Gemeinde will Müllerthal als Touristenziel wiederbeleben
Hochwasser und Betriebsschließungen haben dem Dorf zugesetzt. Jetzt soll mit hohen Investitionen das Blatt gewendet werden
Für das Ausflugsdorf Müllerthal am Schiessentümpel ist eine Wiederbelebung in Sicht. Nachdem das Touristenziel in den vergangenen Jahren zweimal vom Hochwasser heimgesucht wurde und zuletzt mehrere Betriebsschließungen verkraften musste, will die Gemeinde Waldbillig jetzt die Wende schaffen. Die Bürgermeisterin sieht das Dorf im Aufwind und verweist auf die vielen Wanderer und das Interesse an Übernachtungen.
Ruhig ist es in diesem Winter im 50Einwohner-Dorf Müllerthal, nach dem die gesamte Urlaubsregion benannt ist. Ruhiger noch als sonst im Januar, denn kurz vor Weihnachten hat das beliebte Restaurant Heringer Millen geschlossen. Bereits seit Sommer 2021 ist der Camping Cascade außer Betrieb und das Hôtel des Cascades an der Biegung der Landstraße starb schon vor Jahren einen schleichenden Tod, bis die Gemeinde die Immobilie im Dezember ersteigerte. Nur das Hotel Le Cigalon nebenan macht weiter. Es befindet sich zwar wie immer um diese Zeit in der Winterpause, aber ab Mitte März kommen wieder die ersten Gäste.
Doch es zeichnen sich bedeutende Änderungen ab: Die Gemeinde Waldbillig setzt auf ein zusätzliches Übernachtungsangebot und sieht großes Potenzial für das Touristenziel im Tal der Schwarzen Ernz. Das Schicksal des Hôtel des Cascades nimmt die Gemeinde jetzt selbst in die Hand. Vor vier Wochen erhielt sie bei der Versteigerung der Immobilie für eine Million Euro den Zuschlag. Dieser ist mittlerweile rechtsgültig, denn in der gesetzlichen Frist von 14 Tagen nach der Versteigerung traf kein höheres Kaufangebot ein.
Umfangreiche Sanierung
„Unser Ziel ist es, den vorderen Teil des Gebäudes wieder als Hotel zu eröffnen“, sagt Bürgermeisterin Andrée Henx-Greischer. Wir wollten nicht, dass es noch lange leer steht oder ein neuer Eigentümer kommt, der etwas anderes damit vorhat.“
Loslegen möchte die Gemeinde nun erst einmal mit einer Bestandsaufnahme der ersteigerten Immobilie. Vor allem in dem vom Hochwasser beschädigten Kellergeschoss, in dem sich auch ein Schwimmbad befindet, stehen umfangreiche Arbeiten an. Das Erdgeschoss mit Rezeption, Lobby und Restaurant ist dagegen in besserem Zustand. „Im Keller befindet sich außerdem noch die Heizung. Dabei wäre es besser, wenn sie eine Etage höher installiert werden könnte“, meint die Bürgermeisterin. „Immerhin kann niemand garantieren, dass nicht noch einmal Wasser in das Untergeschoss fließt.“
Bei der Versteigerung hatte die Gemeinde außerdem sieben kleine Apartments im hinteren Teil des Gebäudes – sogenannte „Hotel-Studios“– mit erworben. 29 weitere Studios gehören privaten Eigentümern. Die Gemeinde will versuchen, möglichst viele dieser Apartments zu kaufen. Auch sie sind renovierungsbedürftig.
Nachfolger für Heringer Millen
Hundert Meter weiter, neben einem neu angelegten Wasserspielplatz, liegt mit der historischen Heringer Millen ein Touristenmagnet. Außer als Standort der Tourist-Info war die ehemalige Mühle als beliebte Brasserie mit großer Stammkundschaft bekannt. Kurz vor Weihnachten machten die Brasserie-Betreiber Marie-Louise Engeldinger und Lars Fiebig, beides preisgekrönte Köche, den Laden dicht – aus privaten Gründen und um mehr Zeit für die Familie zu haben, wie es heißt.
Die Gemeinde macht sich jetzt auf die Suche nach einem Nachfolger. „Wir haben schon viele Anfragen bekommen. Wir wollen das Restaurant aber im Zuge einer offiziellen Ausschreibung neu vergeben“, sagt Andrée Henx-Greischer.
Hoffnung gibt es auch für den seit 2021 geschlossenen Campingplatz von Stefan Spaus. Er und seine Frau Susana haben den Platz wieder so hergerichtet, dass sie zu Beginn der Sommersaison wieder Touristen empfangen könnten. „Wir stehen in den Startlöchern und bräuchten nur den Schlüssel umzudrehen, um aufzusperren“, sagt Stefan Spaus. Allerdings unter einer Voraussetzung: Der Waldbilliger Bach, der 2018 den Platz mit Geröll und Wassermassen überflutet hatte, muss vorher verlegt werden. Dazu wird auf
dem Campinggelände eine neue Brücke über den Bach gebaut und am Hang ein Geröllfang angelegt.
Startschuss für die Entschärfung des Bachs, die das Wasserwirtschaftsamt und die Gemeinde Waldbillig gemeinsam finanzieren, ist im März. „Wir können erst eröffnen, wenn die Hochwassergefahr reduziert ist. Ich hoffe, dass es noch in diesem Sommer passiert, kann es aber nicht versprechen“, sagt Stefan Spaus. Der Waldbilliger Bach mündet auf dem Gelände des Campingplatzes in die Schwarze Ernz. Und auch an diesem Fluss sind Arbeiten zur Entschärfung des Hochwasserrisikos geplant. Deshalb kann der Besitzer in den ersten Jahren auch nicht alle Stellplätze belegen.
Bis zu 1.000 Wanderer am Tag
Dass das Dorf Müllerthal wieder viele Ausflügler, Campingurlauber und Hotelgäste anziehen wird, daran hat Bürgermeisterin Henx-Greischer keinen Zweifel. „Die Leute kommen gerne in unsere Region. Einen großen Anteil hat der Wandertourismus. An guten Tagen sind bis zu 1.000 Wanderer auf dem Weg zwischen dem Schiessentümpel und dem Parkplatz Heringer Millen unterwegs“, sagt sie.
Hotelbesitzerin Rita Stoque, die mit ihrem Mann das Le Cigalon leitet, stimmt ihr zu. „Das Interesse an Hotelübernachtungen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Müllerthal wird gern gebucht, weil es ein zentraler Punkt für den dreitägigen Trail ist. Außerdem kommt man mit dem Auto schnell nach Echternach oder nach Fels.“Ihr ist es wichtig, dass die geschlossenen Betriebe möglichst bald wieder öffnen – denn je mehr Angebote, desto attraktiver wird die Ortschaft für Touristen.