„Ein Gastronom ist Psychologe, Küchenchef, Önologe und Buchhalter“
Marc Berg hat das Restaurant Um Dierfgen im Jahr 2000 übernommen. Die Gaststätte in der Côte d’Eich bedient Kunden seit über 55 Jahren
Die Meldungen über Gaststätten in der Hauptstadt, die schließen, reißen seit Monaten nicht ab. Ein Lokal hat bisher alle schwierigen Zeiten überstanden: das Restaurant Um Dierfgen in der Côte d’Eich, das seit 1968 besteht.
„Es ist jeden Tag eine Herausforderung und man muss sich immer wieder neu hinterfragen“, sagt Marc Berg, der Betreiber des Restaurants. Der 53-Jährige hat das „Dierfgen“im Jahr 2000 übernommen. „Meine Tante, Frau Fugger, hat das Restaurant geführt. Mit ihr habe ich mich immer gut verstanden. Von 1993 an habe ich dann mit ihr zusammen den Betrieb geführt, bis sie im Jahr 2000 in Rente ging und ich das Lokal übernahm“, erzählt Marc Berg, der durchaus einen anderen Beruf hätte wählen können. Denn sein Vater führte die Metzgerei Berg-Koenig in der Groussgaass 5, nur wenige Meter vom „Dierfgen“entfernt. Die Metzgerei schloss im November 2015 nach 130 Jahren.
„Ich wollte schon immer Gastronom werden, das ist mein Beruf, meine Leidenschaft. Metzger war nie mein Beruf“, erklärt er seine Wahl. Der Erfolg gibt ihm recht. Anfangs war das Restaurant vor allem für seine Pferdesteaks bekannt. Es folgten traditionelle, einheimische Gerichte wie Träipen, Judd mat Gaardebounen und vieles mehr. So wurde ein Kundenstamm aufgebaut. „Die Leute kommen von überall her, weil es hier noch typische lokale Gerichte gibt“, sagt Yves Schmit, der seit 2019 Teilhaber ist.
Doch nicht nur die lokale Kundschaft ist regelmäßig zu Gast. „Es kommen viele Touristen zu uns, vor allem aus Asien. Diese zeigen uns dann auf ihrem Handy ein Foto von dem Gericht, das sie essen möchten“, sagt Marc Berg. Im Vordergrund steht immer eine Vorgabe: „Wir wollen eine familiäre Atmosphäre schaffen.“
Die schwierige Suche nach Kunden
Das Café-Restaurant Um Dierfgen hat jeden Tag geöffnet, auch das ist in der Hauptstadt nicht mehr oft der Fall. „Einfacher wäre es, an einem oder mehreren Tagen zu schließen. Dann könnten wir beim Personal sparen. Aber das wollen wir nicht.“
Die Lage ist sicherlich ein Vorteil für das Dierfgen. „Wir haben viel Laufkundschaft“, sagt Marc Berg, weiß aber auch: „Es hat sich viel verändert. Früher gab es zum Beispiel noch das Gerichtsgebäude und im Nachbarhaus eine Apotheke. Die sind verschwunden. Außerdem gibt es zum Beispiel nur noch eine Metzgerei in der Oberstadt – das ist eine Katastrophe. Die Hauptstadt ist nicht mehr so attraktiv wie früher. Es leben nicht mehr so viele Menschen in der Innenstadt. Trotzdem versuchen wir alles, um Kunden anzuziehen.“
Das Gastronomen-Duo gibt aber auch zu: „Manchmal gibt es Existenzängste. Wir müssen uns immer wieder anpassen und dürfen nicht bei einer Idee stehenbleiben.“Dazu gehört auch, dass das fleischlastige Restaurant ebenfalls vegetarische Gerichte anbietet.
Standort und Qualität müssen stimmen
Immer wieder war in den vergangenen Monaten zu hören, dass es schwierig sei, gutes Personal zu finden. Berg und Schmit wissen, was sie an ihrer 15-köpfigen Truppe haben: „Das Team ist wie eine Familie.
Da kann man auch mal ein gutes Wort einlegen. Manche unserer Mitarbeiter sind schon seit 40 Jahren bei uns.“
Auch der Beruf des Gastronomen hat sich gewandelt – und beschränkt sich nicht nur auf das Führen eines Restaurants. „Ein Gastronom ist Psychologe, Küchenchef, Önologe und Buchhalter. Aber es ist meine Berufung, es geht nicht ums Geld“, sagt Marc Berg. Deshalb tut es ihm in der Seele weh, wenn er die vielen Schließungen sieht. „Früher gab es viele Restaurants mit traditioneller Küche in der Hauptstadt, dies ist nun nicht mehr der Fall. Generell wünsche ich mir wieder mehr Restaurants in der Oberstadt. Der Kuchen wird größer, nicht kleiner. Und wer das beste Angebot hat, bekommt das größte Stück vom Kuchen.“
Auf die Frage, ob er sich vorstellen könnte, ein weiteres Lokal zu eröffnen, hat Marc Berg eine klare Antwort: „Ich kann mir nicht vorstellen, die Hauptstadt zu verlassen. Ich ziehe es vor, einen Standort so gut wie möglich zu bedienen. Ich sehe auch bei größeren Konzernen, dass Standorte geschlossen werden. Die Personalsuche gestaltet sich schwierig.“
Marc Berg und Yves Schmit setzen auch in den kommenden Jahren auf zwei Grundlagen: „Wenn der Standort gut ist und die Qualität stimmt, dann kommen auch die Kunden.“
Die Hauptstadt ist nicht mehr so attraktiv wie früher. Marc Berg, Betreiber Um Dierfgen