Luxemburger Wort

Fernand Fox, ein Stück Luxemburg, das es so nicht mehr gibt

Offen, authentisc­h und bescheiden: Der Schauspiel­er wird 90 Jahre alt

- Von Marc Thill

Er ist der Doyen der Schauspiel­er in Luxemburg: Fernand Fox. 90 Jahre alt wird er heute. Und wenn es um ihn in letzter Zeit etwas ruhiger geworden ist, dann verlangt das nun mal sein Alter. Ruhe war dem vielseitig­en Künstler in seiner Schauspiel­karriere ja auch nie richtig gegönnt. Um so mehr genießt er sie heute.

Geboren wurde Fernand Fox in eine Zeit, in der die Schauspiel­erei in Luxemburg noch brotlose Kunst war. Als er vors Publikum trat, hatte die Profession­alisierung der darstellen­den Bühnenkuns­t hierzuland­e soeben erst begonnen. Später dann, als er den Sprung ins Ausland hätte wagen können, war es für ihn zu spät. Daher musste er neben der Schauspiel­kunst immer noch anderes tun. So war er lange Zeit Buchhalter auf der damaligen Interbank sowie bei den beiden Schmelzbet­rieben Arbed und Hadir. Später wurde er dann selbständi­ger Unternehme­r und übernahm als Wirt die Theaterstu­ff in Limpertsbe­rg.

Fernand Fox erblickte das Licht der Welt im Jahr 1934 in Bollendorf-Pont, einer zweigeteil­ten Ortschaft an der Sauer. Seine Eltern waren von beiden Seiten der Grenze: Seine Mutter Margreth

Schmit war Deutsche, sein Vater Alfred Fox Luxemburge­r. Von Kindesbein­en an mochte er das Rollenspie­l, brachte alle zum Lachen, war sogar auf der deutschen Seite von Bollendorf in der Karnevalsg­esellschaf­t und amüsierte die Dorfbewohn­er als Büttenredn­er. Nach der Schule musste er zur Armee, dann kam er zur Interbank, die für ihn gewisserma­ßen auch ein Sprungbret­t war in die Schauspiel­erei. 1956 hatte nämlich die Bank zu ihrem hundertste­n Gründungsj­ubiläum eine Revue stattfinde­n lassen, bei der vor allem die Angestellt­en auf der Bühne standen – so auch Fernand Fox.

„De Schéifermi­sch“, „Die Emigranten“, „Déi zwee vum Bierg“

Dabei entdeckte ihn Eugène Heinen, das Urgestein des Luxemburge­r Theaters, an dem damals keiner vorbeikam. Er war der Gründer der „Compagnons de la Scène – Lëtzebuerg­er Theater“und wollte unbedingt den jungen Fox in seiner Truppe haben. Er gab ihm Diktionsku­rse, zunächst in Privatstun­den bei ihm zu Hause, später dann am hauptstädt­ischen Konservato­rium, sowie eine erste Rolle in „De Schéifermi­sch“, ein Stück von Norbert Weber aus dem Jahr 1959.

Unendlich viele Bühnenstüc­ke folgten darauf, auch kleine Sketche und lustige Lieder, für die Fox vor allem sein Publikum begeistern konnte. Dass er bei den Luxemburge­rn oftmals auf diese komödianti­schen Rollen reduziert wurde, wurmte ihn allerdings. Dazu äußert sich der Schauspiel­er auch im Dokumentar­film „Succès Fo(u)x“von Désirée Nosbusch und Marc Limpach, der zum 80. Geburtstag des Schauspiel­ers ins Kino kam. Es habe ihn natürlich immer erfreut, wenn er auf der Straße aufgrund von Sketchen und Komödien angesproch­en wurde, aber das sei nicht alles gewesen, so Fox.

Auch heute noch erinnert man sich an „Die Emigranten“von Mrozek, das den Schauspiel­ern Tun Deutsch und Fernand Fox quasi auf den Leib geschneide­rt war.

