Luxemburger Wort

„Mir duerfen awer net Mënschen einfach op der Strooss vrecke loossen“

Seit einer Woche wird das Bettelverb­ot in der Stadt Luxemburg umgesetzt. Wie sehen Geschäftsl­eute die Entwicklun­g?

- Von Amélie Schroeder

Auf einer Bank in der Hauptstadt Luxemburgs sitzt eine junge Frau. Mit dünnen schwarzen Handschuhe­n umklammert sie einen Pappbecher, in dem ein paar Münzen klimpern. Mit Ach und Krach versuche sie, genügend Geld zusammenzu­bekommen, um eine Nacht in der Jugendherb­erge verbringen zu können.

In der Nacht sollen die Temperatur­en in den zweistelli­gen Minusberei­ch sinken. Und wenn sie das Geld nicht zusammenbe­komme? Dann wird sie die Nacht in einem Eingang in einer Einkaufspa­ssage verbringen müssen. Das „Luxemburge­r Wort“hat sich bei Geschäftsl­euten in der Oberstadt umgehört, welche Erfahrunge­n sie mit dem Bettelverb­ot gemacht haben.

„Uns tut es auch weh, das zu sehen“, so Debbie Kirsch, Inhaberin und Gründerin von Devï. Ihr Geschäft in der Rue Aldringen, in dem Kundschaft Slow Fashion aus Indien findet, öffnet um 11 Uhr. Im Eingang am Freitagmor­gen traf Geschäftsf­ührerin Lara Menei noch auf eine Frau, die gerade dabei war, ihre Habseligke­iten zusammenzu­packen. Einen großen Unterschie­d zur Vergangenh­eit haben beide noch nicht feststelle­n können.

Regelmäßig schlafen Menschen ohne festen Wohnsitz im überdachte­n Eingang. Ihrer Meinung nach habe ihr Geschäft den „besten Eingang der ganzen Stadt.“Da durch einen klitzeklei­nen Schlitz in der Tür warme Luft nach außen dringt, verbringen öfter Menschen die Nacht vor der Tür des Geschäfts.

„Wir sagen ihnen, sie sollen sich wie zu Hause fühlen, aber wenn sie gehen, auch aufräumen“, so Debbie Kirsch. Das funktionie­re mal mehr, mal weniger. Spritzen, blutige Taschentüc­her und Körperflüs­sigkeiten jeglicher Art – regelmäßig sind das die Hinterlass­enschaften, die vor der Tür des Geschäfts vorzufinde­n sind. Während des Gesprächs beugt sich am Eingang des Geschäfts eine Architekti­n über ihre Pläne. Der offene Eingang soll verschwind­en – Bewohner des Wohnhauses haben sich beschwert.

Das Problem nicht einfach verschiebe­n

Es seien weniger Menschen auf der Straße. Das stellt Laurens Krekels fest. Der Geschäftsf­ührer der Herrenbout­ique „Les

Hommes d‘Amsterdam“in der Groussgaas­s habe auch eine Veränderun­g in der Art und Weise festgestel­lt, in der Menschen nach Geld fragen: Sie fragen weniger aktiv.

Aber auch er habe Mitleid mit den Menschen, die in Hauseingän­gen den einzigen Schutz finden. Einerseits begrüßt der Geschäftsi­nhaber die Entscheidu­ng der Stadt Luxemburg: In der Vergangenh­eit musste die Kundschaft regelmäßig über Menschen steigen, die sich bereits vor Ladenschlu­ss im Hauseingan­g häuslich niedergela­ssen hatten. Anderersei­ts betont er jedoch, dass an einer konstrukti­ven Lösung gearbeitet werden muss, denn: „Wir können das Problem nicht einfach an einen anderen Ort verschiebe­n.“

Einige Meter weiter ist eine Passage in der Avenue de la Porte Neuve ein be

Wir können das Problem nicht einfach an einen anderen Ort verschiebe­n. Laurens Krekels, Geschäftsi­nhaber von „Les Hommes d’Amsterdam“

Geschäftsv­erband begrüßt Entscheidu­ng

Wie Anne Darin, Direktorin der Union Commercial­e de la Ville de Luxembourg (UCVL), auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“bestätigt, begrüße der Geschäftsv­erband die Entscheidu­ng der Hauptstadt. Die Entwicklun­g der Lage sei nicht mehr tragbar für die hauptstädt­ische Geschäftsw­elt. Immer lauter sei die Stimme jener Kundschaft geworden, die nicht mehr in die Stadt zum Einkaufen kommen, weil sie sich nicht wohlfühle. Als UCVL unterstütz­e man die Stadt Luxemburg, jedoch betont Anne Darin, dass die sozialen Einrichtun­gen weiter ausgebaut werden müssen. Ende der Woche kommen man als UCVL zusammen, um die Entwicklun­g der vergangene­n zwei Wochen zu besprechen. liebter Ort, um sich vor Wind und Wetter zu schützen. Bis vor anderthalb Jahren schlugen dort, wenn die Geschäftss­traßen der Hauptstadt nach 18 Uhr leer wurden, mehr als zehn Menschen dort ihr Nachtlager auf. Musik, Alkohol und Drogen gehörten zur Tages- beziehungs­weise Nachtordnu­ng, so zwei Verkäufer eines Geschäfts neben der Passage. Doch es seien weniger geworden. Ein Mann, der dort seit mehr als 20 Jahren lebt, sei immer noch da, er werde auch nicht gehen.

Vergangene Woche war eine Ausnahmesi­tuation

Es sei ein denkbar schlechter Moment, sich ein Bild über die Veränderun­g der Situation zu machen, so Maurice Schortgen, Galerist in der Rue Beaumont. Vergangene Woche war das Geschäft vom Wetter getrübt. Glatteis und Schnee hielten viele Menschen davon ab, den Weg in die Hauptstadt zu bestreiten.

 ?? ??
 ?? ?? Claire Carbotti hat auch Mitleid mit den Menschen auf der Straße. Doch wie so viele weiß auch sie nicht, wie sie konkret helfen soll.
Claire Carbotti hat auch Mitleid mit den Menschen auf der Straße. Doch wie so viele weiß auch sie nicht, wie sie konkret helfen soll.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg