Wie ein Luxemburger Unternehmen die Grundlagen für den KI-Goldrausch legt
Während Firmen wie Open-AI im Rampenlicht stehen, arbeiten die weltweit 600 Mitarbeiter von Gcore aus Contern im Maschinenraum der Technologierevolution
Dass Künstliche Intelligenz (KI) eine Revolution für unser Wirtschaftsleben darstellen wird, ist wohl den meisten Menschen klar sein, seit sie zum ersten Mal mit ChatGPT herumexperimentiert haben. Die Technologie dürfte die Arbeitsweise in nahezu allen Branchen – vom Finanzsektor über die Medizin bis hin zur Industrie – auf den Kopf stellen. Eine in der vergangenen Woche erschienene Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) kam zu dem Ergebnis, dass sich die Tätigkeit von 40 Prozent der Arbeitnehmer weltweit durch KI verändert, in entwickelten Volkswirtschaften wie Luxemburg sind es sogar 60 Prozent.
Im vergangenen Jahr mutmaßte die Investmentbank Goldman Sachs, dass die globale Wirtschaft durch generative KI, also Programme wie ChatGTP, die eigenständig Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos produzieren, innerhalb der nächsten zehn Jahre um zusätzliche sieben Prozent oder fast sieben Billionen US-Dollar wächst. Entsprechend suchen zahlreiche Unternehmen gerade frenetisch nach Anwendungsmöglichkeiten für die neue Technologie.
„Wenn es einen Goldrausch gibt, werden die Leute gewinnen, die Schaufeln verkaufen. Wir sind im Schaufelgeschäft“, sagt Andre Reitenbach, Geschäftsführer und einer der Gründer von Gcore, das seinen Sitz in Contern hat. Mit den „Schaufeln“meint der Unternehmer die Server und Netzwerke seiner Firma, über die die KI-Programme laufen. Ohne diese Werkzeuge könnten Start-ups wie
OpenAI oder die europäischen Konkurrenten Mistral und Aleph Alpha sowie deren Nutzer nicht nach den digitalen Goldnuggets graben.
Erster Fokus auf die Gaming-Branche
Gcore verlagerte 2015 seinen Geschäftssitz von Österreich nach Luxemburg, wo es derzeit etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt. Weltweit arbeiten fast 600 Menschen in zwölf Büros für das Luxemburger Unternehmen, darunter in Niederlassungen in Korea, Usbekistan und den Philippinen. Datencenter unterhält der Betrieb sogar an 160 Standorten weltweit. Dass Gcore ein so aufwendiges Netz an Serverfarmen unterhält, hat einen guten Grund und kommt dem Unternehmen nun auch als Dienstleister der KI-Revolution zugute.
Denn ursprünglich konzentrierte sich das Unternehmen auf Spieleentwickler als Kunden. Die Computerspiele lagen auf den Servern von Gcore. Dort fand auch die Rechenleistung statt. Das hat den Vorteil, dass die Gamer nicht für jede neue Spielegeneration einen leistungsfähigeren Computer brauchen, sondern nur einen Browser und eine schnelle Internetverbindung. Der Nachteil ist die sogenannte Latency, also die Zeit, die ein Signal braucht, um vom heimischen PC in die Serverfarm zu gelangen, dort verarbeitet zu werden und wieder zurückzuwandern.
Das macht zwar nur der Bruchteil einer Sekunde aus, kann aber den Spielfluss massiv beeinträchtigen. Je näher die Server am Nutzer stehen, desto geringer ist die Latency. Daher baute Gcore überall dort Server, wo die Games ihrer Kunden gespielt wurden.
Das Problem der Latency spielt auch bei der KI eine Rolle. Man muss sich nur ein autonom fahrendes Auto vorstellen; eine Verzögerung bei der Verarbeitung der Informationen kann schnell tödlich enden. Daher ist es wichtig, dass die jeweiligen Anwendungen so nah wie möglich am Nutzer ausgeführt werden.