Haleys letzte Chance, um Trump zu stoppen
Wie Nikki Haley versucht, mit einem Sieg bei den Primaries in New Hampshire den Durchmarsch des Ex-Präsidenten zur Nominierung der Republikaner zu verhindern
Die Geldgeber des als „Trump mit Gehirn“gestarteten Kandidaten zogen den Stecker nach dem enttäuschenden Abschneiden in Iowa vor einer Woche. Da war schon klar, dass es für Ron DeSantis keinen realistischen Weg mehr zur Präsidentschaftsnominierung gab. Dann tat der Gouverneur von Florida in dem Video genau das, was er vor einer Woche noch bei anderen Republikanern kritisiert hatte. Er küsste den Ring Donald Trumps.
„Wir können nicht zur alten republikanischen Garde von gestern zurückkehren“, erklärte er seine Unterstützung für den Ex-Präsidenten, der jetzt der haushohe Favorit im Rennen um die Nominierung der Republikaner ist. DeSantis feuerte dann noch eine Breitseite gegen die einzige verbliebene Herausforderin ab. Die Partei dürfe auch nicht „zu einer neu verpackten Form des aufgewärmten Korporatismus zurückkehren, den Nikki Haley repräsentiert“.
„Er hat einen guten Wahlkampf geführt“, reagierte Nikki Haley höflich auf das klägliche Ende eines Kandidaten, der sich als „Trump ohne Unterhaltungswert“bewiesen hatte. Jetzt hätten die Wähler eine klare Alternative. „Hört ihr das Geräusch“, versucht sie am Sonntagabend vor tausend jubelnden Anhängern in Exeter den Ausstieg von DeSantis in Rückenwind im Wahlkampf zu verwandeln. „Das ist das Geräusch eines Zweikampfs“. Die große Mehrheit der Amerikaner wolle eine andere Wahl als die zwischen zwei alten Männern, die in der Vergangenheit verhaftet seien. New Hampshire könne entscheiden, „ob wir eine Neuauflage Trump gegen Biden haben oder einen neuen konservativen Weg einschlagen“.
Haley spielt auf mentale Fitness an
In der heißen Phase des Wahlkampfs lässt Haley keine Gelegenheit aus, das Alter Trumps und Joe Bidens zum Thema zu machen. Dem Spitzenreiter der Republikaner geht das unter die Haut. Vergangene Woche schwadronierte er, wie gut er bei einem Test seiner kognitiven Fähigkeiten abgeschnitten habe. Das war 2018, als der Leibarzt im Weißen Haus seine mentale Fitness prüfte.
Haley ist sich da nicht so sicher. Am Freitagabend hatte Trump bei einer Kundgebung vor Tausenden Fans der „Make-America-Great-Again“-Bewegung in Concord seine Herausforderin mit der ehemaligen Speakerin der Demokraten Nancy Pelosi verwechselt. Während er über den Aufruhr am 6. Januar 2021 sprach, benutzte er ein halbes Dutzend Mal den falschen Namen. „Nikki Haley war verantwortlich für die Sicherheit.“
Sie hätte weder ein Amt innegehabt noch sei sie in Washington gewesen, kommentierte Haley die Verwirrung. Für einen anstrengenden Job wie den des Präsidenten „können wir niemanden gebrauchen, bei dem wir nicht sicher sind, dass er fit ist, ihn zu erledigen.“
Die Herausforderin suggeriert, auch die unkontrollierten Wutausbrüche des ExPräsidenten könnten etwas mit dem Alter zu tun haben. Einen davon landete Trump via „Truth Social“am Wochenende. Er erinnerte an den vollen Namen, mit dem sie als Tochter von Sikh-Einwanderern aus dem Punjab in dem 3.607-Seelennest Bamberg zur Welt kam: Nimarata Nikki Randhawa. Dass er dreimal die falsche Schreibweise „Nimbra“gebrauchte, hat bei dem notorischen Hetzer Methode.
