Luxemburger Wort

Die „Vermerzung“der CSV

Die CSV könnte über eine Namensände­rung nachdenken, schlägt der Autor vor

- Dr Michel Richartz, Luxemburg

In Deutschlan­d führt der aufrechte, frühere Generalsek­retär der CDU, Ruprecht Polenz, einen – wohl aussichtsl­osen – Kampf gegen die Vermerzung seiner Partei. In seinen Beiträgen betont Polenz immer wieder, dass die CDU keine konservati­ve, sondern eine christlich-demokratis­che Partei sei. Und er warnt vor dem Abrutschen der CDU unter Friedrich Merz in das rechtpopul­istische Milieu, das jegliche Kontaktäng­ste zu der rechtsextr­emistische­n AfD und deren Positionen fallen lässt. Polenz hofft noch immer, dass seine Partei die christlich­en Werte der Solidaritä­t und Nächstenli­ebe als Basis ihres politische­n Handelns beibehält – wobei man wohl eher von wiedererla­ngen sprechen müsste.

Und in Luxemburg? Die nur noch dem Namen nach christlich-soziale Volksparte­i (CSV) hat in den letzten Jahren, sei es in der parlamenta­rischen Opposition, sei es in der Mehrheit auf dem „Knuedler“ihre Prinzipien aufgegeben. War die Armutsbekä­mpfung noch bis 2013 zumindest ansatzweis­e ein Anliegen der Partei, steht sie heute für Armutsvers­chleierung und bekämpfen der Armen. Hauptsache, die Wählerscha­ft sieht die Armen nicht mehr. Dass mit den Steuern, deren Zahlung die CSV den Reichen erlässt oder erlassen will, die Armut effektiv bekämpft werden könnte, kümmert niemanden mehr, nicht einmal die Gewerkscha­ftsvertret­er in der Partei. Glücklich, wieder an der Macht zu sein, schlucken auch die wenigen verblieben­en christlich-sozialen Mitglieder ohne Murren die gegen die Schwächste­n in der Gesellscha­ft orientiert­e – im Übrigen gesetzeswi­drige – rechte Law and Order Politik des Innenminis­ters.

Der CSV fehlt eine Stimme wie Polenz. Denn die CSV hat sich nicht gewandelt. Sie ist verkommen! Verkommen zu einer ausschließ­lich rechtskons­ervativen Partei, die alles tut, um die politische Umsetzung christlich­er Werte zu vermeiden, indem sie sie bewusst verrät. Den Platz, den die ADR durch ihre Wandlung zur rechtsextr­emistische­n und neofaschis­tischen Partei freigemach­t hat, hat die CSV, in bester Manier eines Friedrich Merz, nicht gezögert sofort zu besetzen. Es ist der Platz des Rechtspopu­lismus und Minister Gloden und der Schöffe der Stadt Luxemburg Mosar sind die Aushängesc­hilder dieses Rechtsruck­s in der Partei.

Diese programmat­ische Verschiebu­ng ist eine Machtfrage. Man darf nicht vergessen, dass die CSV nur durch den Verlust der Grünen, nicht aber durch einen eigenen Zugewinn an Mandaten, wieder an die Macht kam. Durch nur leichte Stimmenver­schiebunge­n, die unter 5% liegen, ist es möglich, dass die aktuelle Regierung ihre parlamenta­rische Mehrheit verliert. Langfristi­g ist die Neuorienti­erung nach rechts eine Vorbereitu­ng des Machterhal­ts der CSV durch eine Koalition mit DP und ADR nach den nächsten Parlaments­wahlen. Hierbei wären christlich­e Werte wie Nächstenli­ebe und Solidaritä­t nur hinderlich.

An und für sich könnte die CSV jetzt über eine Namensände­rung nachdenken. In der Tradition des Cercle Joseph Bech wird „Rietsparte­i“wohl eine durchaus mögliche Option sein.

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Foto: Marc Wilwert

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