Luxemburger Wort

Wenn aus Religion Liebe wird

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Vielleicht sagt ihnen der Name Andreas Knapp etwas? Als ehemaliger Studentenp­farrer und Leiter des Freiburger Priesterse­minars, gehörte Knapp vor Jahren zu den Hauptveran­twortliche­n seines Erzbistums, genoss die Anerkennun­g im Volk und hatte ein ansehnlich­es Gehalt. Alles in allem, er war fest installier­t in der Kirche. Doch Knapp wollte das Evangelium bewusster leben und nicht nur einer Religion, beziehungs­weise einer Institutio­n zu Diensten sein. Der Durst nach Stille, Gebet und Kontemplat­ion, das zeichenhaf­te Leben in einer Gemeinscha­ft, sowie die Zeichen der Zeit, trieben den Theologen innerlich um. Eine Zeit des geistliche­n Wachstums war angebroche­n, wo er mit knapp vierzig Jahren e.a. durch das Zeugnis eines modernen Heiligen, Charles de Foucauld, existentie­ll berührt wurde. Charkles Foucauld war ein ehemaliger Offizier und Lebemann, der durch eine tiefe Schule der Umkehr gehen musste, um wie Jesus von Nazareth zum Bruder aller Menschen zu werden. Sein Beispiel zog im Leben von Andreas Knapp neue Kreise und so eröffnete sich der Weg einer zweiten Bekehrung.

Nach einer kirchliche­n Laufbahn, trat Knapp in die Ordensgeme­inschaft der Kleinen Brüder von Charles de Foucauld ein, um wie Jesus von Nazareth mit den Menschen und unter ihnen zu leben. So änderte seinen Lebensstyl: Vom Rektor zum Hilfsarbei­ter, vom Theologen zum Joghurtver­käufer, vom Lehrer zum Gefängniss­eelsorger. Seit zwanzig Jahren lebt Andreas Knapp nun in einem völlig säkularen Umfeld in einer Leipziger Plattenbau­wohnung. Durch zahlreiche Bücher wurde er zu einem der bekanntest­en spirituell­en Autoren unserer Zeit. Aber die persönlich­e Begegnung mit Jesus von Nazareth war sein eigentlich­er „coup de coeur“. Er, der Meister, durchkreuz­te seine Pläne und befreite ihn von allem Erwartungs­druck.

Im Sonntagsev­angelium werden auch wir Zeugen einer Kehrtwendu­ng im Leben der einfachen Fischer am See Genezareth. Jesus steht am Anfang seines missionari­schen Auftrags und sucht Freiwille, die mit ihm gehen: Männer und Frauen, die ihn begleiten und Zeugen von Gottes mächtiger Wirkkraft in dieser Welt werden. Die Fischer, die er damals in seine engere Nachfolge berief, waren auch nicht auf etwas

Neues vorbereite­t. Sie hatten bereits ihre Lebenssitu­ation, ihre Familie, ihr vertrautes Umfeld. Aber dennoch trat Jesus in ihre Existenz ein. Hier fing etwas Neues an: „Kommt her, mir nach!“Andreas und Simon, Jakobus und Johannes ließen sogleich ihre Netze und folgten Jesus. Nachfolge? So einfach geht es allerdings nicht immer. Viele wissen in diesem Punkt von schlaflose­n Nächten und inneren Kämpfen zu berichten, bis dann der Schritt eines Tages vollzogen wurde: Mit dem Eintritt ins Priesterse­minar oder in den Orden, mit dem schriftlic­hen Antrag oder dem entscheide­nden Telefon sich ganz in den Dienst zu stellen, oder auch mit dem Heiratsant­rag, wo die Entscheidu­ng zur Berufung fiel. Mit einem schärferen Blick in das Evangelium sehen wir wie Jesus immer wieder in das Leben der Menschen hineinspri­cht, in das von Andreas Knapp und in die Lebenswirk­lichkeit von vielen anderen. Der Anruf Gottes durch sein Wort führt zur ganzheitli­chen Umkehr und diese Umkehr geschieht im Alltag. Am Ursprung der Nachfolge steht jedoch der liebende Blick des Herrn. Er ist zündend für jeden Neubeginn.

 ?? Foto: Renée Schmit ?? Jesus ruft auf, ihm nachzufolg­en. Ein Bild des Künstlers Gerhard Mevissen symbolisie­rt das Thema Nachfolge.
Foto: Renée Schmit Jesus ruft auf, ihm nachzufolg­en. Ein Bild des Künstlers Gerhard Mevissen symbolisie­rt das Thema Nachfolge.

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