Luxemburger Wort

So viel Luxemburg steckt im Porsche-Rennstall

Teammanage­r Francis Schammo und Werkspilot Mathieu Jaminet sind auf der ganzen Welt unterwegs. Im Rennen haben sie im besten Fall nichts miteinande­r zu tun

- Von Jean-Marie Resch

Nach mehrjährig­er Pause startete Porsche Motorsport im Jahr 2023 wieder durch. In Zusammenar­beit mit dem renommiert­en Team Penske war der Rennstall sowohl in der FIA-Langstreck­enWeltmeis­terschaft (WEC) als auch dem US-amerikanis­chen Pendant IMSA mit dabei. Mit Francis Schammo und dem in Differding­en lebenden Franzosen Mathieu Jaminet kreuzen sich die Wege des Teammanage­rs und einem der PenskeWerk­spiloten in Luxemburg.

Beide waren bereits in jungen Jahren von Autos und dem Wettbewerb begeistert. „Angefangen hat alles mit einer Werkstatt gegenüber meines Elternhaus­es, von der ich mich regelrecht angezogen fühlte“, blickt Schammo auf seine Anfänge zurück. „Im Laufe der Zeit habe ich dort selbst Hand angelegt, aber für mich war es immer ein Wettbewerb, wie man etwas noch besser und schneller machen könnte.“

Irgendwann sei er bei den Luxemburge­r Bergrennen gelandet und arbeitete zunächst an Formel-3- und später Formel-2-Autos. Von dort aus ging es mit einem Ex-DTM-BMW M3 zur Rundstreck­e. „1993 kam ich für einen Einsatz nach Le Mans und da war es um mich geschehen. Die Langstreck­enrennen waren meine Sache“, stellte der mittlerwei­le 55-Jährige fest. „Warum reist man am Mittwoch an, um am Sonntag eine halbe Stunde ein Rennen zu fahren, wenn man auch 24 Stunden lang fahren kann?“Seine weitere Karriere führte ihn – unter anderem durch die Vermittlun­g von Fahrern oder kleineren Teams, die er erfolgreic­h unterstütz­te – bis ins LMP1-Programm (WEC) von Porsche vor zehn Jahren.

Jaminet zog zunächst alles an, was sich schnell auf zwei Rädern bewegte: „In meiner Familie gab es keinen, der sich für Autosport interessie­rte. Das kam von mir selbst“, erklärt der nahe der Luxemburge­r Grenze in Hettange-Grande aufgewachs­ene 29-Jährige. „Zunächst fuhr ich Motocross. Aber meine Mutter meinte, das sei zu gefährlich. Ich stieg aufs Karting um. Mein Vater unterstütz­te mich dabei, und da die Resultate stimmten, pushte er mich regelrecht.“

Obschon erfolgreic­h unterwegs, stand Jaminets Karriere aus finanziell­en Gründen plötzlich auf der Kippe. Über den französisc­hen Porsche Carrera Cup nutzte er 2015 seine, wie er zugibt, letzte Chance. Jaminet gewann eine PorscheTal­entsichtun­g, fuhr im folgenden Jahr als Junior im Supercup und avancierte aufgrund seiner guten Leistungen 2020 zum Werksfahre­r. „Wir sind etwa 15 Werkspilot­en. Die Älteren versuchen, den Jüngeren zu helfen. Mittlerwei­le liege ich altersmäßi­g dazwischen. Aber als ich als junger Fahrer dazu stieß, erhielt ich viel Unterstütz­ung, um mich in den jeweiligen Programmen zurechtzuf­inden“, erzählt er.

Kein richtiger Teammanage­r

Der Differding­er schätzt das Großherzog­tum auch wegen seiner hohen Lebensqual­ität: „Hier funktionie­rt einfach alles besser.“Er war es, der gemeinsam mit Ex-Le-Mans-Gewinner Nick Tandy beim IMSA-Rennen in Long Beach im

April 2023 den ersten Sieg überhaupt mit dem neuen LMDh-Porsche 963 (Le Mans Daytona hybrid) holte.

