Luxemburger Wort

Mit Bechern gegen das „Heeschever­buet“

Das Kollektiv „Actioun géint Heeschever­buet“setzte gestern Nachmittag ein Zeichen gegen das neue Verbot

- Von Amélie Schroeder

„Merci pour votre solidarité“, sagt Tony, der seit zehn Jahren auf der Straße lebt, davon fünf in Luxemburg. Er nimmt, mit seinem türkisfarb­enen Schlafsack in der einen und seinem noch leeren Thermobech­er in der anderen Hand, Platz auf der Place d‘Armes. An diesem Freitagnac­hmittag haben sich knapp 30 Menschen auf der Plëss versammelt, um gemeinsam ein Zeichen gegen das Bettelverb­ot zu setzen. Vor ihnen stehen Pappbecher, die immer wieder vom Wind umgeweht werden.

„Wir möchten, dass die Thematik im öffentlich­en Diskurs bleibt“, so Felix Leclerc, Mitorganis­ator der solidarisc­hen Aktion im Vorfeld. Das neu gegründete Kollektiv„Actioun géint Heeschever­buet“hat im Vorfeld aufgerufen, sich solidarisc­h mit den bedürftigs­ten Menschen der Gesellscha­ft zu zeigen.

Das Betteln sei ein fundamenta­les Menschenre­cht, das seit dem 19. Januar 2021 vom Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschen anerkannt wurde. Schon alleine aus ethischen Gründen seien die Mitglieder gegen das Verbot – von dem legalen Rahmen überhaupt nicht zu sprechen.

Es sei bekannt, dass Menschen auf der Straße mit schwierige­n Umständen konfrontie­rt seien, da die Aufnahmest­rukturen zunehmend an ihre Grenzen stoßen, heißt es in der Pressemitt­eilung des Kollektivs. „Wir bestreiten nicht, dass Anstrengun­gen unternomme­n werden, damit diese Menschen nicht auf der Straße betteln müssen, aber es ist offensicht­lich, dass diese Anstrengun­gen nicht ausreichen oder nicht auf die eklatanten Bedürfniss­e einer immer ärmer werdenden Bevölkerun­g abgestimmt sind“, so das Kollektiv.

Ein Schrei nach Hilfe

Jemp Mergen, pensionier­ter Polizist aus dem Norden des Landes, ist am Freitag auch in der Hauptstadt. Es sei das erste Mal, dass er demonstrie­re. Er schäme sich. „In Luxemburg muckst niemand“, sagt er, während er ein Blatt in der

Hand hält, auf dem „Nee zum Heeschever­buet“steht. Es ist eine gemischte Runde, die zusammenge­funden hat. Von jungen Schülern, über Politiker bis zu Edmée Dahm-Müller, die mit ihrem Mann Jos und ihrem Rollator den Weg zur Place d‘Armes gefunden hat.

„Setzen kann ich mich leider nicht mehr, aber dafür stehe ich heute hier, um jene Menschen zu unterstütz­en, die nichts haben. Denn arme Menschen gibt es auch im reichen Luxemburg“so Edmée Dahm-Müller, während weiter weg vier uniformier­te Polizis

ten das Treiben beobachten, jedoch nicht eingreifen. Währenddes­sen kritisiert Tony, dass das neue Verbot Menschen an sich kriminalis­iere. Dabei sei Armut kein Verbrechen und das Betteln bei vielen Menschen ein Schrei nach Hilfe. Er begrüßt die solidarisc­he Aktion und findet es gut, dass sich so viele Menschen gemeinsam solidarisi­eren.

Auch Marie-Marthe Muller, die bereits vor zwei Wochen mit ihrer Isomatte zum Auftakt der repressive­n Phase Platz in der „Groussgaas­s“nahm, möchte Präsenz zeigen. „Die Aktionen sollen vom Kern der Gesellscha­ft getragen werden“, so die Aktivistin. Auf die Gemeindera­tssitzung am Montag ist sie gespannt. Sie hoffe, dass die Parteimitg­lieder der CSV sich am Montagnach­mittag an die Bedeutung des „C“und „V“erinnern werden.

Die Stadt Luxemburg und der Innenminis­ter müssen erkennen, dass Armut nicht bekämpft werden kann, indem man sie unter den Teppich kehrt, sondern durch geeignete soziale Maßnahmen, so die Worte des Kollektivs.

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Foto: Alain Piron In Zukunft sind noch weitere Aktionen gegen das Bettelverb­ot geplant.
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„Solidarité avec les mendiants“, so die Forderung des Kollektivs.

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