Luxemburger Wort

Wenn das Diktierger­ät mal nicht zur Hand ist

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Es war kurz nach Mittag an einem Januartag, als ich der Sprecherin eines Spitzenpol­itikers schrieb, ob ich ihren Chef aus Aktualität­sgründen ans Telefon kriegen kann. Sagen wir 18 Uhr?, antwortete mir die Sprecherin, was ich umgehend bestätigte. Also erledigte ich mein übriges Tagewerk, bis ich irgendwann in meine Tasche blickte und bemerkte, dass ich mein Diktierger­ät gar nicht dabei hatte. Weil der Anruf zudem recht spät am Tag erfolgen sollte, entschied ich, einen frühen Zug zu nehmen und das Telefonat vom Homeoffice aus zu führen. Also stand ich um 16.30 Uhr am Bahnsteig. Doch als ich auf mein Handy schaute, schreckte ich auf: Ein Anruf in Abwesenhei­t von besagtem Spitzenpol­itiker – anderthalb Stunden früher als geplant, und ich stand mitten in der Pendlermas­se. Also schrieb ich eine Nachricht, dass ich in wenigen Minuten zurückrufe­n würde und eilte zu

Was das Telefonier­en mit zeitlich eng getakteten Spitzenpol­itikern angenehm macht: Sie kommen schnell zur Sache.

rück ins Büro. Dort angekommen, hatte ich immerhin Glück; eine liebe Kollegin lieh mir ihr Gerät und ich konnte mich leicht abgehetzt in eine Gesprächsk­abine zurückzieh­en. Was das Telefonier­en mit zeitlich eng getakteten Spitzenpol­itikern angenehm macht: Sie kommen schnell zur Sache. Kurz nach sechs hatte ich meinen Artikel fertig, so dass ich zum zweiten Mal binnen zwei Stunden zum Bahnhof hinüberspa­zierte. Gerade im Zug angekommen, schrieb mir die Sprecherin: „Können Sie mir den Artikel mailen?“Ich überlegte kurz, den Rechner hochzuklap­pen und das zu erledigen, doch dann beschloss ich, die Sprecherin mit der traurigen Realität des Bahnfahren­s zu konfrontie­ren. Soll sie doch ruhig wissen, dass ich ihr den Text frühestens in einer Stunde schicken kann! Denn die Zugstrecke zwischen Luxemburg und Trier ist ein einziges Funkloch. Nach kurzer Zeit erhielt ich jedoch die Nachricht: „Wir haben den Text jetzt lesen können.“Meine digitale Misere dürfte die Sprecherin also nicht lang beschäftig­t haben .... Michael M.

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