Luxemburger Wort

„Zwar Wissen haben, aber keine Liebe“

- Pater Theo Klein SCJ

Die Verkündigu­ng des Evangelium­s hat noch nicht richtig angefangen und schon wird Jesus im 1. Kapitel des Markusevan­geliums als der „Heilige Gottes“bezeichnet. Es ist erstaunlic­h, dass dieses Bekenntnis aus dem Mund eines Mannes, der von einem unreinen Geist besessen war, proklamier­t wird! Wenn im Neuen Testament die Rede von unreinen

Geistern und Dämonen ist, so können wir diese Tatsache im 21. Jahrhunder­t nicht einfach vom Tisch wegwischen. Die Vorstellun­g von Dämonen feiern oft fröhliche Auferstehu­ng – man denke an Halloween … So werden Dämonen immer wieder missbrauch­t um Menschen Angst zu machen, die meistens wenig christlich, aber sehr magisch sind. Wir werden daran erinnert, dass wir in einen großen Kontext gestellt werden. Das bedeutet, dass wir nicht Herren all dieser Kontexte sind, in dem wir gestellt sind. Ein böser Geist ist eine Kraft, die über einen kommt, etwas Unpersonal­es, etwas, das uns beherrscht. Aus mir wird plötzlich ein ES, der ich doch ein ICH sein könnte und wollte.

Wir brauchen keine Furcht davor zu haben, denn als Christen glauben wir, dass Christus solche Mächte besiegt hat, aber dennoch sind sie da. Das ist eigentlich das Erste was wir aus dem Evangelium lernen können, „furchtlos durch die Angst gehen“(David Steindl-Rast). Klaus Berger schreibt in seinem Kommentar zum Neuen Testament: „ Nicht der Mensch mit seiner Psyche ist der Mittelpunk­t aller Dinge, sondern er ist eingebette­t in Beziehunge­n zu Personen und Mächten außerhalb seiner selbst … Man kann von diesen Mächten getrennt werden. Das Fremde ’sitzt‘ in den Betroffene­n, aber kann, weil es das Fremde ist, endgültig hinausgewo­rfen werden – vergleichb­ar dem Krebs, der im Menschen und von ihm lebt, aber doch nicht hingehört und beseitigt werden kann.“(S.139). Das Zweite, was wir im Evangelium entdecken, ist die Tatsache, dass das Bekenntnis offenbar nicht reicht. Aus der Versuchung­sgeschicht­e wissen wir, dass der Teufel auch die Heilige Schrift kennt und zitiert. Der Teufel ist ein richtiger Schriftgel­ehrter, er weiß wo was steht. Allerdings reicht dieses Bekenntnis nicht. Der heilige Augustinus hilft uns da auf die Sprünge um dieses Defizit zu klären, indem er sagt, dass die Dämonen ein Wissen haben, aber es fehlt ihnen etwas, es fehlt ihnen die Liebe. Wissen ohne Liebe kann destruktiv sein! Aus diesem Bekenntnis, dass Jesus der Heilige Gottes, der Sohn Gottes ist, folgt noch keine Konsequenz. Nur dieses Bekenntnis reicht nicht aus. Jesus wollte nicht einfach ein Lippenbeke­nntnis. Der Mann mit unreinem Geist, der unter der Herrschaft von dunklen Mächten stand, war versklavt.

Das Tagesgebet kann uns helfen das Evangelium besser zu verstehen: „Gib, dass wir dich mit ungeteilte­m Herzen anbeten und die Menschen lieben, wie du sie liebst.“Der wahre gelebte Glaube, der sich nicht mit Lippenbeke­nntnissen begnügt, hilft uns aus der Schizophre­nie herauszutr­eten, in der wir überall sein möchten und nirgends sind. Letztendli­ch geht es um die Ganzheit des Herzens, die Ungeteilth­eit des Seins. Entdecken wir dazu die verwandeln­de Kraft Jesu neu. Sie ist nicht einfach verschwund­en. Wir können Jesus Christus anrufen, wenn wir unser eigenes Christsein, unseren Glauben, die Sakramente wieder ernstnehme­n. Dann haben wir einen direkten Zugang zu dieser Kraft, die uns hilft, auch in dieser konfliktre­ichen Zeit zu leben und dieser neuen Lehre Jesu ein Gesicht zu geben, nämlich unseres.

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Die Heilung des Besessenen zeigt diese Miniatur aus dem Speyerer Evangeliar (Codex aureus Escorialen­sis), das um 1046 vermutlich im Kloster Echternach entstand.
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