„Charleroi hatte noch nie so eine große Torhüterin“
Der Trainer des belgischen Fußballclubs ist von Joy Jung begeistert. Auch FLF-Coach Dan Santos traut ihr den Durchbruch zu
Als das Angebot kam, musste Joy Jung nicht lange überlegen. Die 17-jährige FußballTorhüterin wusste schnell, dass sie diese Chance ergreifen würde. Die junge Luxemburgerin ist zum belgischen Erstligisten Sporting de Charleroi gewechselt. Der Verein bietet ihr vielversprechende Perspektiven. In den Weihnachtsferien zog sie um in die belgische Stadt – ein großer Schritt für die Schülerin.
„Mir war sofort klar, dass ich hierhin wechseln wollte“, sagt sie über ihre Entscheidung, die sie nach einem Probetraining traf: „Die zwei Tage haben mir so viel Spaß gemacht.“Jung verabschiedete sich in der Winterpause von ihrem deutschen Verein TuS Issel, bei dem sie eine Saison in der B-Juniorinnen-Bundesliga gespielt und eine halbe dem Team der Frauen-Regionalliga angehört hatte.
Sie ging in dem Wissen, dass sie es in Charleroi weit bringen kann, wenn sie sich bewährt. Denn die Initiative ging vom belgischen Verein aus. Trainer Lionel Vitrant hatte sich an den Luxemburger Nationalcoach Dan Santos gewandt, weil man eine groß gewachsene Torhüterin suchte. Die Kontakte zwischen Charleroi und dem FLFCoach bestanden seit Spielen gegen die Luxemburger U17 und U19.
„Charleroi hatte noch nie so eine große Torhüterin. Das ist ein Vorteil. Man muss sehen, wie sich Joy weiterentwickelt. Aber unserer Meinung nach hat sie die Chance, die Nummer eins zu werden“, sagt Vitrant. Jung misst 1,82 m. „Für eine Torhüterin im Frauenfußball ist das wirklich groß. Außerdem hat sie Qualität. Joy hat alles, um sich in Charleroi durchzusetzen“, erklärt Santos.
Keine Spielberechtigung
Jung ist bereits die fünfte FLF-Spielerin, die in Belgien engagiert ist. Laura Miller hat mit Standard Liège den belgischen Pokal gewonnen. Caroline Jorge, Ana Barbosa und Rachel Kirps sind ebenfalls bei Standard unter Vertrag. Insgesamt
spielen mittlerweile über ein Dutzend Luxemburgerinnen bei ausländischen Vereinen.
Jung hat in Charleroi einen Vertrag bis zum Ende der nächsten Saison. Mit zwei Mitspielerinnen teilt sie sich eine Wohnung des Vereins. Und sie geht auf eine belgische Schule, was auch eine Herausforderung ist. „Ich wusste zwar einiges vom Unterrichtsstoff schon aus Luxemburg. Trotzdem ist es schwer für mich, mich in ein neues System zu integrieren“, erzählt sie.
Die sportliche Integration war zunächst einfacher. Jung stand in der Vorbereitung bei einem Testspiel gegen den französischen Club Lens im Tor. Der Trainer war zufrieden mit ihr. Doch in der Super League, die am zweiten Januar-Wochenende startete, durfte sie bisher noch nicht auflaufen. Nicht aus sportlichen Gründen, sondern wegen einer Formalität.
Jung fehlt eine Wohnbescheinigung der Stadt, die alle neu Zugezogenen brauchen. Bei Minderjährigen wird dieses offizielle Papier auch vom Fußballverband geprüft, wie es heißt. Zunächst muss die Polizei kontrollieren, ob die Jugendliche auch wirklich in Charleroi wohnt. Das ist bislang noch nicht geschehen. „Ich kann nur abwarten“, so die 17-Jährige. Beim Verein hat man Geduld, wie Vitrant versichert: „Das ist eine normale Prozedur.“
Trotz ihres Größen-Vorteils hat die Luxemburgerin beim Tabellenachten der Super League mehrere Konkurrentinnen. Zwei weitere Torfrauen stehen im Kader der Erstliga-Mannschaft, zwei im Nationale-Team des Vereins. Jung hat kein Problem mit dem Konkurrenzkampf. Im Gegenteil. „Mir macht er Spaß. Er motiviert mich, immer noch mehr zu arbeiten. Denn ich weiß, dass es mich stärker macht, wenn ich Konkurrenz habe“, sagt sie.
Konkurrenz ist sie aus dem FLF-Training gewohnt. Lucie Schlimé, die seit dieser Saison bei First Vienna in Österreich spielt, ist die Nummer eins der A-Auswahl. Jung und die beim SC Freiburg (D) engagierte Emma Goetz sind zwei der Herausforderinnen. „Sie können auch noch in der U19 Spielpraxis sammeln“, so Santos. Céline Töpler (Entente Differdingen), Sonia Alfieri und Sheila Hoja (beide Mamer) sind ebenfalls im FLF-Training.
Für einen Teenager hat Jung viel internationale Erfahrung. Mit der U17-Auswahl bestritt sie vier Qualifikations-Kampagnen, in der aktuellen Saison stand sie im Aufgebot der A-Auswahl für die Nations League. Sie hat auch viel dafür getan. Anders als jetzt in Charleroi, wo sie das Trainingsgelände in der Nähe der Wohnung hat, hat die aus Surré bei Wiltz stammende Jung für den Fußball weite Wege in Kauf genommen: Etwa zu ihren früheren Vereinen Racing und Issel (nahe Trier) oder zum FLF-Training nach Monnerich. Das war es ihr wert, denn Fußball spielt in ihrem Leben eine große Rolle, wie sie erzählt: „Von klein auf war Fußball mein Sport. Wenn ich kein Training habe und kein Spiel am Wochenende, dann fehlt mir etwas.“
Joy hat alles, um sich in Charleroi durchzusetzen. Dan Santos, Nationaltrainer