Produzent spricht sich für Regulierung von Nikotinbeuteln aus
Landewyck setzt auf diese Alternative, die bereits heute Zigaretten Konkurrenz macht. Das Produkt ist bislang in Luxemburg nicht reguliert
„Arctic Berries“steht auf der runden, handlichen Verpackung, in der sich 20 Nikotinbeutel befinden. Öffnet man diese, strömt ein aggressiv süßlicher, kaugummiähnlicher Duft heraus, der vage an Beeren erinnert. Auf dem Deckel ist der Zusatz „Strong“vermerkt, seitlich der Rat „Fear Nothing“.
Ob man vor 9,5 Milligramm Nikotin pro Beutel, also rund dem zehnfachen Nikotingehalt einer Zigarette, wirklich keine Angst zu haben braucht? Georges Krombach, Chief Commercial Officer bei Heintz van Landewyck, rät Nichtrauchern jedenfalls dazu, von den stark dosierten Produkten, die seine Firma herstellt, die Finger lassen.
Tatsächlich findet sich ein solcher Hinweis auf der Verpackung, mit der Warnung: „Das in diesem Produkt enthaltene Nikotin schafft eine starke Abhängigkeit.“Auf der Unterseite folgt der Hinweis, das Produkt sei nicht für Minderjährige. Das muss nicht auf der Verpackung stehen, Landewyck hat sich freiwillig dazu entschieden. Dazu später mehr.
Produktion in kleinem Labor in Hollerich
Das Tochterunternehmen SnusKitchen stellt das oben beschriebene Produkt seit anderthalb Jahren in Hollerich her. Es sei eine Art Testlabor, sagt Georges Krombach. Der erwähnte süßliche Geruch ist in der „Küche“besonders intensiv, er setzt sich sogar leicht in den Kleidern fest. Die Nikotinbeutel, die hier verpackt werden, tragen Namen wie Cinnamon Fire, Ginger Blast und Nordic Freeze.
Nikotinbeutel, auch weißer Snus genannt, bestehen aus Nikotin, Aromen und
Zellulose. Sie enthalten keinen Tabak. Die Nachfrage steigt, die Produktion ebenfalls. Eine alte, kleinere Maschine, verpackte 100 Beutel pro Minute. Die jetzige schafft 1000. Das Resultat: 5.000 Dosen pro Tag, 100.000 im Monat. Das sind zwei Millionen Nikotinbeutel im Monat.
Ihr Nikotingehalt variiert zwischen sechs und 15 Milligramm. Weiter geht man laut Krombach nicht: „Ansonsten müsste fast ein Totenkopf auf die Verpackung.“Produktionsleiter Frank gibt freilich zu, er habe nie geraucht und nehme die Beutel selbst nicht. Statt 15 Minuten würde er die Beutel zum Test höchstens 15 Sekunden in den Mund legen, das reiche ihm. Wer es übertreibe, dem gehe der Schweiß aus und fange an zu zittern.
Georges Krombach sieht Nikotinbeutel als Alternative zur Zigarette. Er behauptet, in seiner Firma hätten bereits zehn bis 15 Menschen mit dem Rauchen aufgehört. In Westeuropa bestehe die Tendenz, dass die Menschen weniger Tabak konsumieren wollen. Sie seien gesundheitsbewusster und suchten nach Ersatzprodukten.
Raucher wechselten zu Oral White, so der Branchenbegriff, bei dem Laien vielleicht eher an Zahnärzte denken. „Es ist ein anderer Genuss“, erklärt Krombach, das Raucherlebnis fehle. Jedoch seien Raucher bereit zum Umstieg. Die ersten paar Tage sei es „nicht cool, danach gewöhnt man sich daran.“Krombach zieht den Vergleich zu alkoholfreiem Wein.
Nikotin sei negativ behaftet, viele würden sofort an Zigaretten denken. Dabei sei Nikotin ein pflanzlicher Stoff, der auch in Tomaten, Auberginen und Kartoffeln enthalten sei. Die Dosis macht das Gift. Die Tabakpflanze, aus der die Industrie das Nikotin extrahiert, enthält am meisten Nikotin. Das neue Produkt habe dieselben Eigenschaften wie klassische Tabakprodukte, sei dabei aber weniger schädlich. Krombach spricht von einem „Gesundheitstrend“, der sich durchsetze.
Auf die Kritik angesprochen, die Geschmacksrichtungen seien besonders auf Jugendliche ausgerichtet, erwidert Krombach: „Das ist Quatsch“. Es existierten auch Alkoholprodukte mit vielen unterschiedlichen Geschmacksrichtungen. Er nennt Kriek-Bier und Wodka Melone. Die Werbekampagne scheint hingegen klar auf ein junges Publikum zugeschnitten zu sein.