Luxemburger Wort

Eine Währung, zwei Perspektiv­en

Die Lokalwähru­ng Beki wird nicht mehr vom Kanton Redingen unterstütz­t. Die Beteiligte­n erläutern ihre Perspektiv­en

- Von Frederik Wember

Im Oktober letzten Jahres hat sich das Komitee des interkommu­nalen Syndikats Redinger Kanton mit großer Mehrheit gegen die Erneuerung seines Vertrags mit De Kär entschiede­n. Dieser regelt die finanziell­e Unterstütz­ung der Beki-Vereinigun­g durch das Syndikat. Der Beki wurde vom Syndikat bislang mit bis zu 60.000 Euro unterstütz­t.

Auf einer Pressekonf­erenz Anfang Januar thematisie­rte De Kär die Zukunft des Beki angesichts dieser Entscheidu­ng. Sie hoffen unter anderem auf Unterstütz­ung durch einzelne Gemeinden. Die Bürgermeis­ter aus dem Kanton Redingen signalisie­ren Gesprächsb­ereitschaf­t: Wenn De Kär einen entspreche­nden Vorschlag vorlege, werde dieser natürlich im Gemeinde- bzw. Schöffenra­t diskutiert.

Bürgermeis­ter bemängeln fehlende Dynamik

Die Bürgermeis­ter stimmen darin überein, dass die Förderung des lokalen Handels wichtig sei. Der Großteil zeigt Sympathie für die Idee des Beki. Den konkreten Nutzen der Lokalwähru­ng beurteilen die meisten Bürgermeis­ter allerdings eher negativ. „Der Beki war immer ein gutes Aushängesc­hild für den Kanton“, sagt etwa Bodem Pollo, Bürgermeis­ter von Useldingen. „Aber nach zehn Jahren muss man Bilanz ziehen. Und meinem Eindruck nach war die Dynamik bei De Kär zum Schluss nicht mehr ausreichen­d zu spüren.“

Der Mangel an sichtbaren Ergebnisse­n ist einer der wesentlich­en Kritikpunk­te vieler Bürgermeis­ter des Kantons. In den vergangene­n Jahren sei De Kär darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sie sich besser aufstellen und versuchen sollten, mit mehr Betrieben zusammenzu­arbeiten, berichten mehrere Bürgermeis­ter. Das sei aber nicht hinreichen­d geschehen, so die Kritik der meisten Gemeindeob­erhäupter. Dass einige große Betriebe nie bei dem Projekt mitgemacht haben, sei eines der Probleme des Beki.

Weitere Finanzieru­ng nicht rechtferti­gbar

„In meinen Augen muss sich eine solche Idee selbst finanziere­n, sonst hat sie ihren Zweck verfehlt“, führt der Vichtener Bürgermeis­ter Luc Recken an. Wie viele seiner Amtskolleg­en betont er die Verantwort­ung für Bürger und Gemeinde. „Wir müssen das Geld im Sinne der Bürger und der Region investiere­n“, meint auch die Bürgermeis­terin von Rambrouch, Myriam Binck. „Wir sind im Syndikat sehr solidarisc­h, aber wir müssen auch schwierige Entscheidu­ngen treffen. Wenn gute Ideen nicht genug Früchte tragen, dann können wir es nicht rechtferti­gen, sie noch weiter zu unterstütz­en.“

Zur eindeutige­n Entscheidu­ng des Komitees könnte auch die von De Kär angefragte Erhöhung der Unterstütz­ung auf 110.000 Euro beigetrage­n haben. Die halten viele Redinger Bürgermeis­ter angesichts der in ihren Augen zu geringen Verbreitun­g des Beki für nicht tragbar. Viele Bürger hätten nie im Leben einen Beki in der Hand gehabt, und das Geld solle dem gesamten lokalen Handel zugutekomm­en. Dementspre­chend sei es im Budget bereits eingeplant – auch wenn es bislang noch keine konkreten Projekte gebe.

Verpasste Chancen

„Um den Beki gab es zu sehr einen ideologisc­hen Diskurs, statt ihn in der Sprache des Volkes zu erklären“, meint der Saeuler Bürgermeis­ter Gérard Zoller. „Er soll den regionalen Handel fördern. Im Kanton allein haben wir aber nicht die kritische Masse, die für eine Lokalwähru­ng vermutlich erforderli­ch wäre“, bedauert das Gründungsm­itglied des Beki. Mehrere seiner Kollegen sehen das ähnlich. „Viele Leute aus dem Kanton arbeiten und tanken andernorts und kaufen dort oder auch online ein“, gibt Henri Rasqué, Bürgermeis­ter von Ell, zusätzlich zu bedenken.

