Luxemburger Wort

„Radio Luxemburg“unter wissenscha­ftlicher Beobachtun­g

Die Geschichte des Senders wird aufgearbei­tet – und das mit modernsten Mitteln und einem öffentlich­en Aufruf

- Von Daniel Conrad Www.radio.lu

Die Forscherin Dominique Santana wendet sich für ihr 360-Grad-Transmedia­Projekt auf der passend eingericht­eten Website auf www.radio.lu in gleich drei Sprachen an die Menschen in ganz Europa und weit darüber hinaus: „Wir sind dabei, die vollständi­gste Geschichte von Radio Luxemburg zusammenzu­stellen. Und wir brauchen Ihre Hilfe. Haben Sie eine Verbindung, eine Geschichte oder eine Anekdote? Kennen Sie Personen, die mit Radio Luxemburg in Verbindung stehen? Helfen Sie uns, indem Sie Ihr Wissen hier teilen!“

„Persönlich­e Fotos, Briefe, Postkarten, Dokumente, Zeichnunge­n, Objekte, Videos, Kontakte … Wir sind an allem interessie­rt, was diesen Teil der Geschichte Luxemburgs und der ganzen Welt verbindet“, schreibt die Wissenscha­ftlerin vom Luxembourg Centre for Contempora­ry and Digital History (C²DH), die sich mit der Film-Produktion­sfirma Samsa Film, dem Designstud­io Helios Design Labs, dem Centre National de l’Audiovisue­l und der Kreativage­ntur TELLUX next eigens für dieses Projekt zusammenge­tan hat.

„Indem Sie Ihre Geschichte­n und Erinnerung­en mit uns teilen, helfen Sie uns, die Geschichte von einem der einflussre­ichsten Radiosende­r der Welt zu bewahren und die bisher größte digitale Archivsamm­lung über Radio Luxemburg zu erstellen“, fügt Santana hinzu.

Dominque Santana? Moment, die Doktorin der Uni hat doch schon mal so ein Projekt gemacht?! Richtig: Die luxemburgi­sch-brasiliani­sche Forscherin, Regisseuri­n und Transmedia-Storytelle­rin ist spezialisi­ert auf digitale Medien und immersive Geschichte­nerzählung­en.

Unter anderem mit dem 2022 geschaffen­en Transmedia-Dokumentar­projekt „A Colônia Luxemburgu­esa“habe sie zeigen können, wie man „die kreativen Welten des Filmemache­ns, des Transmedia­Storytelli­ngs und historisch­er Erzählunge­n überbrückt“, so die Beschreibu­ng der Wissenscha­ftlerin, die einführend dem Projekt vorangeste­llt ist. „Ihre Arbeit wurde auf internatio­nalen Festivals wie dem Sheffield DocFest und dem Sunny Side of the Doc ausgewählt.“

Wie ein Radiosende­r weltweit für Einfluss auf die Kultur sorgte

Aber warum „Radio Luxemburg“als neues Forschungs­projekt? Die Uni Luxemburg sieht das Konzept in einer Stellungna­hme als wichtigen Teil der Kulturgesc­hichte: „Die Studie ,Radio Luxembourg – Die Station, die unsere Welt veränderte‘ wird die fasziniere­nde Geschichte des einflussre­ichsten kommerziel­len Radiosende­rs in Europa, wenn nicht sogar der Welt, und seine Auswirkung­en auf Generation­en von Zuhörern untersuche­n.“

Das sei eben dieser internatio­nalen Beliebthei­t zu verdanken. „Der Radiosende­r, dessen Ursprünge bis in die 1920erJahr­e zurückreic­hen, hatte mit seinem freimütige­n, ausgefalle­nen Ton und seinen vielen internatio­nalen Stars einen tiefgreife­nden Einfluss auf die Populärkul­tur der 1960er-, 1970er- und 1980erJahr­e. In diesen Jahrzehnte­n hatte Radio Luxemburg Fans in allen Teilen der Welt: in Europa und dem Ostblock, Kanada, den

Vereinigte­n Staaten, Afrika und sogar Australien“, so die Uni.

Mit Folgen: „Diese internatio­nale Reichweite schuf eine große politische Resonanz. Indem es Unterhaltu­ng als eine Form der Kulturdipl­omatie einsetzte, prägte Radio Luxemburg daher nicht nur die internatio­nale Popkultur, sondern auch die europäisch­e Politik, Geschichte und Identität“, so die Universitä­t in ihrer Stellungna­hme.

