Opposition sieht bei Bettelverbot akuten Klärungsbedarf
Luxemburg. In der Debatte um das umstrittene Bettelverbot in der Stadt Luxemburg machen die vier Oppositionsparteien LSAP, Déi Gréng, Déi Lénk und Piraten weiter Druck auf die politisch Verantwortlichen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch warfen sie der Regierung und der Stadt Luxemburg vor, die Rechtsstaatlichkeit zu missachten und geltende Rechtsprechung nicht zu respektieren. Das sei Wind in den Segeln rechter Kräfte, sagte LSAP-Fraktionschefin Taina Bofferding.
Die Opposition vertritt die Ansicht von Staatsanwalt Georges Oswald und anderen Experten, wonach das Bettelverbot 2008 abgeschafft worden und Artikel 42 der hauptstädtischen Polizeiverordnung somit rechtswidrig ist. Mehrere Gerichtsurteile in zweiter Instanz bestätigen die Aufhebung des Verbots. Und an diese Rechtsprechung müsse die Politik sich halten, so der Tenor der Oppositionsvertreter.
Sie fordern, dass das Verbot aus der Polizeiverordnung gestrichen oder aber eine klare gesetzliche Basis geschaffen wird, damit die Sache ein für alle Mal geklärt ist. Wobei die vier Oppositionsparteien überzeugt sind, „dass eine Wiederherstellung des Bettelverbots im Strafgesetzbuch am Veto des Staatsrats scheitern würde“, so Marc Baum (Déi Lénk).
Hauptstadtbürgermeisterin Lydie Polfer (DP) und Innenminister Léon Gloden (CSV) vertreten weiter die These, dass das einfache Betteln nach wie vor im Strafgesetzbuch verankert sei. „Die konträren Meinungen zur Gesetzeslage verlangen nach Handeln“, meinte Paulette Lenert (LSAP). „Wenn die Regierung der Meinung ist, dass das Betteln verboten sein soll, dann soll sie das gesetzlich regeln, statt – wie jetzt – die Justiz zu umgehen.“
Ruf nach Machtwort von Luc Frieden
Um der Polemik ein Ende zu setzen, fordern die vier Parteien Premierminister Luc Frieden (CSV) auf, Position zu beziehen und die Demokratie zu schützen, „dass er sich vor unsere Justizautoritäten stellt und nicht zulässt, dass richterliche Entscheidungen infrage gestellt werden“, so die frühere Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng).
Marc Goergen (Piraten) kritisierte, dass trotz Personalmangels Polizeibeamte aus anderen Gemeinden abgezogen würden, „um in der Hauptstadt Menschen nachzulaufen, die mit einem Becher auf der Straße sitzen. Es ist ein ganz bedenklicher Weg, den die Regierung hier eingeschlagen hat“.
Marc Baum (Déi Lénk) erinnerte daran, „dass das Bettelverbot weder im Koalitionsabkommen noch in einem Wahlprogramm stand“. Angesichts der Weigerung der Regierung, ihren Fehler einzugestehen, vertrat er die Meinung, „dass wir eine institutionelle Krise haben, die von Tag zu Tag schlimmer wird“. Die Regierung fahre einen Angriff auf die Rechtsstaatlichkeit und einen Angriff „auf radikal Arme, die nicht die Mittel haben, sich zu wehren“. Beides zusammen sei für eine Gesellschaft sehr gefährlich. mig