„Es war ein inspirierendes Gespräch“
In Davos traf Luc Frieden erstmals den ukrainischen Präsidenten. Er sicherte dem angegriffenen Land mehrfache Unterstützung zu
Premierminister Luc Frieden (CSV) hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die andauernde Unterstützung Luxemburgs zugesagt. „Es war für mich als neuer Regierungschef wichtig, der Ukraine zu sagen, dass wir an ihrer Seite stehen und weiter stehen bleiben“, betonte Frieden nach einem Gespräch mit Selenskyj im schweizerischen Davos. Dort nahmen beide am gestrigen Dienstag am renommierten Weltwirtschaftsforum teil.
„Der ukrainische Präsident hat sich viel Zeit genommen für das Gespräch“, bilanzierte Frieden in einem Telefonat mit dem „Luxemburger Wort“. Selenskyj habe über die Belastung gesprochen, die sich daraus ergebe, Präsident eines Landes im Krieg zu sein. Das habe ihn auch auf der menschlichen Ebene beeindruckt: „Es war ein inspirierendes Gespräch, weil man sieht, was Leadership heißt in einem Land, das in einer schwierigen Situation ist.“
Für den Staatschef des angegriffenen Landes sei das Großherzogtum kein Neuland gewesen: „Er ist extrem gut informiert über die Situation in Luxemburg“, so Frieden. Selenskyj habe seine Wertschätzung für die luxemburgische Hilfe gegenüber ukrainischen Flüchtlingen ausgedrückt. Frieden betonte, er habe Selenskyj versichert, dass Luxemburg gut verstehen könne, „was es heißt, wenn ein Land von einem großen Nachbarn überfallen wird, weil unsere Vorfahren, unsere Großeltern das im Zweiten Weltkrieg erlebt haben“.
Einsatz gegen die Blockade Ungarns
Auch aufgrund der historischen Erfahrung sei es für Luxemburg von zentraler Bedeutung, dass internationales Recht respektiert wird. „Ich habe ihm gesagt, dass wir die Ukraine politisch, militärisch und auch ökonomisch unterstützen werden.“Luxemburg gebe 16 Prozent seines Verteidigungsbudgets für die Unterstützung der Ukraine aus. Zudem wolle sich das Großherzogtum am Wiederaufbau des Landes beteiligen.
Auch auf politischer Ebene wolle er sich für das bedrängte Land starkmachen, so der Regierungschef. Zuletzt scheiterte die Einigung auf ein 50-Milliarden-Euro-Hilfspaket der EU am Widerstand Ungarns. Frieden hat den nächsten Europäischen Rat am 1. Februar im Blick, wo erneut über eine längerfristige finanzielle Hilfe für die Ukraine gesprochen werde. Denn es gehe nicht nur um die Existenz des angegriffenen Landes: „Es geht auch um Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent.“
Die Begegnung stieß in sozialen Medien auf viel Resonanz. Auf Friedens offiziellem Instagram-Account wurde ein Foto der beiden Regierungschefs beim Handschlag gepostet. Frieden schreibt dazu: „Wenn ein Land überfallen wird und seine Existenz bedroht ist, müssen wir zusammenhalten. Die Ukraine kann sich auch weiterhin auf Luxemburgs Unterstützung verlassen. Schön, Präsident Selenskyj zu treffen.“
Werben für Kiewer Friedensformel
Selenskyj seinerseits postete Fotos des Zusammentreffens auf X, ehemals Twitter: Er habe sich bei Frieden für Luxemburgs Unterstützung, auch bei den Bemühungen der Ukraine um eine EU-Aufnahme, bedankt. Man habe über die Situation an der Front gesprochen und darüber, wie man der Ukraine weiterhin finanziell helfen könne, auch durch Einfrieren russischer Gelder.
Zudem lud Selenskyj Luxemburg dazu ein, sich an den Vorbereitungen zum geplanten ukrainischen Friedensgipfel zu beteiligen. Im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums hatten mehr als 80 Länder und internationale Organisationen über die Vorschläge der Ukraine für einen dauerhaften Frieden beraten. Ein Zehn-Punkte-Plan aus Kiew sieht den Abzug aller russischen Truppen, Strafen für russische Kriegsverbrecher, juristische Verantwortung der für den Krieg verantwortlichen Moskauer Politiker und Offiziere, Reparationen und Sicherheitsgarantien vor.
Dies sind jedoch Maximalforderungen, die unter der gegenwärtigen russischen Führung keinerlei Realisierungschancen haben. Das weiß freilich auch Selenskyj, der in seinem Tweet unverbindlich von erfolgreichen Beratungen zur „Friedensformel“spricht. Wichtiger als derlei Formate ist für den Präsidenten konkrete militärische Unterstützung.
Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warb in Davos für eine anhaltende Unterstützung der NATO-Staaten für den Abwehrkampf der Ukraine gegen die russische Invasion. „Hilfe für die Ukraine ist eine Investition in unsere eigene Sicherheit“, betonte er. „Wir müssen der Ukraine nur beistehen – und irgendwann wird Russland verstehen, dass sie einen zu hohen Preis zahlen und einer Art gerechtem Frieden zustimmen“, sagte er. Die NATO-Staaten müssten ihr Möglichstes tun, um den Preis für Russland hochzutreiben. Paradoxerweise sei ein Ende des Krieges ausgerechnet mit mehr Waffen für die Ukraine zu erreichen, sagte Stoltenberg. Je glaubwürdiger die militärische Unterstützung sei, desto wahrscheinlicher werde ein Erfolg der Diplomaten am Verhandlungstisch. mit dpa
Er ist extrem gut informiert über die Situation in Luxemburg. Luc Frieden, Premierminister