Ob dies rassistisch sei, bedrängen sie Reporter. „Die Leute sollen sich ihre eigene Meinung bilden“, sagt Haley. „Er ist unsicher und weiß, dass etwas nicht rund läuft.“Damit spielt die mit der Tea Party-Bewegung aufgestiegene Konservative auf ihre Aufholjagd an. In New Hampshire war sie in einer Umfrage auf bis zu sieben Punkte an den Ex-Präsidenten herangekommen.
Helfen dürfte Haley, dass vier von zehn Wählern hier als Unabhängige registriert sind. Diese dürfen an den Vorwahlen der Republikaner oder Demokraten teilnehmen. Bei der erwarteten Rekordwahlbeteiligung von mehr als 330.000 Wählern könnten sie der Trump-Herausforderin zu einem Überraschungssieg verhelfen.
Andere Vorzeichen in New Hampshire
Haley setzt auf die lange Tradition, dass New Hampshire die Ergebnisse aus Iowa korrigiert. Dort hatte Trump vergangenen Dienstag einen Erdrutschsieg errungen. „Wir sind mit zwei Prozent gestartet und sind bei 20 Prozent gelandet“, zeigt sich die Kandidatin zufrieden mit ihrem Abschneiden. Es war genug, das Rennen in New Hampshire zu einem direkten Duell mit Trump zu machen.
Keinem einzigen Republikaner gelang es seit 1976, die beiden ersten Vorwahlen zu gewinnen. Trumps Berater wissen um den Fluch und ziehen alle Register, nach dem ersten Platz im Mittleren Westen mit einem Doppelschlag in New Hampshire Geschichte zu schreiben.
Bei ihrem Endspurt am Wochenende argumentierte Haley dagegen mit ihrer Wählbarkeit bei den eigentlichen Präsidentschaftswahlen im November. Die Republikaner hätten mit Trump den Senat und das Weiße Haus verloren. Die MAGA-Anhänger seien eine „kleine Gruppe“, die nicht ausreicht, die Präsidentschaft zu gewinnen.
Ohne die Anklagen in 91 Punkten vor vier Strafgerichten ausdrücklich zu erwähnen, schürt Haley Zweifel, dass die Amerikaner eine zweite Amtszeit Trumps wollen. „Chaos folgt ihm“, warnt sie ihre Partei vor der Versuchung. Das sehen auch die libertären Koch-Milliardäre so, die ihr über „American for Prosperity“eine prall gefüllte Wahlkampfkasse bereitgestellt haben.
Er (Trump) ist unsicher und weiß, dass etwas nicht rund läuft. Nikki Haley, Republikanische Präsidentschaftskandidatin
„Weckruf für die Republikaner“
Die als „Palmetto-Thatcher“bekannte Konservative vertritt inhaltlich keine moderaten oder liberalen Positionen. Aber sie stellt weder die Demokratie noch die Grundpfeiler der amerikanischen Sicherheitspolitik infrage. Deshalb sehen traditionelle Republikaner und Unabhängige in ihrer Wahl in New Hampshire die letzte Chance, Trump an einem Durchmarsch zur Nominierung zu stoppen.
Haley selbst spricht von „einem Weckruf für die Republikaner“. Wenn er am Dienstag erhört wird, dürfte sie genügend Momentum für einen Showdown in ihrem Heimatstaat South Carolina erhalten, wo am 24. Februar gewählt wird. Das weiß auch Trump, der daran kein Interesse hat. Letzte Umfragen sehen ihn bei über 50 Prozent. Und der Ausstieg von Ron DeSantis könnte ihm dessen sechs Prozent Unterstützer in den Schoß fallen lassen. Er wolle einen großen Sieg, mit großem Abstand, forderte er seine Anhänger bei einer Kundgebung in Rochester am Sonntagabend auf. „Das bringt die Sache zu einem Ende.“