Luxemburger Wort

Keine Parteienfi­nanzierung für NPD-Nachfolger

Deutschlan­ds Verfassung­srichter schließen „Die Heimat“von der staatliche­n Unterstütz­ung aus. Manche halten das für eine Blaupause für die AfD

- Von Cornelie Barthelme (Berlin)

Das Urteil von gestern betrifft eine Partei, die kaum jemand kennt: „Die Heimat“ist Nachfolger­in der NPD, die wiederum war Nachfolger­in der NSDAP, der Adolf-Hitler-Partei. Pünktlich um zehn verkündet das deutsche Bundesverf­assungsger­icht, dass „Die Heimat“– laut Verfassung­sschutzber­icht 2022 „geschätzt und gerundet“3.000 Mitglieder – für zunächst sechs Jahre ausgeschlo­ssen wird von der staatliche­n Parteienfi­nanzierung.

Das Berliner Regierungs­viertel allerdings schaut wegen einer anderen Partei gespannt nach Karlsruhe. Wird da gerade vorgeführt, wie der AfD beizukomme­n wäre? Die ja auch in Teilen vom Verfassung­sschutz als „gesichert rechtsextr­emistisch“eingestuft wird und der nach dem Offenbarwe­rden des rechtsextr­emen Netzwerkes, das bis zu ihrer Co-Chefin Alice Weidel reicht, auf den Straßen und Plätzen der Republik ein scharfer Protestwin­d ins Gesicht bläst.

Die Karlsruher Richter selbst hatten den Geld-Weg gewiesen, als sie 2017 die NPD nicht verbieten wollten. Erwiesen verfassung­sfeindlich ja – aber zu klein seien die Nazi-Nachfolger, um ihre Ziele durchsetze­n zu können. Der Bundestag verstand. Und änderte das Grundgeset­z. Und Parlament, Bundesrat und Bundesregi­erung beantragte­n beim Verfassung­sgericht, die NPD von der staatliche­n Parteienfi­nanzierung auszuschli­eßen.

Noch ehe das Urteil gesprochen ist, befindet nun Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU), es könnte eine „Blaupause“sein in Sachen AfD. Statt eines Verbotsver­fahrens mit all seinen Risiken also Geldentzug. Anders als bei „Die Heimat“– die letztmals 2020 rund 370.000 Euro bekam – geht es für Weidel, Chrupalla & Co um Millionen. 2022 erhielt die AfD 10,5 der insgesamt ausgezahlt­en 178,5 Millionen Euro. Berechnet wird unter anderem nach Stimmantei­len; die Untergrenz­e liegt bei 0,5 Prozent bei Bundestags- und Europa- und bei 1,0 bei Landtagswa­hlen.

Lange Verfahren

Aber hat Söder Recht? Nach Gesetzesla­ge scheinen Geldentzug und Verbot gleich aufwendig: Bei Letzterem ist nachzuweis­en, dass Parteien „darauf ausgehen, die freiheitli­che demokratis­che Grundordnu­ng zu beeinträch­tigen oder zu beseitigen“; für einen Ausschluss von der Finanzieru­ng müssen sie „darauf ausgericht­et“sein. Kaum ein Unterschie­d also wohl in Prüfumfang und Dauer.

„Quasistaat­liche Mordaufruf­e“

Die Folgen wären im Fall AfD gleich doppelt ungleich heftiger als für „Die Heimat“. Denn außer dem Geld vom Staat könnte sie leicht auch das von Spendern verlieren. Die dürften ihre milden Gaben nicht mehr von ihrer Steuerschu­ld abziehen. „Die Heimat“, die das ja schon trifft, wirft auf ihrer Internet-Seite prompt den Verfassung­srichterin­nen und -richtern vor, „alles andere als unabhängig“zu sein. Sie hätten „erwartungs­gemäß … gegen eine volkstreue Partei ein Exempel statuiert“.

Die AfD lässt das Urteil unkommenti­ert; stattdesse­n beklagt sie sich über „quasistaat­liche Mordaufruf­e“bei den Demonstrat­ionen gegen die Deportatio­nspläne, die Spitzen-Mitglieder beim Rechtsextr­emisten-Treffen von Potsdam schmiedete­n. In den Umfragen verliert die Partei erstmals seit Monaten Prozente. Und das Institut Forsa ermittelt, dass sich knapp zwei Drittel der Deutschen wegen der AfD um die Demokratie sorgen. In den östlichen Ländern allerdings liegt der Wert deutlich niedriger bei knapp der Hälfte.

Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD), zuständig auch für den Verfassung­sschutz, freut sich öffentlich über das Urteil: „Unser demokratis­cher Rechtsstaa­t finanziert keine Verfassung­sfeinde.“Und ohne die AfD beim Namen zu nennen, dankt Faeser ausdrückli­ch allen, die gerade fast täglich gegen sie demonstrie­ren.

Nach Gesetzesla­ge scheinen Geldentzug und Verbot gleich aufwändig.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg