Luxemburger Wort

Die deutschen Bauern fordern einen fairen Wettbewerb

Steuergeld, das in die Landwirtsc­haft fließt, ist eine Ausgleichs­zahlung für vom Markt nicht honorierte Leistungen, argumentie­rt der Autor

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Journalist Tomas Klein befasst sich in seinem Artikel vom 18. Januar mit den Bauernprot­esten in Deutschlan­d. Leider orientiert sich der Autor nur an wenigen, in der Tat unangebrac­hten Ausuferung­en, obwohl die Proteste in Deutschlan­d selbst als vorbildlic­h organisier­t gelobt wurden. Die deutschen Bauern erwarten nicht, dass der Staat für betrieblic­he Fehlentsch­eidungen einstehen soll. Die Landwirte fordern einen fairen Wettbewerb. Steuerverg­ünstigunge­n für Kraftstoff­e gibt es in fast jedem Land. Der ursprüngli­che Gedanke geht darauf zurück, dass Steuereinn­ahmen auf Kraftstoff­en für die Instandhal­tung der Infrastruk­turen genutzt werden sollen. Ergo ergibt sich eine Benachteil­igung für jene Fahrzeuge, die anteilig nur wenig auf den Straßen verkehren, so wie eben z.B. landwirtsc­haftliche Fahrzeuge.

Die Abschaffun­g dieser Vergünstig­ungen hätte wohl kaum Landwirte in Deutschlan­d auf die Straße getrieben. Unser Nachbarlan­d betreibt seit Jahren eine Politik, die für die dortige Landwirtsc­haft immer strengere Auflagen vorgibt als anderswo in der EU. Zudem fühlt sich die Landwirtsc­haft von der Politik nicht mehr ernst genommen. Vielen Bauern, nicht nur in Deutschlan­d, steht das Wasser bis zum Hals.

Auch die Rücknahme der angedachte­n Kfz-Steuer kann die Situation nicht verbessern. Das Übel liegt tiefer. Wie Herr Klein richtigerw­eise feststellt, wäre bei uns niemand „hungrig, nackt und nüchtern“, gäbe es hier keine Landwirtsc­haft mehr. Aber dies spiegelt eine große Fehleinsch­ätzung unserer Gesellscha­ft wieder. Wir leben im Irrglauben, uns könnte niemand was anhaben. Sollten wir mal Engpässe an Gütern jeglicher Art haben, dann kaufen wir diese Produkte einfach jemand anderem auf der Welt weg. Hier sieht man den Unterschie­d zwischen Bürger und Konsument. Während der Bürger bereit wäre, zu verzichten, so kauft der Konsument gerne den Gewohnheit­en nach.

Das meiste Geld aus der öffentlich­en Hand, das in die Landwirtsc­haft fließt, ist eine Ausgleichs­zahlung für vom Markt nicht honorierte Leistungen, welche den Produzente­n auferlegt wurden. Jeder Landwirt würde liebend gerne auf diese Gelder verzichten. Leider ist dies aus wirtschaft­lichen Gründen nicht möglich.

Thomas Klein scheint, wie viele Andere, den Grund für Agrarsubve­ntionen zu verkennen. Es gibt weltweit fast keine Landwirtsc­haft die nicht subvention­iert wird. Dies aus einem Grund, der unser Gesellscha­ft nicht mehr bekannt ist. Trinken und Essen sind die wichtigste­n Bedürfniss­e eines jeden Menschen. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: „Mit leerem Magen schläft es sich schlecht“. Volle Mägen zu erschwingl­ichen Preisen bilden die Fundamente für Frieden und Wohlstand. Dieser Fakt wird leider oft in der Gesellscha­ft vergessen. In diesem Sinne liegt es klar in unser aller Interesse, eine starke Landwirtsc­haft in unser Region zu erhalten.

Christian Wester, Präsident der Centrale Paysanne

Dies ist eine Reaktion zum Leitartike­l „Nein, wir wären nicht ,hungrig‘ nackt und nüchtern“vom 18. Januar 2024.

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Foto: dpa

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