Das Bettelverbot ist ein schwarzblaues Eigentor
Es war ein ungewöhnlicher Auftritt. Die Staatsanwaltschaft vom Gerichtsbezirk Luxemburg legt gegenüber Radio RTL dar, die einfache Bettelei sei abgeschafft. Weil der legale Pfeiler wackelt, auf der die hauptstädtische Polizeiverordnung sich angeblich stützt, gerät der Innenminister immer mehr in Erklärungsnot.
Die für heute geplante Sitzung der Kommissionen Justiz und Inneres ist aufgrund der Wetterverhältnisse auf nächsten Dienstag verschoben, aber Léon Gloden wird sich erklären müssen, wie seine Lesart da Bestand haben soll.
Fakt ist: Sie ist konträr zur Sichtweise der Staatsanwaltschaft und auch zur Rechtsprechung vor Gericht. Nun mag es Auslegungsspielraum bei Rechtsnormen geben.
Das Problem hier ist aber: Es sind nicht beliebige Richter, sondern Urteile aus zweiter Instanz. Das ist ein schlechter Startpunkt, sollte die Polizeiverordnung eines Tages die Richter beschäftigen.
Mittlerweile steht der Innenminister auch politisch unter Druck. Als Verantwortlicher für die Sicherheit und als Polizeiminister muss Gloden dafür Sorge tragen, dass die Ordnungshüter ihren hoheitlichen Pflichten mit der nötigen Rechtssicherheit nachkommen können. Auch die Betroffenen müssen wissen, woran sie sind. Das sollte Gloden als Jurist einsehen – und erst recht als Polizeiminister.
Weil der Streit weiterdreht, kommt Justizministerin Elisabeth Margue ins Spiel: Die Rechtslage muss einwandfrei geklärt werden. Inzwischen sagt Glodens Parteikollegin, sie stehe einer Klärung im Rahmen einer Revision des Strafgesetzbuchs positiv gegenüber. Das klang vorher noch anders. Gloden meidet derweil Mikrofone. Das ist menschlich verständlich, denn sollten die Abgeordneten zum Schluss kommen, es besteht doch Regelungsbedarf, steht er denkbar schlecht da.
So oder so, der Schaden ist da. Beide CSV-Minister sind neu im Amt, aber Welpenschutz haben sie nicht. Denn hier geht es um keine Lappalie, sondern um das Vorgehen des Staates gegen vulnerable Personen, die er eigentlich schützen muss. Dies im delikaten Bereich der Grundfreiheiten. Schon deshalb wäre geboten gewesen, die Rechtszweifel vorher auszuräumen.
So bleibt der Eindruck, der Innenminister habe sich von der DP/CSV-geführten Stadt treiben lassen. Sein Argument, andere Gemeinden hätten ein ähnliches Bettelverbot per Verordnung erlassen, zieht nicht, denn Glodens Vorgängerin hat nach abgeschlossener Rechtsprüfung auch sie auf die Rechtslücke hingewiesen.
Das hätte Gloden eine Warnung sein müssen, ja nicht überstürzt zu handeln – hätte er Taina Bofferding (LSAP) zugehört. Im RTL-Kloertext hat er sie, im Gegenteil, frontal attackiert und versucht, die politische Karte zu spielen. Das zeugt angesichts des ernsten Gegenstands von schlechtem Stil. Bisher hat sich Premierminister Luc Frieden (CSV) herausgehalten. Aber wenn es einen angemessenen Moment gibt, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und zügig Klärung zu bringen, dann jetzt.
Beide CSV-Minister sind neu im Amt, aber Welpenschutz haben sie nicht.
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