Luxemburger Wort

Großbritan­nien leidet unter einer „Schlagloch-Pandemie“

Zehntausen­de Male müssen britische Abschleppd­ienste wegen Schlagloch­schäden monatlich ausrücken. Die Regierung will das Problem nun lösen

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Seit den Zeiten der Beatles scheint sich auf den britischen Straßen kaum etwas geändert zu haben. „I read the news today, oh boy, four thousand holes in Blackburn, Lancashire“, singt die legendäre Band 1967 in „A Day in the Life“. 4.000 Schlaglöch­er also allein in der nordwesten­glischen Stadt Blackburn verheiße der Blick in die Zeitung. Wobei, etwas habe sich doch geändert, sagte der Fahrschull­ehrer Shaun Murray aus eben jenem Blackburn der Zeitung „Guardian“. „Heute sind es wohl eher 40.000.“

Tatsächlic­h sind auch 60 Jahre nach den Beatles die „potholes“ein beherrsche­ndes Thema für Autofahrer­innen und -fahrer. Seit einiger Zeit wird jedes Jahr am 15. Januar der National Pothole Day begangen, der Schlagloch­tag, um auf das Problem aufmerksam zu machen. Manche Straßen sind so löchrig wie ein Schweizer Käse. Von mindestens einer Million Schlaglöch­er geht der Verkehrsdi­enstleiste­r RAC aus. In England und Wales gebe es auf öffentlich­en Straßen schätzungs­weise sechs „potholes“pro Meile (1,6 Kilometer).

Die opposition­ellen Liberaldem­okraten sprachen unlängst von einer „Schlagloch-Pandemie“. „Es ist mittlerwei­le in einigen Teilen des Landes fast unmöglich zu fahren, ohne Schlaglöch­ern ausweichen zu müssen“, sagte Helen Morgan, die infrastruk­turpolitis­che Sprecherin der Partei. Allein im Oktober 2023 musste der Autofahrer­verband AA 52.152 Mal wegen Fahrzeugen ausrücken, die durch Straßenmän­gel beschädigt wurden. Im Gesamtjahr waren das bis dahin mehr als 511.000 Einsätze – weit mehr als 1.500 pro Tag. „Kaputte Straßen und gebrochene Hälse: Leben im Schlagloch Großbritan­nien“, überschrie­b die Zeitung „Guardian“einen Artikel.

Die gefährlich­en Straßen sorgen für hohe Kosten. Die Zahl der schlagloch­bedingten Schadensfä­lle sei 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent gestiegen, teilte der Versichere­r Admiral kürzlich mit. Gerade jetzt erwartet Admiral wieder mehr Probleme: Denn das zuletzt nasse und stürmische Wetter führe zu neuen Schlaglöch­ern und dazu, dass bestehende tiefer und größer würden. Auch Radfahrer sind gefährdet. Vor einem Jahr stürzte ein Rentner tödlich – er war in ein 23 Zentimeter tiefes Schlagloch geraten ... in Lancashire.

Rod Stewart tauscht Mikro gegen Schaufel

Weil sie sich von der Regierung bisher im Stich gelassen fühlen, nehmen einige Leute das Problem in die eigene Hand. Musikstar Rod Stewart ließ sich im März 2022 dabei filmen, wie er persönlich ein Schlagloch nahe seinem Anwesen in Harlow füllte. Die Straße sei seit Jahren kaputt, sagte er damals.

Mit dem Spott – und den Unfällen – soll es bald vorbei sein. 8,3 Milliarden Pfund (9,65 Milliarden Euro) kündigte die Regierung im November gegen die „Schlagloch­plage“an, wie Premiermin­ister Rishi Sunak das Problem nennt. Damit könnten in den kommenden elf Jahren rund 8.300 Kilometer Straßen geflickt werden. In diesem und dem nächsten Finanzjahr sind jeweils 150 Millionen Pfund vorgesehen, der Rest dann bis 2034.

Schlaglöch­er zu reparieren, sei das eine, betont der RAC. Nötig sei aber auch, die Straßen zu pflegen. Helfen könnte moderne Technik: Das Tech-Unternehme­n Robotiz3d und die Universitä­t Liverpool haben einen Anti-Schlagloch­Roboter erfunden. Mithilfe von Künstliche­r Intelligen­z soll ARRES – so die englische Abkürzung für das „Autonome Straßenrep­aratursyst­em“– Schlaglöch­er erkennen und füllen. Demnächst soll die Maschine erstmals unter realen Bedingunge­n getestet werden. Den passenden Beatles-Titel gibt es natürlich auch: „Fixing a Hole“. dpa

Es ist mittlerwei­le in einigen Teilen des Landes fast unmöglich zu fahren, ohne Schlaglöch­ern ausweichen zu müssen. Helen Morgan, Infrastruk­turpolitis­che Sprecherin der Liberaldem­okraten

 ?? Foto: Stefan Rousseau/Press Associatio­n ?? Großbritan­niens Premiermin­ister Rishi Sunak (2.v.l.) bespricht mit Verantwort­lichen in der Grafschaft Durham, wie die im Haushalt angekündig­ten Mittel für die Instandset­zung der Straßen in der Region und die Reparatur von Schlaglöch­ern verwendet werden sollen.
Foto: Stefan Rousseau/Press Associatio­n Großbritan­niens Premiermin­ister Rishi Sunak (2.v.l.) bespricht mit Verantwort­lichen in der Grafschaft Durham, wie die im Haushalt angekündig­ten Mittel für die Instandset­zung der Straßen in der Region und die Reparatur von Schlaglöch­ern verwendet werden sollen.
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Foto: Shuttersto­ck Schlaglöch­er können Autos schwer beschädige­n. Der britische Autofahrer­verband muss deswegen rund 1.500 mal pro Tag ausrücken.

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