„Ich habe da jemanden kennengelernt …“
Wenn eine ganz neue Liebe entsteht
„… und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.“Verkaufen uns Märchen nicht einen wundervollen Traum vom Älterwerden? Stellen Sie sich vor, Sie finden den/die Partner/in fürs Leben, werden gemeinsam alt und schließlich, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, schlafen Sie beide, Seite an Seite, ein, um auch den letzten Weg gemeinsam anzutreten.
Zugegeben, es gibt sicherlich schönere Themen, als über den Tod zu schreiben, aber wie Sie sich sicherlich denken können, ist ein solch romantisches Lebensende leider eher die Ausnahme als die Regel. Die Wahrheit ist, Beziehungen können auf viele Arten enden. Sie können frühzeitig zerbrechen, nicht wenige Ehepaare lassen sich scheiden, Lebenspartner sterben und lassen Angehörige ratlos zurück.
Es sind schmerzhafte, wenn auch ganz alltägliche Szenarien, die, jedes für sich, eine große Lücke im Leben der Hinterbliebenen hinterlassen. Alleinstehenden, Witwer und Witwen hohen Alters droht dann, neben tiefer Trauer über den Verlust des geliebten Menschen, eine nie dagewesene Einsamkeit. Eine zunächst scheinbar aussichtslose Situation, denn für viele Betroffene kommt eine neue Beziehung nicht mehr in Frage. Doch gibt es einige Gründe, die für eine Enttabuisierung des Themas sprechen.
Das Gewissen beruhigen
Wer mehr als die Hälfte seines Lebens an der Seite ein und desselben Menschen verbracht hat, für den kann sich allein der Gedanke an jemand neues anfühlen wie Betrug oder Verrat. Gedankengänge wie: „Nur, weil er/sie nicht mehr da ist, heißt das noch lange nicht, dass das Versprechen aufgehoben ist“, und „Was werden die Leute denken?“sind da sicherlich keine Einzelfälle. Hinzu kommen Bedenken, angesichts einer potenziellen neuen Beziehung vielleicht nicht mehr auf die gleiche Art trauern oder dadurch den Ansprüchen des neuen Lebenspartners nicht gerecht werden zu können.
Solche Ängste sind aber meist unbegründet. Wichtig ist dafür der offene Dialog mit dem neuen Partner, viel Geduld und gegenseitiges Verständnis. Denn beide haben bereits ein langes Leben hinter sich, wurden von ihrer Vergangenheit geprägt und haben Schicksalsschläge erlebt. Vielleicht sind beide verwitwet und haben ineinander nun den Menschen gefunden, mit dem man sein Leiden und seine Trauer, aber auch seine Sehnsucht und seine Liebe teilen kann. Denn es ist möglich, dem Verstorbenen zu gedenken, ihn in Erinnerung zu halten und dabei trotzdem nach vorne zu schauen. Die neuen Gefühle schmälern nicht die Liebe zum Verstorbenen. Man sollte es also wagen, wieder glücklich zu sein, denn könnte es nicht auch der Wunsch des Verstorbenen sein, dass seine Hinterbliebenen noch ein langes und erfülltes Leben führen?
„Was denkt meine Familie?“
Unabhängig des Alters ist es stets ein gewagter Schritt, der Verwandtschaft den neuen Partner an seiner Seite vorzustellen. Nimmt die Person dann noch den Platz eines Verstorbenen ein, können sich gerade jüngere Kinder oftmals vor den Kopf gestoßen fühlen. Zu groß ist die Angst, Mama oder Papa könnte ersetzt oder sogar vergessen werden.
Im fortgeschrittenen Alter sieht das aber meist völlig anders aus. Hier sind es oft die Betroffenen selbst, die sich viel zu große Sorgen über die Reaktion der Familie machen. Ja, manchen ist es vielleicht sogar peinlich, mit ihren erwachsenen Kindern über ihre Gefühle zu sprechen. Dabei sind es in der Regel die engsten Verwandten, die sich ein neues Glück, einen Weggefährten und damit wieder neue Lebensfreude für Oma oder Opa wünschen.
Die Sache mit der Biochemie
Der Verlust eines (Groß)Elternteils ist ein harter Schicksalsschlag für die Familie. Das Familienleben ist plötzlich nicht mehr dasselbe. Oftmals ziehen sich Betroffene, unfähig, einen Ausweg aus ihrer Trauer zu finden, und beschämt, mit jemandem über ihre Ängste zu sprechen, unbemerkt immer mehr in die Isolation zurück.
Was vielen dadurch fehlt, sind Berührungen. Denn zu wenig Körperkontakt kann negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Bereits Säuglinge sind für ihre Entwicklung auf Berührungen angewiesen. Ähnlich ist das bei Erwachsenen. Fehlender Körperkontakt kann auf Dauer zu Depressionen, einem niedrigeren Selbstwertgefühl und erhöhtem Blutdruck führen. Es droht also nicht nur eine soziale Isolierung, sondern ernstzunehmende psychische Belastungen. Zärtliche Streicheleinheiten sind deshalb Balsam für die Seele.
Von wegen zweite Jugend
Natürlich sieht so eine Beziehung mit 70 oder 80+ anders aus als in jungen Jahren. Aber auch, wenn man befürchtet, es könnten einem nur noch wenige Jahre der Zweisamkeit bleiben, sollte man gerade jetzt nichts überstürzen.
Bei älteren, frischen Paaren geht es nämlich überwiegend darum, wie beide Lebensstile zueinander passen, ob die Interessen sich ähneln und ob man dazu bereit ist, sich gegenseitig dabei zu helfen, die Hürden des Alltags und des Älterwerdens zu meistern. Auch das Zusammenziehen sollte gut überlegt sein, da man sich immer ein Stück weit anpassen und Kompromisse eingehen muss. Sollen ganze Familien zusammenkommen, müssen auch hier eventuell alte Traditionen gekoppelt und/oder abgewandelt werden. Ein Miteinander gelingt in dem Fall nur durch viel Kommunikation und Kompromissbereitschaft auf allen Ebenen.
Gleichgesinnte treffen
Auf andere Menschen zuzugehen kann beängstigend sein. Besonders dann, wenn man gerade eine Phase der Trauer durchleben musste. Wer sich aber unter Leute wagt, kommt schnell auf andere Gedanken. Unter Gleichgesinnten fühlt man sich verstanden und man erlangt die Erkenntnis, dass vielen ein ähnliches Schicksal widerfahren ist.
Aber wo kann man noch neue Leute treffen? Für die soziale (Re)Integration von Senioren wurde gerade in den letzten Jahren viel unternommen. So gibt es diverse Klubs: Ob soziales Engagement, Weiterbildungen, Sport, Reisen, Kultur, Kunst, Kaffeeplausch oder andere Hobbys ist in den Begegnungszentren für jeden was dabei. Aber auch unzählige Gemeinden des Landes haben heute jede Menge zu bieten.
Infos zu den Begegnungszentren, deren Angebot sowie zu den Einschreibungen finden Sie unter www.luxsenior.lu oder telefonisch beim Familienministerium unter der Nummer 247-86544 sowie bei den verschiedenen Gemeinden.