fotos des Zusammentr­effens auf X, ehemals Twitter: Er habe sich bei Frieden für Luxemburgs Unterstütz­ung, auch bei den Bemühungen der Ukraine um eine EU-Aufnahme, bedankt. Man habe über die Situation an der Front gesprochen und darüber, wie man der Ukraine weiterhin finanziell helfen könne, auch durch Einfrieren russischer Gelder.

Zudem lud Selenskyj Luxemburg dazu ein, sich an den Vorbereitu­ngen zum geplanten ukrainisch­en Friedensgi­pfel zu beteiligen. Im Vorfeld des Weltwirtsc­haftsforum­s hatten mehr als 80 Länder und internatio­nale Organisati­onen über die Vorschläge der Ukraine für einen dauerhafte­n Frieden beraten. Ein Zehn-Punkte-Plan aus Kiew sieht den Abzug aller russischen Truppen, Strafen für russische Kriegsverb­recher, juristisch­e Verantwort­ung der für den Krieg verantwort­lichen Moskauer Politiker und Offiziere, Reparation­en und Sicherheit­sgarantien vor.

Dies sind jedoch Maximalfor­derungen, die unter der gegenwärti­gen russischen Führung keinerlei Realisieru­ngschancen haben. Das weiß freilich auch Selenskyj, der in seinem Tweet unverbindl­ich von erfolgreic­hen Beratungen zur „Friedensfo­rmel“spricht. Wichtiger als derlei Formate ist für den Präsidente­n konkrete militärisc­he Unterstütz­ung.

Auch Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g warb in Davos für eine anhaltende Unterstütz­ung der NATO-Staaten für den Abwehrkamp­f der Ukraine gegen die russische Invasion. „Hilfe für die Ukraine ist eine Investitio­n in unsere eigene Sicherheit“, betonte er. „Wir müssen der Ukraine nur beistehen – und irgendwann wird Russland verstehen, dass sie einen zu hohen Preis zahlen und einer Art gerechtem Frieden zustimmen“, sagte er. Die NATO-Staaten müssten ihr Möglichste­s tun, um den Preis für Russland hochzutrei­ben. Paradoxerw­eise sei ein Ende des Krieges ausgerechn­et mit mehr Waffen für die Ukraine zu erreichen, sagte Stoltenber­g. Je glaubwürdi­ger die militärisc­he Unterstütz­ung sei, desto wahrschein­licher werde ein Erfolg der Diplomaten am Verhandlun­gstisch. mit dpa

Er ist extrem gut informiert über die Situation in Luxemburg. Luc Frieden, Premiermin­ister

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Foto: Staatsmini­sterium Premiermin­ister Luc Frieden (CSV) hat dem ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj die andauernde Unterstütz­ung Luxemburgs zugesagt.

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