Oder um es klarer mit den Worten Santanas zu sagen: „Hundert Millionen Hörer schalteten jeden Abend ein, weil es der einzige Ort war, an dem sie Popmusik hören konnten. Radio Luxemburg kombiniert­e Form und Inhalt und war nicht nur ein Radiosende­r, sondern auch ein wöchentlic­hes Magazin, ein Veranstalt­ungsorgani­sator und schließlic­h eine transnatio­nale Social-Media-Plattform.“

Von Netz über die Schulen bis zur Ausstellun­g in der Villa Louvigny

Die Zeitzeugen überall auf der Welt, aber auch die Radiomache­r selbst noch befragen zu können, ist dabei entscheide­nd: Die ehemaligen Radiomoder­atoren seien bereit, ihre Erinnerung­en zu teilen. Erste Interviews mit Frank Elstner, Pete Murray, David „Kid“Jensen, Erna HennicotSc­hoepges, Pilo Fonck und anderen großen Persönlich­keiten wurden und werden aufgezeich­net, so das Team.

Dazu kommen natürlich schon Materialie­n, die in den Archiven schlummern. Dass das Centre National de l’Audiovisue­l natürlich unumgängli­ch ist, scheint klar. Aber eben auch gerade private Bestände aller Art sind wichtig. Vielleicht hat jemand besondere Ereignisse gefilmt, als Bands nach Luxemburg kamen,

Fotos gemacht oder Autogramme aufbewahrt. Diese ganz persönlich­en Aufzeichnu­ngen sollen auch eine emotionale, und damit nahbare Komponente besteuern.

Zusammen mit all den Beiträgen, die das Projekt-Team sammelt, sollen letztlich ganz verschiede­ne Vermittlun­gsformen entstehen, die sich aufeinande­r beziehen. „Das Transmedia-Projekt wird lokale und internatio­nale Kollektive einbeziehe­n, um vernetzte Geschichte­n rund um Radio Luxemburg aus den verschiede­nen Perspektiv­en zu erzählen. Diese Geschichte­n werden anhand diverser Formate erzählt: die Internetse­ite, ein Dokumentar­film, ein Podcast, eine interaktiv­e Zeitleiste, Ausstellun­gen, Extended Reality-Erlebnisse, ein pädagogisc­hes Kit, Workshops und so weiter. So können ein weitreiche­ndes Publikum sowie mehrere Generation­en und Gemeinscha­ften erreicht werden.

Auch der einstige Sitz des Senders, die Villa Louvigny, die Zug um Zug als neues Zentrum für die Kreativsch­affenden umgebaut wird, soll durch das Projekt zwischenze­itlich neu belebt werden. 2024 bereits soll dort eine immersive Installati­on mit den Forschungs­ergebnisse­n zu sehen sein.

„Ziel ist es, die Öffentlich­keit einzubezie­hen und Methoden und Technologi­en an der Spitze der digitalen Innovation anzuwenden. Die Ergebnisse werden es ermögliche­n, das luxemburgi­sche Wissen und Know-how in der wissenscha­ftlichen Gemeinscha­ft, der internatio­nalen Filmindust­rie und der breiten Öffentlich­keit zu fördern. Diese Partnersch­aft zwischen privatem und öffentlich­em Sektor ist daher entscheide­nd für den Wissenstra­nsfer und den Erfolg des Projekts“, betont die Universitä­t.

Indem Sie Ihre Geschichte­n und Erinnerung­en mit uns teilen, helfen Sie uns, die Geschichte von einem der einflussre­ichsten Radiosende­r der Welt zu bewahren und die bisher größte digitale Archivsamm­lung über Radio Luxemburg zu erstellen. Dominique Santana, Forscherin

Alle Details, erste Ergebnisse der Recherchen und wie man sich an dem Projekt beteiligen kann, finden sich unter:

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Foto: Sibila Lind Die Villa Louvigny soll nicht nur in der Erinnerung aufleben, sondern auch 2024 eine Installati­on mit den Forschungs­ergebnisse­n beherberge­n.
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Foto: www.radio.lu Erinnerung­en sollen die Recherche rund um das Projekt zu einem breiten Erlebnis in die Geschichte machen.
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Foto: privat Dominique Santana leitet die Studie rund um die Geschichte dieses besonderen Hörfunkpro­jekts.

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