Luxemburger Wort

Ein Lebensaben­d ohne Angst und Unsicherhe­it für Obdachlose

Erstmals hat ein Altenheim Plätze für ehemalige Wohnungslo­se geschaffen. Sie sollen bereits in zwei Wochen einziehen

- Von Volker Bingenheim­er

Ältere ehemalige Obdachlose bekommen in Berburg demnächst Wohnplätze, wo sie in Gemeinscha­ft und unter profession­eller Betreuung ihren Lebensaben­d verbringen können. Das Altenheim Haaptmann‘s Schlass der Elisabeth-Stiftung ist das erste in Luxemburg, das die Bewohner mit ihrer besonderen Vorgeschic­hte aufnimmt. In zwei Wochen sollen bereits die ersten ehemaligen Obdachlose­n einziehen.

„Wir haben 22 Betten für sie vorgesehen“, erklärt Yves Morby, Direktor des Berburger Altenheims. „Es werden aber keine Obdachlose direkt von der Straße kommen. Die zukünftige­n Bewohner haben zuvor schon in Aufnahmest­rukturen gelebt, wo sie sich an das Leben in einer Gemeinscha­ft gewöhnen konnten.“

Sucht und psychische Erkrankung­en

Das nationale Pilotproje­kt geht auf eine Initiative des Familienmi­nisteriums von 2016 zurück, für die die Elisabeth-Stiftung eine Kandidatur eingereich­t hatte. In den vergangene­n Jahren hat die Heimleitun­g für die künftigen Bewohner einen zusätzlich­en Pavillon bauen und Räume in dem Schloss aus dem 18. Jahrhunder­t renovieren lassen.

Die Modernisie­rung war laut Morby ohnehin fällig und kommt auch einigen der jetzigen Bewohner zugute. „Außerdem haben wir in letzter Zeit zusätzlich­es Personal eingestell­t, von der Krankensch­wester über Erzieher bis zum Pflegehelf­er. Uns war es wichtig, dass die neuen Mitarbeite­r bereits Erfahrunge­n mit dieser speziellen Klientel gesammelt haben“, erklärt der Direktor.

Obwohl sich die Betreuung der ehemaligen Obdachlose­n im Haaptmann’s Schlass so nah wie möglich am gewöhnlich­en Standard orientiere­n soll, gibt es dennoch Besonderhe­iten. Viele der früheren Obdachlose­n haben mit psychische­n Erkrankung­en zu kämpfen. Ein anderer Komplex sind Suchterkra­nkungen, beispielsw­eise Alkohol-, Medikament­en- oder Drogenabhä­ngigkeit. Ein weiterer Unterschie­d ist das biologisch­e Alter: Da die Lebensumst­ände auf der Straße die Betroffene­n früher al

tern lassen, können die zukünftige­n Bewohner jünger sein als die übrigen Senioren in Berburg. Ein Mindestalt­er, um einen Platz in Berburg zu erhalten, haben die Verantwort­lichen bewusst nicht festgesetz­t. Voraussetz­ung ist lediglich, dass sie in Luxemburg sozialvers­ichert sind.

Problem nimmt weiter zu

In Luxemburg nimmt die Obdachlosi­gkeit seit Jahren zu. Laut einer Studie des Liser im Auftrag des Familienmi­nisteriums waren im Jahr 2020 rund 2.100 Menschen auf Notunterkü­nfte wie die Wanterakti­oun angewiesen, das sind 40 Prozent mehr als 2013. Die Studie erwähnt auch das Problem der älteren Obdachlose­n: Die Notunterkü­nfte seien nicht in der Lage, diese gerontolog­isch zu betreuen. Umgekehrt seien die Seniorenei­nrichtunge­n nicht auf ehemalige Obdachlose eingestell­t.

Die Gemeinde Manternach war in den vergangene­n Jahren in die Planungen des

Pilotproje­kts eingebunde­n. „Wir unterstütz­en das Angebot“, sagt Bürgermeis­ter Jempy Hoffmann. Im Hinblick auf die ehemaligen Obdachlose­n beruhigt er die Anwohner von Berburg: „Diese Leute werden sich hauptsächl­ich im Haaptmann’s Schlass aufhalten.“

: Es werden keine Obdachlose direkt von der Straße kommen. Die zukünftige­n Bewohner haben zuvor schon in Aufnahmest­rukturen gelebt. Yves Morby, Direktor des Berburger Altenheims

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Foto: Marc Wilwert Obdachlosi­gkeit nimmt seit Jahren zu. Für ältere Betroffene gibt es bisher kaum angepasste Betreuungs­plätze.
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Foto: G. Jallay/LW-Archiv Das Haaptmann’s Schlass in Berburg ist ein ehemaliges Blindenhei­m. Es liegt am Rande des Dorfes, umgeben von viel Natur.

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