EU-Kartellbehörde blockiert iRobot-Kauf durch Amazon
Der Milliarden-Deal droht zu platzen. Es bestehen Bedenken, dass die Übernahme anderen Herstellern von Staubsaugerrobotern schaden könnte
Dem Onlinehändler Amazon wurde bei einem Treffen mit der Europäischen Kommission am Donnerstag mitgeteilt, dass die geplante Übernahme des Saugroboter-Herstellers iRobot wahrscheinlich abgelehnt wird. Amazon wollte das Unternehmen für 1,4 Milliarden Dollar kaufen. Eine endgültige Entscheidung muss noch von der politischen Führung der EU formell genehmigt werden und wird bis zum 14. Februar erwartet.
Der Deal wird wahrscheinlich auch in den USA auf Widerstand stoßen. Wie Bloomberg berichtet, hat die Federal Trade Commission (FTC), mit Sitz in Washington, eine Klage vorbereitet, um die Übernahme zu verhindern. Die drei Kommissare der FTC haben noch nicht über eine Anfechtung abgestimmt und hatten auch noch kein abschließendes Treffen mit Amazon, um den möglichen Fall zu besprechen.
Unfairer Wettbewerb befürchtet
Es wurde allgemein erwartet, dass sich die EU-Kommission gegen das Geschäft aussprechen wird. Im vergangenen Monat hatte sie Bedenken geäußert, dass Amazon versucht sein könnte, seine beherrschende Stellung als Online-Einzelhändler zu nutzen, um iRobot-Produkte gegenüber denen der Konkurrenz zu bevorzugen. Der EUWettbewerbskommissar Didier Reynders sagte, Amazon müsse allen Staubsaugerrobotern, die auf seiner Plattform angeboten werden, eine faire Behandlung zusichern.
Amazon habe es abgelehnt, Zugeständnisse zu machen, um die Bedenken der EU zu zerstreuen. Stattdessen bereitet der ECommerce-Riese, nach Angaben eines Insiders, bereits eine Klage gegen die Entscheidung der Kommission vor.
Der Widerstand der EU gegen die Übernahme von iRobot verdeutlicht die Spannungen zwischen Amazons Einzelhandelsgeschäft und seinem Ziel, das Smart-Home
Ökosystem rund um seinen Sprachassistenten Alexa auszubauen.
Auch die FTC hat Bedenken geäußert, dass Amazon durch die Übernahme zu viel Kontrolle über den Markt für Smart-HomeGeräte erlange. Dadurch würde das Unternehmen die Privatsphäre der Nutzer verletzen, da es Zugang zu den Daten über deren Wohnungen erhält.
Nur ein kleiner Rückschlag für Amazon
„Amazon kann auch ohne iRobot weiterhin eine Strategie der Heimvernetzung verfolgen“, sagte Gil Lauria von Finanzdienstleister D.A. Davidson in einem Interview und fügte hinzu: „Dies ist ein sehr kleines Geschäft für ein sehr großes Unternehmen.“
Obwohl eine iRobot-Übernahme für ein Unternehmen von der Größe Amazons eher klein ist, wäre sie die viertgrößte in der Geschichte des Unternehmens, nach dem Kauf von Whole Foods Market, dem Filmstudio MGM und dem Concierge-Gesundheitsdienst One Medical.
Für iRobot steht möglicherweise mehr auf dem Spiel. Seit Donnerstag sind die Aktien des Unternehmens um bis zu 47 Prozent gefallen. Das Unternehmen musste feststellen, dass die Nachfrage nach seinen Produkten seit einem Pandemiehoch im Jahr 2021 um fast die Hälfte zurückgegangen ist. Grund sei die zunehmende Konkurrenz durch günstigere Hersteller. Die
Aktien des Unternehmens fallen seit Monaten, weil befürchtet wird, dass das Geschäft blockiert werden könnte.
Online-Riese will smarter werden
Als Amazon seine Absicht ankündigte, iRobot im Jahr 2022 zu kaufen, wurde die Übernahme als Möglichkeit für den E-Commerce-Riesen gesehen, seine Präsenz auf dem aufkeimenden Markt für Smart-Home-Gadgets zu erweitern. Neben der Integration seines Sprachassistenten Alexa in mehrere Geräte hat das Unternehmen einen persönlichen Roboter namens Astro auf den Markt gebracht.
Zu Beginn seiner Entwicklung hatte Astro Schwierigkeiten, Häuser mit komplizierten oder ungewöhnlichen Grundrissen zu kartografieren und zu navigieren. iRobot arbeitet daran seit Jahren mit Roombas.
Astro ist auch mehr als zwei Jahre nach seiner Einführung nicht zum freien Kauf erhältlich. Amazon plant nun, eine Version für Sicherheitsleute an Unternehmen zu verkaufen, wie Bloomberg im November berichtete.
Es wäre die zweite große Tech-Fusion, die in den letzten Monaten von der EU-Regulierungsbehörde blockiert wurde: Im September wurde das 1,6 Milliarden Euro schwere Angebot von Booking Holdings Inc. für die schwedische Etraveli Group abgelehnt. Booking hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt.
Ganz allgemein sagte Luria, dass sich das Klima für die Übernahme von Big Tech verschlechtert hat. „Für große Technologieunternehmen ist es im Moment schwer, etwas zu erwerben. Und es wird wahrscheinlich noch schwieriger werden. Es gibt eine globale – oder sagen wir zumindest eine transatlantische – Allianz, die Technologieunternehmen daran hindern will, durch Übernahmen zu expandieren, und damit den Wettbewerb einschränkt.“Bloomberg
Amazon kann auch ohne iRobot weiterhin eine Strategie der Heimvernetzung verfolgen. Gil Lauria, Finanzdienstleister D.A. Davidson