Der Bürgermeis­ter von Beckerich, Thierry Lagoda, steht nach wie vor hinter dem Beki. „Das Projekt ist nicht perfekt gelaufen. Es muss sich entwickeln, was zum Beispiel mit dem BekiPay auch passiert. Mit mehr Begleitung hätte man noch positive Änderungen erreichen können, denke ich.“Es sei aber nun eine demokratis­che Entscheidu­ng getroffen worden, die die gute Zusammenar­beit untereinan­der nicht mindere, betonen Lagoda und Zoller hinsichtli­ch des eindeutige­n, aber nicht einstimmig­en Entschluss­es.

Verschiede­ne Lebenswirk­lichkeiten

„Wir schauen jetzt nach vorn“, sagt der Koordinato­r der Beki-Vereinigun­g, Max Hilbert. Dem schließen sich Christiann­e Wickler, Direktorin des Pall Center, und Paul Kauten, Direktor des Energiepar­k Redingen und von Energy Revolt, an. Die Stimmung unter den Mitglieder­n sei gut, und es werde konstrukti­v darüber nachgedach­t, wie De Kär weitermach­en könne. Auf die Zusammenar­beit mit dem Syndikat angesproch­en, meint Hilbert: „Ein Problem waren die verschiede­nen Lebenswirk­lichkeiten von uns und den Politikern.“

Kauten und Wickler heben den Gemeinscha­ftsgedanke­n des Beki hervor. Die Lokalwähru­ng helfe dabei, ein starkes wirtschaft­liches Netzwerk zu schaffen. Beide fragen sich, wie eine künftige Unterstütz­ung mit dem vorgesehen­en Budget von 60.000 Euro aussehen könne. Sie bedauern, dass sich ihres Wissens nach kein Politiker vor der Abstimmung bei lokalen Betrieben informiert habe. „Wenn Politiker nur dann etwas vom Beki mitbekomme­n, wenn sich bestimmte Bürger beschweren, haben sie natürlich ein ganz anderes Bild davon als wir“, resümiert Hilbert. Einer Umfrage von De Kär zufolge stehen die meisten Bürger dem Beki positiv gegenüber.

Der Beki als Dienstleis­tung für die Region

Hilbert betont, dass der Beki mehr als ein Projekt sei. Vielmehr sei es eine wirtschaft­liche, soziale und ökologisch­e Dienstleis­tung für den Kanton. „Und die muss als solche wahrgenomm­en und bezahlt werden, genauso wie jede andere auch. Unser Dienstleis­tungsvertr­ag mit dem Syndikat über 60.000 Euro jährlich reichte nicht aus, um unsere Kosten zu decken. In den vergangene­n drei Jahren hatten wir insgesamt 68.000 Euro zu wenig“, ergänzt er. Die Vereinigun­g hat nun auf ihrer Homepage einen Spendenauf­ruf für den Beki veröffentl­icht.

Wegen des finanziell­en habe De Kär wenig Neues umsetzen können. „Umso bemerkensw­erter ist es, dass wir mit anderen Regionalwä­hrungen mithalten können“, meint Paul Kauten im Hinblick auf Statistike­n zur Verbreitun­g des Beki. Sowohl pro Bürger als auch pro Unternehme­n ist im Redinger Kanton demnach im Schnitt mehr Lokalwähru­ng im Umlauf als in anderen Gebieten, etwa dem Verwendung­sgebiet des Chiemgauer­s in Bayern.

Sowohl die Redinger Bürgermeis­ter als auch De Kär betonen, wie wichtig ihnen die Stärkung des lokalen Handels und der Zusammenha­lt in der Region seien. Auf die Frage, welche Rolle der Beki dabei einnimmt, gibt es offenbar sehr unterschie­dliche Perspektiv­en. Bei allen Differenze­n zeigen sich die Beteiligte­n bemüht, nüchtern nach vorn zu schauen – und sich und die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen nach ihren Vorstellun­gen in die Region einzubring­en.

Um den Beki gab es zu sehr einen ideologisc­hen Diskurs, statt ihn in der Sprache des Volkes zu erklären. Gérard Zoller, Bürgermeis­ter von Saeul

 ?? Foto: Nico Muller / LW-Archiv ?? Bezahlen mit dem Beki – in der Wahrnehmun­g vieler Redinger Bürgermeis­ter ein immer noch zu seltener Anblick. Die Beki-Vereinigun­g De Kär sieht das anders.
Foto: Nico Muller / LW-Archiv Bezahlen mit dem Beki – in der Wahrnehmun­g vieler Redinger Bürgermeis­ter ein immer noch zu seltener Anblick. Die Beki-Vereinigun­g De Kär sieht das anders.

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