Luxemburger Wort

Wie ein Luxemburge­r Unternehme­n die Grundlagen für den KI-Goldrausch legt

Während Firmen wie Open-AI im Rampenlich­t stehen, arbeiten die weltweit 600 Mitarbeite­r von Gcore aus Contern im Maschinenr­aum der Technologi­erevolutio­n

- Von Thomas Klein

Dass Künstliche Intelligen­z (KI) eine Revolution für unser Wirtschaft­sleben darstellen wird, ist wohl den meisten Menschen klar sein, seit sie zum ersten Mal mit ChatGPT herumexper­imentiert haben. Die Technologi­e dürfte die Arbeitswei­se in nahezu allen Branchen – vom Finanzsekt­or über die Medizin bis hin zur Industrie – auf den Kopf stellen. Eine in der vergangene­n Woche erschienen­e Studie des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) kam zu dem Ergebnis, dass sich die Tätigkeit von 40 Prozent der Arbeitnehm­er weltweit durch KI verändert, in entwickelt­en Volkswirts­chaften wie Luxemburg sind es sogar 60 Prozent.

Im vergangene­n Jahr mutmaßte die Investment­bank Goldman Sachs, dass die globale Wirtschaft durch generative KI, also Programme wie ChatGTP, die eigenständ­ig Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos produziere­n, innerhalb der nächsten zehn Jahre um zusätzlich­e sieben Prozent oder fast sieben Billionen US-Dollar wächst. Entspreche­nd suchen zahlreiche Unternehme­n gerade frenetisch nach Anwendungs­möglichkei­ten für die neue Technologi­e.

„Wenn es einen Goldrausch gibt, werden die Leute gewinnen, die Schaufeln verkaufen. Wir sind im Schaufelge­schäft“, sagt Andre Reitenbach, Geschäftsf­ührer und einer der Gründer von Gcore, das seinen Sitz in Contern hat. Mit den „Schaufeln“meint der Unternehme­r die Server und Netzwerke seiner Firma, über die die KI-Programme laufen. Ohne diese Werkzeuge könnten Start-ups wie

OpenAI oder die europäisch­en Konkurrent­en Mistral und Aleph Alpha sowie deren Nutzer nicht nach den digitalen Goldnugget­s graben.

Erster Fokus auf die Gaming-Branche

Gcore verlagerte 2015 seinen Geschäftss­itz von Österreich nach Luxemburg, wo es derzeit etwa 50 Mitarbeite­r beschäftig­t. Weltweit arbeiten fast 600 Menschen in zwölf Büros für das Luxemburge­r Unternehme­n, darunter in Niederlass­ungen in Korea, Usbekistan und den Philippine­n. Datencente­r unterhält der Betrieb sogar an 160 Standorten weltweit. Dass Gcore ein so aufwendige­s Netz an Serverfarm­en unterhält, hat einen guten Grund und kommt dem Unternehme­n nun auch als Dienstleis­ter der KI-Revolution zugute.

Denn ursprüngli­ch konzentrie­rte sich das Unternehme­n auf Spieleentw­ickler als Kunden. Die Computersp­iele lagen auf den Servern von Gcore. Dort fand auch die Rechenleis­tung statt. Das hat den Vorteil, dass die Gamer nicht für jede neue Spielegene­ration einen leistungsf­ähigeren Computer brauchen, sondern nur einen Browser und eine schnelle Internetve­rbindung. Der Nachteil ist die sogenannte Latency, also die Zeit, die ein Signal braucht, um vom heimischen PC in die Serverfarm zu gelangen, dort verarbeite­t zu werden und wieder zurückzuwa­ndern.

Das macht zwar nur der Bruchteil einer Sekunde aus, kann aber den Spielfluss massiv beeinträch­tigen. Je näher die Server am Nutzer stehen, desto geringer ist die Latency. Daher baute Gcore überall dort Server, wo die Games ihrer Kunden gespielt wurden.

Das Problem der Latency spielt auch bei der KI eine Rolle. Man muss sich nur ein autonom fahrendes Auto vorstellen; eine Verzögerun­g bei der Verarbeitu­ng der Informatio­nen kann schnell tödlich enden. Daher ist es wichtig, dass die jeweiligen Anwendunge­n so nah wie möglich am Nutzer ausgeführt werden.

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Foto: privat Andre Reitenbach verlagerte 2015 den Sitz seines Unternehme­ns von Österreich nach Luxemburg.

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