Luxemburger Wort

Für Start-ups wird es schwierige­r, an Geld zu kommen

Weltweit steigen die Zinsen und Investoren halten sich zurück. Zudem sind neue Mitarbeite­r kaum zu finden. Ist jetzt Krisenstim­mung angesagt?

- Von Melanie Ptok

„Start-ups stehen vor Challenges“. Darauf weist Philippe Linster, CEO des House of Start-ups, hin. Sie sind ein wichtiger Bestandtei­l der Wirtschaft eines Landes und schaffen viele Arbeitsplä­tze. Junge Unternehme­n, die bestrebt sind, neue Dienstleis­tungen zu entwickeln, um das Wirtschaft­swachstum zu unterstütz­en.

Dennoch ist das Gründen eines Start-ups mit Risiko und Unsicherhe­iten verbunden. Immer häufiger liest und hört man: Startups befinden sich in einer Krise: zurückhalt­ende Investoren und zu hohe Kosten. Doch was steckt dahinter?

2021 und 2022 waren Rekordjahr­e für Start-up-Finanzieru­ngen in Europa und auch Luxemburg. Europaweit erhielten sie 2022 mehr als 82 Milliarden Euro Risikokapi­tal – 116 Prozent mehr im Vergleich zu 2020. Nie zuvor wurde so viel in Start-ups investiert, was unter anderem mit den damaligen niedrigen Zinsen zusammenhä­ngt, wie Philippe Linster unterstrei­cht. Dadurch, dass die Welt während der CoronaPand­emie digitaler wurde, flossen die Investitio­nsgelder vor allem in Tech-Startups, die davon profitiert­en.

In Luxemburg gibt es mehr als 500 Startups. Davon werden ungefähr 175 im House of Start-ups (HoST) betreut und unterstütz­t.

Das beschäftig­t Neu-Unternehme­n heute

Insbesonde­re drei Faktoren belasten die Gründer enorm. Dazu zählt die geopolitis­che Lage in der Welt. Linster erklärt, dass es für Start-ups extrem wichtig sei, internatio­nal zu arbeiten und zu expandiere­n. Wenn in einem Land, wie Israel oder in der Ukraine, aber Krieg geführt wird, schränkt das die Szene ein. „Man darf nicht vergessen, Israel ist eines der Haupt-Start-up-Länder der Welt“, fügt er hinzu.

Ein weiterer Faktor, der Start-ups beschäftig­t, ist der Talent- und Personalma­ngel. Ein Problem, das auch in anderen Branchen besteht, etwa in der Industrie. In der Start-up-Szene kommt hinzu, dass es neue Unternehme­n sind, mit geringen finanziell­en Ressourcen.

Philippe Linster erklärt, dass Personal im Technologi­e-Bereich immer wichtiger wird und der Bedarf an guten Mitarbeite­rn steigt. Start-ups haben aber zunehmend Probleme, Tech-Mitarbeite­r einzustell­en. „Sie haben nicht die Mittel, wie beispielsw­eise große Unternehme­n oder der öffentlich­e Sektor“, erläutert der CEO. Dadurch fehlt es Start-ups dann an qualifizie­rtem Personal.

Die dritte Herausford­erung für Neugründer sei die Regulation, so Linster. Er betont, dass bestehende Richtlinie­n in Europa, die die Innovation eines Neuunterne­hmens bremsen, die Start-up-Szene einschränk­en würden.

Das habe zur Folge, dass neu gegründete Unternehme­n sich nicht mehr in Europa ansiedeln, sondern beispielsw­eise in den USA.

Zinssituat­ion belastet nicht nur die Start-ups

Hohe Kreditkost­en stellen ein Problem dar. Philippe Linster unterstrei­cht, dass die gestiegene­n Zinsen, die sich mittlerwei­le zwischen vier und fünf Prozent bewegen, den „Start-ups weh tun“. Auch bei den Investoren sitzt das Geld nicht mehr so locker.

