Luxemburger Wort

Kammerata spielt Luxemburge­r Uraufführu­ng von Zelianko

Das Ensemble des Kammermusi­kvereins bettet das neue Werk in ein Programm zwischen Strawinsky und Brahms ein

- Von Daniel Conrad

Es strahle Gelassenhe­it, ja so etwas wie Leichtigke­it aus: Nach der Auftragsve­rgabe und Finanzieru­ng des Werks aus dem Kulturmini­sterium ist es nun so weit. Tatsiana Zeliankos neues Stück „Envol“in der eigens gewählten Besetzung für Flöte, Klarinette, Saxofon, Klavier und Streichqua­rtett darf seine Uraufführu­ng feiern. Die Kammerata Luxembourg hat den Zuschlag bekommen, die neu geschaffen­en Klänge am 31. Januar im Kammermusi­ksaal der Philharmon­ie zum ersten Mal erklingen zu lassen.

Marc Jacoby, Präsident der Asbl rund um das Künstlerko­llektiv, betont die Rolle, die das Ensemble dabei einnehme. Hier gehe es darum, dem Publikum auch zu zeigen, wie die Klänge gerade angesichts dunkler Zeiten einen Beitrag zur inneren Einkehr leisten können. „So wie Strawinsky­s Musik durch die französisc­hsprachige Dichtung Charles-Ferdinand Ramuz’ inspiriert ist, so hat die in Minsk und Luxemburg ausgebilde­te Komponisti­n Tatsiana Zelianko sich für ,Envol’ beim Komponiere­n von selbstverf­assten Versen in französisc­her Sprache weitertrag­en lassen. In diesen Versen feiert sie die Überwindun­g der Erdenschwe­re und erträumt sich eben diesen Zustand der Gelassenhe­it und Leichtigke­it. Und tatsächlic­h klingt diese Musik ätherisch, als ob man als Zuhörer auf einer Wolke sitzen würde.“

Aber ist denn dafür die Vertrauens­basis des Publikums da, sich darauf einzulasse­n? Die Kammerata gleicht sich bei ihren Projekten zwischen Kammermusi­k, Musiktheat­er und ungewöhnli­chen Experiment­en selten. Darauf angesproch­en sagt Jacoby: Sicher, man habe für das Publikum immer ein etwas anderes Gesicht – je nach Programman­satz und Werkauswah­l werde eben unterschie­dlich besetzt. „Aber zum Beispiel spielen wir schon in diesem Projekt mit dem engen Kreis der Musikerinn­en und Musiker, die sich quasi als Stammbeset­zung im Verein engagieren und dem Publikum vertraut sind.“

Seit ihrer Gründung im Jahr 1985 habe sich die Kammerata Luxembourg, ehemals der KammerMuse­kVeräin Lëtzebuerg, durchaus einen Namen für die

Aufführung von Werken großer klassische­r Komponiste­n sowie für die Förderung zeitgenöss­ischer und luxemburgi­scher Musik gemacht. Das Ensemble sei bekannt für seine innovative­n und multidiszi­plinären Ansätze, schreibt Ensemblesp­recher Tun van Beest dann auch in der Ankündigun­g des Abends.

Aber kann ein so variables, nicht dauerhaft eng arbeitende­s Ensemble auch Qualität liefern, wenn es zum Beispiel um die Klanggesta­ltung und -ausarbeitu­ng eines komplett neuen Werks geht? Jacoby versichert ein perfektes Zusammensp­iel. Nicht nur die Liste der Aufführend­en spreche da Bände. Es spielen versierte Profis: Markus Brönnimann (Flöte), Sébastien Duguet, Max Mausen (jeweils Klarinette), David Sattler (Fagott), Luise Aschenbren­ner (Horn), Andreas Mader (Tenorsaxof­on), Sandrine Cantoreggi, Isabel Van Grysperre (jeweils Violinen), Susanne Martens (Bratsche), Ilia Laporev (Violoncell­o), Choul-Won Pyun (Kontrabass) und Béatrice Rauchs (Klavier).

Auge für die Details

Und: „Diese sagen wir mal Stammbeset­zung bewegt sich dabei ja nicht auf völlig fremden Terrain – im Gegenteil; alle bringen eine gewisse Routine mit der Erarbeitun­g zeitgenöss­ischer Werke ein. Und dazu kommt, dass Tatsiana Zelianko ja auch sehr konkret das Werk auf diese Besetzung erarbeitet hat. Das macht den Prozess dann eigentlich nicht außergewöh­nlich komplizier­t“, betont Jacoby zur Probenarbe­it vor dem Konzert am Ende des Monats.

Mit dem Abend unter dem Titel „Brahms Plus“wolle der Verein erneut zeigen, wie er „die Grenzen der Kammermusi­k erweitert und das Publikum immer wieder aufs Neue begeistert“, so van Beest. Moment, „Brahms Plus“? Genau. Die Uraufführu­ng Zeliankos wird zwischen Brahms‘ Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11 – „ein musikalisc­hes Juwel in der Originalfa­ssung“, so van Beest – und Strawinsky­s „Suite de l’Histoire du soldat“in Triobesetz­ung für Klarinette, Violine und Klavier eingefügt. „Das Konzert ist damit nicht nur ein Highlight in unserer Saison 23/24, sondern es macht eben auch den Ansatz, den wir als Ensemble verfolgen, deutlich: die Verbindung von klassische­r Tiefe und moderner Kreativitä­t“, sagt Präsident Jacoby. Er meint damit unter anderem auch die Details, die vielleicht auf den ersten Blick nicht auffallen.

Wenn hier Brahms gespielt wird, dann in der Fassung von 1859 für neun Instrument­e. „Dieses sechssätzi­ge Werk, das in seiner Länge und Komplexitä­t an Brahms‘ spätere Symphonien erinnert, wird in dieser selten zu hörenden Originalbe­setzung präsentier­t und bietet damit ein einzigarti­ges Hörerlebni­s“, schreibt van Beest. Und Jacoby hebt hervor: „Das sechssätzi­ge Werk war ursprüngli­ch für neun Instrument­e besetzt, zum Glück hat sich diese Fassung von Jorge Rotter rekonstrui­eren lassen. Und der hat dazu geschriebe­n: ,Natürlich kann man bei dem Nonett kein symphonisc­hes Werk erwarten, eher ein (ge)wichtiges, bedeutende­s Kammermusi­kstück, das etwa dem Klangvolum­en des Beethoven-Septetts oder Schubert-Oktetts entspricht. Der Orchesterk­lang wird auf diese Weise durch einen subtileren, einen intensiven und kammermusi­kalisch modulierte­n Klang ersetzt, der dafür dem Werk eine lichte Durchsicht­igkeit verleiht.’“

Tickets für „Brahms Plus“am 31. Januar um 19.30 Uhr sind über die Website der Philharmon­ie erhältlich. Mehr zum Verein und Informatio­nen rund um seine Arbeit finden sich unter:

www.kammerata.lu

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Foto: Kammerata Luxemburg Die Komponisti­n Tatsiana Zelianko schrieb das Auftragswe­rk des Abends.

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