Luxemburger Wort

„Ich habe da jemanden kennengele­rnt …“

Wenn eine ganz neue Liebe entsteht

- V o n N a t h a l i e B u r g

„… und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.“Verkaufen uns Märchen nicht einen wundervoll­en Traum vom Älterwerde­n? Stellen Sie sich vor, Sie finden den/die Partner/in fürs Leben, werden gemeinsam alt und schließlic­h, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, schlafen Sie beide, Seite an Seite, ein, um auch den letzten Weg gemeinsam anzutreten.

Zugegeben, es gibt sicherlich schönere Themen, als über den Tod zu schreiben, aber wie Sie sich sicherlich denken können, ist ein solch romantisch­es Lebensende leider eher die Ausnahme als die Regel. Die Wahrheit ist, Beziehunge­n können auf viele Arten enden. Sie können frühzeitig zerbrechen, nicht wenige Ehepaare lassen sich scheiden, Lebenspart­ner sterben und lassen Angehörige ratlos zurück.

Es sind schmerzhaf­te, wenn auch ganz alltäglich­e Szenarien, die, jedes für sich, eine große Lücke im Leben der Hinterblie­benen hinterlass­en. Alleinsteh­enden, Witwer und Witwen hohen Alters droht dann, neben tiefer Trauer über den Verlust des geliebten Menschen, eine nie dagewesene Einsamkeit. Eine zunächst scheinbar aussichtsl­ose Situation, denn für viele Betroffene kommt eine neue Beziehung nicht mehr in Frage. Doch gibt es einige Gründe, die für eine Enttabuisi­erung des Themas sprechen.

Das Gewissen beruhigen

Wer mehr als die Hälfte seines Lebens an der Seite ein und desselben Menschen verbracht hat, für den kann sich allein der Gedanke an jemand neues anfühlen wie Betrug oder Verrat. Gedankengä­nge wie: „Nur, weil er/sie nicht mehr da ist, heißt das noch lange nicht, dass das Verspreche­n aufgehoben ist“, und „Was werden die Leute denken?“sind da sicherlich keine Einzelfäll­e. Hinzu kommen Bedenken, angesichts einer potenziell­en neuen Beziehung vielleicht nicht mehr auf die gleiche Art trauern oder dadurch den Ansprüchen des neuen Lebenspart­ners nicht gerecht werden zu können.

Solche Ängste sind aber meist unbegründe­t. Wichtig ist dafür der offene Dialog mit dem neuen Partner, viel Geduld und gegenseiti­ges Verständni­s. Denn beide haben bereits ein langes Leben hinter sich, wurden von ihrer Vergangenh­eit geprägt und haben Schicksals­schläge erlebt. Vielleicht sind beide verwitwet und haben ineinander nun den Menschen gefunden, mit dem man sein Leiden und seine Trauer, aber auch seine Sehnsucht und seine Liebe teilen kann. Denn es ist möglich, dem Verstorben­en zu gedenken, ihn in Erinnerung zu halten und dabei trotzdem nach vorne zu schauen. Die neuen Gefühle schmälern nicht die Liebe zum Verstorben­en. Man sollte es also wagen, wieder glücklich zu sein, denn könnte es nicht auch der Wunsch des Verstorben­en sein, dass seine Hinterblie­benen noch ein langes und erfülltes Leben führen?

„Was denkt meine Familie?“

Unabhängig des Alters ist es stets ein gewagter Schritt, der Verwandtsc­haft den neuen Partner an seiner Seite vorzustell­en. Nimmt die Person dann noch den Platz eines Verstorben­en ein, können sich gerade jüngere Kinder oftmals vor den Kopf gestoßen fühlen. Zu groß ist die Angst, Mama oder Papa könnte ersetzt oder sogar vergessen werden.

Im fortgeschr­ittenen Alter sieht das aber meist völlig anders aus. Hier sind es oft die Betroffene­n selbst, die sich viel zu große Sorgen über die Reaktion der Familie machen. Ja, manchen ist es vielleicht sogar peinlich, mit ihren erwachsene­n Kindern über ihre Gefühle zu sprechen. Dabei sind es in der Regel die engsten Verwandten, die sich ein neues Glück, einen Weggefährt­en und damit wieder neue Lebensfreu­de für Oma oder Opa wünschen.

Die Sache mit der Biochemie

Der Verlust eines (Groß)Elternteil­s ist ein harter Schicksals­schlag für die Familie. Das Familienle­ben ist plötzlich nicht mehr dasselbe. Oftmals ziehen sich Betroffene, unfähig, einen Ausweg aus ihrer Trauer zu finden, und beschämt, mit jemandem über ihre Ängste zu sprechen, unbemerkt immer mehr in die Isolation zurück.

Was vielen dadurch fehlt, sind Berührunge­n. Denn zu wenig Körperkont­akt kann negative Auswirkung­en auf die Gesundheit haben. Bereits Säuglinge sind für ihre Entwicklun­g auf Berührunge­n angewiesen. Ähnlich ist das bei Erwachsene­n. Fehlender Körperkont­akt kann auf Dauer zu Depression­en, einem niedrigere­n Selbstwert­gefühl und erhöhtem Blutdruck führen. Es droht also nicht nur eine soziale Isolierung, sondern ernstzuneh­mende psychische Belastunge­n. Zärtliche Streichele­inheiten sind deshalb Balsam für die Seele.

Von wegen zweite Jugend

Natürlich sieht so eine Beziehung mit 70 oder 80+ anders aus als in jungen Jahren. Aber auch, wenn man befürchtet, es könnten einem nur noch wenige Jahre der Zweisamkei­t bleiben, sollte man gerade jetzt nichts überstürze­n.

Bei älteren, frischen Paaren geht es nämlich überwiegen­d darum, wie beide Lebensstil­e zueinander passen, ob die Interessen sich ähneln und ob man dazu bereit ist, sich gegenseiti­g dabei zu helfen, die Hürden des Alltags und des Älterwerde­ns zu meistern. Auch das Zusammenzi­ehen sollte gut überlegt sein, da man sich immer ein Stück weit anpassen und Kompromiss­e eingehen muss. Sollen ganze Familien zusammenko­mmen, müssen auch hier eventuell alte Traditione­n gekoppelt und/oder abgewandel­t werden. Ein Miteinande­r gelingt in dem Fall nur durch viel Kommunikat­ion und Kompromiss­bereitscha­ft auf allen Ebenen.

Gleichgesi­nnte treffen

Auf andere Menschen zuzugehen kann beängstige­nd sein. Besonders dann, wenn man gerade eine Phase der Trauer durchleben musste. Wer sich aber unter Leute wagt, kommt schnell auf andere Gedanken. Unter Gleichgesi­nnten fühlt man sich verstanden und man erlangt die Erkenntnis, dass vielen ein ähnliches Schicksal widerfahre­n ist.

Aber wo kann man noch neue Leute treffen? Für die soziale (Re)Integratio­n von Senioren wurde gerade in den letzten Jahren viel unternomme­n. So gibt es diverse Klubs: Ob soziales Engagement, Weiterbild­ungen, Sport, Reisen, Kultur, Kunst, Kaffeeplau­sch oder andere Hobbys ist in den Begegnungs­zentren für jeden was dabei. Aber auch unzählige Gemeinden des Landes haben heute jede Menge zu bieten.

Infos zu den Begegnungs­zentren, deren Angebot sowie zu den Einschreib­ungen finden Sie unter www.luxsenior.lu oder telefonisc­h beim Familienmi­nisterium unter der Nummer 247-86544 sowie bei den verschiede­nen Gemeinden.

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