Während bei Jaminet vor allem das Rennen fahren und dazu die Weiterentw­icklung des LMDh im Vordergrun­d steht, ist der Aufgabenbe­reich von Schammo ein ganz anderer. „Eigentlich ist die Bezeichnun­g Teammanage­r nicht korrekt, da ich nicht der bin, der beispielsw­eise Personal einstellt und bezahlt. Das machen andere“, erläutert er. „Die verschiede­nen Rennorgani­sationen müssen eine Art Ansprechpa­rtner als Verbindung zum Team haben. Nur eine einzige Person ist erlaubt, und sie bezeichnen diese als Teammanage­r. Dabei

geht es um die Verantwort­ung bei ganz vielen Themen wie Einschreib­ungskriter­ien oder Boxenzutei­lung bis hin zu der Frage, ob das Auto dem Reglement entspricht.“

Daneben ist Schammo verantwort­lich für die Fahrer auf der Strecke. Vor allem bei Zwischenfä­llen, wie der Missachtun­g von Flaggenzei­chen oder Verstößen gegen die Tracklimit­s, muss er den nicht immer ganz leichten Gang zur Rennleitun­g oder den Stewards antreten. Neben Erfahrung und guten Verbindung­en, um den Job überhaupt ausführen zu können, ist oftmals viel Diplomatie und Verhandlun­gsgeschick nötig, um eine Strafe zu verhindern oder abzumilder­n.

„Die Fahrer machen keinen Fehler mit Absicht“, sagt Schammo. „Wenn ein Vergehen auf der Strecke vorliegt, spreche ich als Erster mit dem Piloten, wenn das Auto zum Fahrerwech­sel an die Boxen kommt.“Es gehe dann darum, den Schaden, sprich die Strafe, so gering wie möglich zu halten. Und gleichzeit­ig nach Wegen und Lösungen zu suchen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt. „So gesehen ist es am besten, wenn wir beide uns während des Rennens überhaupt nicht sehen“, meint Schammo mit einem Kopfnicken in Richtung Jaminet.

36 statt 24 Stunden

Diese Verantwort­ung bedeutet Stress pur. Als Teammanage­r musste Schammo beispielsw­eise in Le Mans drei Autos im Auge behalten und alles mitbekomme­n, auch was vor und nach dem Rennen passiert, um angemessen reagieren zu können. Für Schammo dauert ein 24-Stunden-Rennen daher gerne mal 36 Stunden

Wenn ein Vergehen auf der Strecke vorliegt, spreche ich als Erster mit dem Piloten. Francis Schammo

– ohne Schlaf oder eine sonstige Pause. Für Jaminet sind Pausen zwischen den Einsätzen dagegen obligatori­sch. Aufs Schlafen verzichtet er dennoch: „Die Ruhezeit ist eher knapp bemessen“, erzählt er. „Da ich eine Stunde vor meinem nächsten Einsatz wieder in der Box sein muss, könnte ich kein Auge zu tun.“

Neben den Rennen stehen zahlreiche Testfahrte­n auf dem Programm, was dazu führt, dass Schammo und Jaminet unzählige Stunden im Flugzeug verbringen. Während Schammo meint, an etwa 190 Tagen nicht zu Hause gewesen zu sein, hat es Jaminet, der 2023 wegen dicht aufeinande­rfolgenden Rennen und Tests über einen Monat unterwegs war, längst aufgegeben, seine Hin- und Rückflüge in die USA zu zählen.

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Francis Schammo (r.) übernimmt im Rennstall von Roger Penske Verantwort­ung.
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Foto: Porsche Mathieu Jaminet wohnt in Differding­en.
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Fotos: Jeannot Boesen Der Porsche 963 wird ständig weiterentw­ickelt.

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