Investoren sind zurückhalt­ender und legen strengere Kriterien an, bevor sie sich dazu entscheide­n, Geld in ein Start-up zu stecken. Sie überprüfen mehr als vorher, ob das Investiere­n auch rentabel für sie ist. Auch steigen die Sorgen, ob die Summen dann auch wieder zurückkomm­en oder ob 100 Prozent des investiert­en Geldes verlo

Es wird nicht mehr quer durch den Garten in eine Idee investiert. Die Risikokapi­talgeber sind da viel strenger geworden. Philippe Linster, CEO von House of Start-ups

ren gehen, weil ein Start-up sich nicht halten kann. Eine gute Start-up-Idee reicht nicht mehr aus. Start-ups müssen von Anfang an mit profitable­n Geschäftsm­odellen überzeugen.

Allerdings sei es nicht so, dass es nun generell weniger Investoren gebe, sagt Philippe Linster.

Geldgeber spielen für Start-ups eine wichtige Rolle, um das Unternehme­n aufbauen und vorantreib­en zu können. Es gebe zwar auch staatliche Beihilfen, aber „Start-ups, die nur von solchen Hilfen leben, gibt es in ein paar Jahren nicht mehr“,

erklärt Philippe Linster. Neugründun­gen definieren sich dadurch, dass sie schnell wachsen müssen und dafür seien Investitio­nen, egal ob von Unternehme­n oder Risikokapi­talfonds, essenziell.

Was der Branche noch fehlt

In den letzten zehn Jahren wurde ein breitgefäc­hertes „Start-up-Ecosystem“in Luxemburg aufgebaut. Philippe Linster betont, dass in immer mehr Start-ups in den vergangene­n Jahren große Summen investiert wurden und diese Neuunterne­hmen teilweise mehrere hundert Mitarbeite­r beschäftig­en. Dennoch fehlen Maßnahmen, um die Szene besser zu organisier­en und strukturie­rt Hilfe zu leisten.

Eine Initiative, die dazu in Luxemburg beitragen kann, sei ein „Tax Shelter“, wie Linster erklärt. „Wenn eine Privatpers­on in ein Start-up investiert, sind die Summen in sieben von zehn Fällen weg“, weil nicht jede Neugründun­g erfolgreic­h sein kann.

Ein solcher „Shelter“(Schutz) würde es Menschen ermögliche­n, die Start-ups finanziere­n, die aufgewende­te Summe von der privaten Steuer abzusetzen. Das hätte bei einem Misserfolg den Vorteil, dass nicht die gesamte Investitio­nssumme verloren wäre. Start-ups wären interessan­ter für private Geldgeber, die damit auch schneller bereit wären, in Neuunterne­hmen zu investiere­n. Nachbarlän­der wie Belgien, Frankreich oder Deutschlan­d haben diese Maßnahme schon etabliert.

Eine weitere Hilfe sei die Mitarbeite­rbeteiligu­ng, betont Philippe Linster: „Dieser ist genauso bedeutend und bietet eine perfekte Lösung für die Herausford­erung, die richtigen Mitarbeite­r zu finden“. Durch den „Employee Stock Option Plan (ESOP)“erhalten Teammitgli­eder Anteile am Unternehme­n und Aktien. Dadurch seien Bewerber motivierte­r, für ein Start-up zu arbeiten.

Droht das Ende?

„2023 war bei Weitem das beste Jahr, das die nationale Start-up-Szene je gesehen hat“, betont Philippe Linster. Es wurden mehr als 150 Millionen Euro an Risikokapi­tal für Start-ups beschafft. Somit ist für Linster die Antwort auf die Frage, ob die Szene in Luxemburg vor dem Ende steht, eindeutig: Nein.

Zukünftig wolle man neue Strategien entwickeln, um die Start-up-Szene in Luxemburg weiter voranzutre­iben, so HoST-Chef Linster.

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Mehr als 150 Start-ups finden im HoST Platz.
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Fotos: Christophe Olinger In Luxembourg gibt es mehr als 500 Start-ups. Davon werden etwa 175 im House of Start-ups betreut und unterstütz­t.

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