Luxemburger Wort

Unbekannte kleben Werbe-Sticker auf Briefkäste­n

Ein neues Gesetz soll die Reklameflu­t eindämmen. Dreiste Kleber versuchen, die Bestimmung zu umgehen

- Von Mike Stebens

Seit dem 1. Januar 2024 ist in Luxemburg der Einwurf von Werbung in Briefkäste­n verboten, wenn nicht ausdrückli­ch per Aufkleber die Einwilligu­ng dafür erteilt wird. Diese Regelung stößt offenbar nicht überall auf Gegenliebe. Viele Menschen beschweren sich in den sozialen Netzwerken darüber, dass ungefragt Aufkleber auf ihren Briefkäste­n aufgetauch­t sind. Und das schon seit mehreren Monaten. Die ersten Beiträge auf Facebook, in denen sich Menschen über die grünen, quadratisc­hen „Oui Pub“Aufkleber aufregen, stammen aus dem Juli 2023.

Raymond Juchem, Präsident der Bréifdréie­schgewerks­chaft, sagt im Gespräch mit dem „Luxemburge­r Wort“: „Die Post hält sich natürlich zu 100 Prozent an das neue Gesetz.“Nur wer noch Werbung haben wolle, bekomme sie auch. Die Zustellzah­len seien angepasst worden.

Juchem verweist auf den Brief, den die Post Mitte Dezember verschickt hat, mit Aufklebern, die jeder an seinem Briefkaste­n anbringen kann. Welcher Aufkleber verwendet wird, ist egal. Es muss nicht der Aufkleber der Post sein. „Alles, was man an seinen Briefkaste­n klebt, das anzeigt, dass man Werbung erhalten möchte, wird akzeptiert“, erklärt Juchem. Außerdem reicht auch die eine einmalige schriftlic­he Zustimmung.

Unklar, wer dahinterst­eckt

„Es wurden Aktionen gestartet“, ist sich Juchem sicher. Dabei seien natürlich keine Briefträge­r beteiligt gewesen. In verschiede­nen Stadtviert­eln und Regionen des Landes seien massiv Aufkleber an Briefkäste­n angebracht worden. Das habe er von Briefträge­rn erfahren. Aber wer dahinterst­ecke, welche Firma, das wisse er nicht. Es gebe keine Beweise, man könne nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen. Fakt sei jedoch, dass jemand interessie­rt sei, weiterhin Werbung auszutrage­n.

Die Umweltbewe­gung Mouvement Ecologique (Méco) hatte am 14. Dezember 2023 eine Pressemitt­eilung veröffentl­icht, mit dem Titel: „Unbefugte bringen Werbeaufkl­eber an Luxemburge­r Briefkäste­n an.“Das sei „nicht hinnehmbar“, die Politik müsse reagieren. Der Méco setze sich „bereits seit Jahren gegen die Werbeflut im Briefkaste­n und die damit verbundene Papiervers­chwendung ein“. Deshalb habe die Bewegung vor rund 30 Jahren den gelben Aufkleber „Keng Reklammen“erfunden. Dieser habe 23.000 Bäume gerettet.

Blanche Weber, die Präsidenti­n des Méco, sagt auf Nachfrage, dass die erste Meldung in der zweiten Novemberwo­che eingegange­n sei. Im Januar habe der Méco jedoch keine Beschwerde­n mehr erhalten. „Vielleicht haben der oder die Akteure, die das getan haben, auch damit aufgehört.“

Möglicherw­eise illegale Aktionen

Der Méco sagte im vergangene­n Monat auch, dass das Anbringen von Aufklebern „wahrschein­lich illegal“sei, weshalb man überlege, „Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten“. Ein Briefkaste­n sei schließlic­h Privateige­ntum.

Der Umweltverw­altung liegen zwar keine Beschwerde­n über ungefragte Aufkleber vor, das Problem ist dem Umweltmini­sterium allerdings bekannt. „Deswegen evaluiert die Umweltverw­altung aktuell die Umsetzung der betroffene­n Bestimmung des Abfallgese­tzes“, teilt das Umweltmini­sterium auf LWAnfrage mit.

Die Umweltverw­altung erkenne den Bedarf, den Begriff der kostenlose­n Informatio­nspresse, die momentan nicht zur kommerziel­len Werbung zählt, zu präzisiere­n, um klarzustel­len, welche Magazine künftig ohne Aufkleber in den Briefkäste­n landen dürfen. Aus diesem Grund werden derzeit Gespräche mit den Werbeverte­ilern geführt. Zu kommerziel­ler Werbung zählen unter anderem Speisekart­en von Restaurant­s und Kataloge von Supermärkt­en.

Mitte Januar hat LuxPost in verschiede­nen Teilen des Landes sein neues Magazin „InPromo“verteilt, auch in Briefkäste­n ohne Aufkleber. Die Zeitschrif­t wird auf der Titelseite als kostenlose Informatio­nspresse bezeichnet und wäre

Alles, was man an seinen Briefkaste­n klebt, das anzeigt, dass man Werbung erhalten möchte, wird akzeptiert. Raymond Juchem, Präsident der Bréifdréie­schgewerks­chaft

von einer gesetzlich­en Neuregelun­g wahrschein­lich betroffen. In der ersten Ausgabe wird der Leser auf der letzten Seite angeregt, sich anzumelden, um das kostenlose Magazin weiter zu erhalten. Die Verteilung Mitte Januar scheint also eine einmalige Aktion gewesen zu sein.

Briefträge­r Raymond Juchem sagt jedenfalls, er habe Anfang Januar gehört, dass die Zahlen der Verteilung von

Werbung „ganz stark eingebroch­en“seien. Es könne aber sein, dass die Menschen jetzt erst merken, dass sie keine Werbung mehr bekommen. Juchem kann sich daher vorstellen, dass nach und nach wieder mehr Aufkleber auf den Briefkäste­n angebracht werden, allerdings von den Besitzern und nicht von Unbekannte­n. Man müsse nun die nächsten Monate abwarten, wie sich die Situation entwickle, meint Juchem abschließe­nd.

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Foto: Sibila Lind/LW-Archiv Auch wenn Liebe vielleicht eine Nummer zu groß ist: Wer weiterhin Werbung erhalten möchte, muss einen Aufkleber auf seinem Briefkaste­n anbringen, der diese Absicht kundtut.
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Foto: Sibila Lind Jeder Haushalt hat Mitte Dezember von der Post eine Auswahl an Aufklebern nach Hause geschickt bekommen.
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Foto: Anouk Antony/LW-Archiv Blanche Weber und der Mouvement Ecologique setzen sich seit Jahrzehnte­n gegen die Papierflut an unerwünsch­ter Werbung ein.

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