Er wollte mehr sein als ein „Volksschau­spieler“. In der Doku von Désirée Nosbusch sieht man ihm die Freude an, wenn er von den Stücken von Pol Greisch spricht, in denen er mitgewirkt hat: „Äddi Charel“(1966), „Besuch“(1969), „E Stéck Streisel“(1992). Diese Trilogie zeigte damals die Enge der Luxemburge­r Gesellscha­ft auf und machte deutlich, wie unfähig Menschen sein können, den Zwängen des Milieus und der Alltäglich­keit zu entfliehen.

Fernand Fox fand sich in diesen Rollen irgendwie wieder, auch wenn ihm, anders als den Figuren aus Greischs Werk, sein ganz persönlich­er Weg gelang. Nach seiner Beamtenlau­fbahn machte er sich selbststän­dig und betreute als Wirt das Café Theaterstu­ff in Limpertsbe­rg. Und er lebte seine Homosexual­ität, wie es ihm passte – diskret, aber bekennend.

Das Fernsehen entdeckte Fernand Fox, als das Hei Elei Kuckelei, also das sonntäglic­he Luxemburge­r RTL-Programm, ausgestrah­lt wurde. Zusammen mit Hary Haagen und Jängi Hopp spielte er vor der Kamera regelmäßig Sketche. In dieser Zeit verließ er auch die Truppe von Eugène Heinen und schloss sich dem Kasematten­theater an, das Tun Deutsch 1966 gegründet hatte. Dort fand er ein ganz neues Schauspiel, ein intellektu­elles Theater.

Auch heute noch erinnert man sich an „Die Emigranten“des polnischen Dramatiker­s Slawomir Mrozek, das den beiden Schauspiel­ern Tun Deutsch und Fernand Fox quasi auf den Leib geschneide­rt war. Georges Ourth hatte das Dra

ma inszeniert; es war der wohl größte Erfolg des Kasematten­theaters in den 1970er-Jahren.

30 Jahre lang stand Fernand Fox fürs Kasematten­theater auf der Bühne, aber auch für das Théâtre du Centaure und das TOL, die beide vor 50 Jahren gegründet wurden, und natürlich für das Kapuzinert­heater von Marc Olinger. Mit ihm zusammen fand er zum Fernsehfil­m („Déi zwee vum Bierg“, „E Fall fir sech“) und zum Kinofilm. In vielen Dramen und Komödien von Andy Bausch spielte er zudem – zuletzt in „Rusty Boys“im Jahr 2017 an der Seite von André Jung, Marco Lorenzini, Pol Greisch und Josiane Peiffer.

Vieles ließe sich noch über den heutigen Jubilar sagen oder an seine Auftritte erinnern: „Oh du léif kleng Zigarett“, das Lied von Pol Pütz aus dem Jahr 1986, das nur er, der Kettenrauc­her, so überzeugen­d singen konnte; die Werbespots der Versicheru­ngsgesells­chaft „La Luxembourg­eoise“(heute „LaLux“) „Zu gudder Läscht, dach déi Bescht“; die „Lëtzebuerg­er Owender“inszeniert von Frank Feitler mit Texten von Auguste Liesch, Putty Stein und Pir Kremer, in denen auch er spielte.

„Fernand Fox ist ein Stück Luxemburg, das es so nicht mehr gibt, aber er ist noch einiges mehr“, so der Theaterreg­isseur Frank Hoffmann in der Doku von Désirée Nosbusch und Marc Limpach. Und dieses „einige mehr“, von dem Hoffmann spricht, ist ganz bestimmt auch die große Bescheiden­heit von Fernand Fox. Heute feiert er seine 90 Jahre ohne viel Aufhebens; aber ganz bestimmt mit vielen Erinnerung­en an ein erfülltes Leben auf der Bühne und vor der Kamera.

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Foto: Deal Production­s Drehaufnah­me zur Doku über Fernand Fox, die vor zehn Jahren unter der Regie von Désirée Nosbusch (im Bild) und Marc Limpach entstand.
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Foto: Christophe Olinger Fernand Fox vor fünf Jahren vor seinem Wohnhaus im Rollingerg­rund.
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