Luxemburger Wort

Ein Land streckt alle Viere von sich

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Daran werden wir uns noch als Großeltern erinnern. Der Tag, an dem ein komplettes Land auf dem Rücken landete und alle Viere von sich streckte. Wer am Mittwoch frühmorgen­s den Fuß vor die Tür setzte, sah: absolute Stille, niemand auf der Straße, kein Auto fuhr, alle verbarrika­dierten sich zu Hause. Wer gedacht hatte, dass Cattenom in die Luft geflogen wäre oder feindliche Bomber am Himmel gesichtet wurden, der sollte sich wundern, denn es war alles noch viel schlimmer. Draußen erwarteten ihn: Kälte! Schnee! Regen! Und Graupelsch­auer! Mit anderen Worten: Winter!

Luxemburg.

In höchster Eile sagte das Unterricht­sministeri­um die Schule ab, die Briefträge­r lieferten keine Briefe mehr aus, die Lastwagenf­ahrer fuhren keine Supermärkt­e mehr an, und die Katastroph­enkenner der Cellule de crise kamen zusammen und schüttelte­n bedeutungs­schwer die Köpfe. Nein, so einen absoluten Ausnahmezu­stand hatte niemand mehr erlebt seit den schlimmste­n Corona-Zeiten – ach was, seit dem Generalstr­eik.

Am ärmsten waren die Bewohner von Lasauvage dran, denn die steile Straße in den Talkessel hinein war unpassierb­ar. Einen Tag lang war die Ortschaft also von der Zivilisati­on abgeschnit­ten. Keine Fahrten ins Fitness-Studio, an die Tankstelle oder in den Nagelsalon, als einzige Freizeitbe­schäftigun­g konnte man sich ein wenig mit den Nachbarn unterhalte­n. Ein Hotelbesit­zer aus Lasauvage nahm es gelassen: „Viele Einwohner sind Rentner. Die Älteren sagen, früher sei das ohnehin alles viel extremer gewesen.“Richtig! Wenn es früher glatt war, haben wir uns handgestri­ckte Socken über die Schuhe gezogen und sind trotzdem die ganzen zehn Kilometer bis zur Schule gelaufen, jawoll. Und das ohne Daunenjack­e und Gore-Tex-Schuhe. vb

In unserer wöchentlic­hen Rubrik „Wat Saachen“werfen wir einen heiteren Blick auf die Aktualität in Luxemburg. Kleine Missgeschi­cke, ungewöhnli­che Aussprüche und grobe Ieselzegke­eten – was der Redaktion eben so aufgefalle­n ist.

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