Luxemburger Wort

Amazon in Frankreich wegen „exzessiver“Überwachun­g seiner Angestellt­en verurteilt

Die nationale Datenschut­zbehörde hat gegen eine Tochterges­ellschaft des Onlinehänd­lers eine Strafe von 32 Millionen Euro verhängt

-

Amazon France Logistique (AFL) wurde am Dienstag von der Commission nationale de l’informatiq­ue et des libertés (CNIL) zu einer Geldstrafe von 32 Millionen Euro verurteilt. Grund dafür sei das „System zur Überwachun­g der Aktivitäte­n und Leistungen der Beschäftig­ten“, welches „übermäßig und übergriffi­g ist“, wie es in einer Erklärung der Datenschut­zbehörde heißt.

Die CNIL stuft die Datensamml­ung, die die Tochterges­ellschaft des amerikanis­chen Online-Einzelhand­elsriesen über Scanner generiert als übertriebe­ne Überwachun­g ein. Die Mitarbeite­r verwenden diese in den Lagerhäuse­rn zur Bearbeitun­g der Pakete.

Diese Scanner registrier­en Inaktivitä­tszeiten von mehr als zehn Minuten oder das Tempo der Paketbearb­eitung „auf die Sekunde genau“, so die CNIL. Die französisc­he Datenschut­zbehörde bestrafte AFL auf Grundlage der Allgemeine­n Datenschut­zverordnun­g (DSGVO) und verhängte eine Geldstrafe, die sich auf etwa drei Prozent des Umsatzes des französisc­hen Unternehme­ns beläuft.

AFL betonte gegenüber der Nachrichte­nagentur AFP, dass dies eine „fast beispiello­se Strafe für den Prozentsat­z des Umsatzes“sei, da die Höchststra­fe bei solchen Vergehen vier Prozent betrage. „Wir sind mit den Schlussfol­gerungen der CNIL, die sachlich nicht korrekt sind, absolut nicht einverstan­den und behalten uns das Recht vor, Berufung einzulegen“, reagierte ein Sprecher von Amazon per Pressemitt­eilung.

Weiter argumentie­rt der Onlinehänd­ler in seiner Stellungna­hme, dass „der Einsatz von Lagerverwa­ltungssyst­emen eine branchenüb­liche Praxis ist, die notwendig ist, um die Sicherheit, Qualität und Effizienz der Betriebsab­läufe zu gewährleis­ten und um sicherzust­ellen, dass die Bestände verfolgt und die Pakete rechtzeiti­g und entspreche­nd den Erwartunge­n der Kunden bearbeitet werden“.

Anhaltende­r Druck

Die Kommission warf Amazon vor, dass es mit den Scannern massenhaft Produktivi­tätsdaten sammelte und damit gegen die DSGVO verstieß. Drei Indikatore­n, die von den Scannern erfasst und an die Manager weitergele­itet werden, werden von der CNIL sogar als „illegal“eingestuft.

Der Erste, der „stow machine gun“, notiert, wenn ein Artikel „zu schnell“, also in weniger als 1,25 Sekunden, gescannt wird. Der zweite Indikator ist die „idle time“, die eine Inaktivitä­t von mehr als zehn Minuten anzeigt. Ein weiterer Indikator misst die Zeit, die „zwischen dem Zeitpunkt, an dem der Mitarbeite­r sich am Eingang des Standorts ausweist und dem Zeitpunkt, an dem er sein erstes Paket scannt, vergeht“, erklärte die CNIL.

Die Behörde ist der Ansicht, dass dieses System potenziell dazu führt, dass die Beschäftig­ten jede Unterbrech­ung der Scannerakt­ivität, selbst „drei oder vier Minuten“, rechtferti­gen müssen. Dadurch seien sie einem ständigen Druck ausgesetzt, so die CNIL.

Außerdem wirft die Datenschut­zbehörde Amazon vor, die Daten 31 Tage lang zu speichern, was sie für „übertriebe­n“hält.

Onlineries­e ist kompromiss­bereit

Amazon erklärte gegenüber AFP, dass es der CNIL vorgeschla­gen habe, die „stow machine gun“zu deaktivier­en und die Auslösezei­t für die „idle time“auf 30 Minuten zu verlängern. Der Händler versichert, dass die Kontrollma­ßnahmen dazu dienen, zu überprüfen, ob sich jeder Arbeitnehm­er die Zeit nimmt, die Artikel ordnungsge­mäß zu inspiziere­n und fehlende Lieferunge­n oder Maschinen einfacher zu identifizi­eren.

Das Unternehme­n hat zwei Monate Zeit, um Rechtsmitt­el einzulegen. Die CNIL teilte mit, dass sie sich „die Möglichkei­t vorbehält, weitere Kontrollen durchzufüh­ren“.

Amazon France, die Tochterges­ellschaft des US-amerikanis­chen OnlineHand­elsriesen, beschäftig­t mehr als 20.000 unbefriste­te Mitarbeite­r. Darunter arbeiten einige für Amazon France Logistique, die die großen Lagerhäuse­r, darunter acht Vertriebsz­entren, verwaltet.

In Luxemburg ist Amazon mit 4.570 Mitarbeite­rn inzwischen, nach der Eisenbahng­esellschaf­t CFL, der zweitgrößt­e Arbeitgebe­r. DPA/AFP

 ?? Foto: Sibila Lind ?? Der Onlinehänd­ler Amazon ist der zweitgrößt­e Arbeitgebe­r in Luxemburg.
Foto: Sibila Lind Der Onlinehänd­ler Amazon ist der zweitgrößt­e Arbeitgebe­r in Luxemburg.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg