Staatsrat wäscht Regierung zum Bettelverbot den Kopf
Beim Neujahrsempfang findet Präsident Christophe Schiltz deutliche Worte
Das dürfte unter anderem Generalstaatsanwältin Martine Solovieff gut gefallen haben. „Es ist unerlässlich, dass der Staatsrat, aber auch andere Akteure im Land, die Rechtsnormen, die auf der Verfassung basieren und von den Gerichten interpretiert werden, respektieren.“Nur so könne man dazu beitragen, dass die Rechte von jedem Einzelnen und vor allem von den Schwächsten geschützt werden.
Der Präsident des Staatsrats, Christophe Schiltz (LSAP), richtete zum Schluss seiner Begrüßungsrede am Mittwochabend diskret, aber deutlich mahnende Worte an die Regierung. Das Bettelverbot nannte er nicht explizit – der Elefant stand aber im Raum. Solovieff bekräftigte derweil am Donnerstagmorgen auf Radio 100,7, dass die Staatsanwaltschaft dabei bleibt: Es gebe keine legale Basis für ein Verbot der einfachen Bettelei. Die Jurisprudenz sei klar.
Rekordzahl an Gutachten, Kritik an Qualität der Gesetze
Die Exekutive war beim ersten Neujahrsempfang des Staatsrats nach der Pandemie mit Premierminister Luc Frieden (CSV), Finanzminister Gilles Roth (CSV), Hochschul- und Forschungsministerin Stéphanie Obertin (DP) sowie Sozial- und Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) – bis vor Kurzem selber Staatsrätin – gut vertreten. Neben Vertretern des Parlaments, wie Chamberpräsident Claude Wiseler (CSV), der Justiz, der Verwaltungen, der Diplomatie sowie der EUund anderer Institutionen.
Schiltz fuhr fort: „Nur wenn wir unsere Werte und unsere Rechtsprinzipien hochhalten, können wir den Zusammenhalt von unserer Gesellschaft garantieren. Nur durch den gegenseitigen Respekt der Institutionen und den gemeinsamen Respekt von den oft auch berechtigten Stimmen aus der Zivilgesellschaft, können wir unsere Demokratie und unsere Gesellschaft stärken.“Der Staatsratspräsident ging auch auf die Kritik ein, dass die Hohe Körperschaft das Gesetzgebungsverfahren zu oft verschleppe. Mit 2.224 Gutachten war die vergangene Legislaturperiode so arbeitsreich wie nie zuvor. Man sei aber nicht nur mit vielen Texten befasst gewesen, sondern deren Qualität lasse durch einen Mangel an guter Vorbereitung oft zu wünschen übrig. „Wir müssen uns die nötige Zeit geben, um im Detail und aller Seriosität Gesetzestexte zu verfassen. Spätestens die Rechtsprechung straft es sonst ab, wenn sie nicht mit der nötigen Sorgfalt ausgearbeitet wurden.“
Schiltz muss im April sein Mandat als Präsident abgeben, bleibt dem Staatsrat aber als Mitglied erhalten. Eigentlich sollte ihm Martine Deprez nachfolgen. Durch ihren Wechsel in die Regierung und den Wechsel von Laurent Zeimet (CSV) in die Chamber werden nun zwei Sitze im Staatsrat frei. Die Profile dafür wurden mittlerweile erstellt. Das Mandat von Zeimet darf der Staatsrat selber turnusgemäß besetzen. Es wird ausgeschrieben, fällt nach dem Parteiproporz aber an die ADR. Neuer Präsident dürfte der Anwalt Marc Thewes (CSV) werden – nach dem Abgang von Deprez dienstältester CSV-Staatsrat.