Luxemburger Wort

„Es ist Fakt, dass organisier­te Bettelei derzeit nicht verfolgt wird“

CSV-Justizmini­sterin Elisabeth Margue ist sich der juristisch­en Unsicherhe­it in Bezug auf die Strafbarke­it der einfachen Bettelei bewusst

- Von Michèle Gantenbein

In der Fragestund­e im Parlament am Dienstag hatte Justizmini­sterin Elisabeth Margue (CSV) noch gesagt, sie sehe keine Notwendigk­eit, im Zusammenha­ng mit dem Bettelverb­ot gesetzlich nachzubess­ern.

Doch das war, bevor Staatsanwa­lt Georges Oswald am Mittwochmo­rgen auf RTL auf die Unklarheit­en im 2008 geänderten Immigratio­nsgesetz einging. Diese Unklarheit­en sind der Grund für die Diskussion über die Rechtmäßig­keit der hauptstädt­ischen Polizeiver­ordnung, die besagt, dass das Betteln zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten verboten ist.

Fehler von 2008 wurde nie korrigiert

2008 kam es im Zuge der Reform des Immigratio­nsgesetzes zu einem folgenschw­eren Fehler, der in all den Jahren nie korrigiert worden ist: Statt im Artikel 563 Absatz 2 Punkt 6 abzuschaff­en, wurde damals Punkt 6 Absatz 2 abgeschaff­t. Wegen dieses Fehlers ist nun unklar, ob die einfache Bettelei im Strafgeset­zbuch abgeschaff­t ist oder nicht.

Klar aber ist: Es war nicht die Absicht der damaligen Regierung, die einfache Bettelei straffrei zu machen. Die Richter aber kamen aufgrund der neuen Gesetzesla­ge in mehreren Urteilen in zweiter Instanz zur Schlussfol­gerung, dass sie nicht mehr strafbar sei. Da es nach dieser Lesart keine gesetzlich­e Grundlage für ein Verbot gibt, darf das Verbot nicht per kommunale Polizeiver­ordnung wieder eingeführt werden, wie Oswald erklärte.

Doch genau das hat die Stadt Luxemburg gemacht, nachdem Innenund Polizeimin­ister Léon Gloden (CSV) grünes Licht dafür gegeben und das Nein seiner Vorgängeri­n Taina Bofferding (LSAP) zur erweiterte­n Polizeiver­ordnung aufgehoben hatte.

Léon Gloden äußert sich nicht zu Aussagen des Staatsanwa­lts

Léon Gloden wollte sich am Mittwochab­end im RTL-Journal nicht zu den Aussagen des Staatsanwa­lts äußern und verwies auf die bevorstehe­nde gemeinsame Sitzung mit den Mitglieder­n der beiden parlamenta­rischen Ausschüsse Justiz und Innere Sicherheit, die am Mittwoch hätte stattfinde­n sollen, wegen der Wetterverh­ältnisse aber auf den 23. Januar verschoben wurde.

Im Gespräch mit dem „Luxemburge­r Wort“sagte die Justizmini­sterin am Mittwoch, sie wolle sich weder zur Lesart der Staatsanwa­ltschaft noch zur Lesart Glodens äußern, schließe eine Klärung im Kontext einer „globalen Reform des strafrecht­lichen Rahmens“aber nicht aus.

Ähnlich äußerte sie sich gestern Morgen auf RTL. Das Strafgeset­zbuch stamme aus dem Jahr 1809 und enthalte eine Reihe von veralteten Bestimmung­en, die nicht mehr zeitgemäß seien. „Ich kann mir vorstellen, dies zeitnah in Angriff zu nehmen“, so Margue auf RTL.

„Stadt und Justiz brauchen Instrument­e, um handeln zu können“

Sie verteidigt­e aber auch das Vorgehen der Stadt Luxemburg, die ein Problem mit der organisier­ten Bettelei habe und Instrument­e brauche, um dagegen vorzugehen. „Es ist unsere Aufgabe als Politik, der Stadt Instrument­e zu geben, damit sie das Problem in den Griff bekommt.“

„Es ist ein Fakt, dass die organisier­te Bettelei derzeit nicht verfolgt wird“, fügte Margue hinzu. So ähnlich hatte es auch Georges Oswald ausgedrück­t. Strenge Kriterien machten es der Justiz derart schwer, Straftaten zu verfolgen, dass die meisten Untersuchu­ngen eingestell­t werden mussten. Margue meinte dazu, dass auf europäisch­er Ebene Gesetzesin­itiativen unterwegs seien, die sie nutzen wolle, „um die Justiz zu befähigen, die organisier­te Bettelei zu verfolgen“.

Sie bedauere, „dass so viele Menschen auf der Straße leben müssen“, sagte Margue und erinnerte daran, dass die Bekämpfung der Armut eine Priorität ihrer Partei sei und das Thema gleich zu Beginn der Koalitions­verhandlun­gen mit den betroffene­n Organisati­onen diskutiert worden sei.

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Foto: Gerry Huberty Justizmini­sterin Elisabeth Margue (CSV) ist eventuell bereit, beim Bettelverb­ot gesetzlich nachzubess­ern und will die Justiz befähigen, gegen die organisier­te Bettelei vorzugehen.

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