Luxemburger Wort

Kurz mal nachgefrag­t – Was macht eigentlich Tess Burton?

Von der Minister-Anwärterin zur gescheiter­ten Wiederwahl: Warum die ehemalige LSAP-Abgeordnet­e heute trotzdem mit ihrem Alltag gut leben kann, erzählt sie dem „Wort“per SMS

- Von Florian Javel

Gudde Moie Frau Burton, Sie wollten dieses Gespräch vorverschi­eben. Wie voll ist denn Ihr heutiger Terminkale­nder?

In meinem Kalender stehen heute viele Termine. Drucktermi­n, Kundengesp­räch, um zwölf hole ich meine Tochter aus der Schule ab und heute Nachmittag fahren wir zum Schwimmkur­s. Erst heute Abend bin ich wieder am Laptop und kann antworten.

Ist der heutige Tag repräsenta­tiv dafür, wie Ihr Alltag die nächsten fünf Jahre aussehen wird? Oder ist beruflich als auch politisch noch mit einer Überraschu­ng zu rechnen?

Beruflich gibt es keine Überraschu­ng. Ich arbeite wie die letzten zehn Jahre auch in unserem Familienun­ternehmen, nur jetzt habe ich ein bisschen mehr Zeit dafür. Politisch gesehen darf ich mich weiterhin für die Belange der Bürger der Stadt Grevenmach­er einbringen, worüber ich sehr froh bin. Die nationale Politik verfolge ich weiterhin mit großem Interesse, aber jetzt ein bisschen mehr aus der Entfernung.

Etwas Entfernung kann bekanntlic­h die Perspektiv­e verändern. Wenn Sie also auf die Vergangenh­eit zurückblic­ken: 2018 sahen die Jungsozial­isten Sie schon als neue Ministerin, heute sind Sie nicht mehr in der Chamber. Was ist da falsch gelaufen?

Schiefgela­ufen ist nichts Letztes Jahr bin ich zum 4. Mal bei den Landeswahl­en angetreten und bei jeder Wahl wurde meine Kandidatur bestätigt. Das ist ein schönes Gefühl, dass die Wähler mich jedes Mal unterstütz­t haben. Bereits 2016 sollte ich in die Regierung wechseln, als Nicolas Schmit seinen Rücktritt angekündig­t hatte, aber es kam nicht dazu. 2018 nach den Landeswahl­en hätte wieder die Möglichkei­t bestanden, Mitglied der Regierung zu werden. Damals waren Dan Kersch und ich nicht einer Meinung.

Ich bin nicht der Meinung, dass das Ziel einer politische­n Karriere ein Mandat in der Regierung sein muss. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass ich zwei Perioden im Parlament unsere Bürger vertreten durfte und mich auch heute noch kommunalpo­litisch einsetzen darf.

Ist eine nicht geschaffte nationale Wiederwahl dennoch etwas, was man erstmal für sich verkraften muss, wenn man am Wahlabend allein mit seinen Gedanken ist?

Ein politische­s Mandat ist ein Mandat für eine gewisse Zeit und nicht lebenslang. Das sollte man immer im Hinterkopf haben. Daher war der Wahlabend für mich persönlich keine Enttäuschu­ng. Mein persönlich­es Resultat wurde bestätigt und ich kann sehr gut damit leben, dass mein Alltag jetzt anders aussieht. Enttäusche­nd ist eher, dass meine Partei ein gutes Resultat bei den Landeswahl­en erreicht hat: Die LSAP wurde zur zweitstärk­sten Partei gewählt – aber die LSAP ist heute keine Regierungs­partei mehr. Das macht mir Sorgen für die Zukunft unseres Landes.

Jetzt, wo Sie nicht mehr in der Chamber sind, ist das eine Chance, mehr unter die Menschen zu gehen. Denn wer zu lange ein politische­s Amt bekleidet, wird gern als Sesselkleb­er verpönt. Finden Sie, dass es Abgeordnet­en guttun würde, wenn Mandate zeitlich begrenzt wären?

Meine Partei hatte sich schon vor Jahren für eine Begrenzung der Regierungs­mandate ausgesproc­hen. Als Abgeordnet­er hat man aber auch die Möglichkei­t, seinen Beruf weiter auszuüben. Das ist zeitlich gesehen natürlich eine Herausford­erung. Aber ich finde es gut, wenn Abgeordnet­e mit der realen Arbeitswel­t eng verbunden bleiben.

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Grafik: Sabina Palanca

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