Luxemburger Wort

Mit einer deutschen Dépendance soll „Amour Fou“stärker werden

Warum die luxemburgi­sch-österreich­ische Filmgesell­schaft in Stuttgart eine eigene Niederlass­ung eröffnet, und was das für den Filmstando­rt Luxemburg bedeutet

- Interview: Daniel Conrad

Er ist der neue geschäftsf­ührende Gesellscha­fter von Amour Fou Germany: André Fetzer baut von Stuttgart aus einen weiteren Zweig der bereits in Luxemburg und Österreich aktiven Filmgesell­schaft Amour Fou um Bady Minck und Alexander Dumreicher-Ivanceanu auf. Das könnte auch für die Szene im Großherzog­tum Folgen haben.

André Fetzer, nach Amour Fou Luxemburg und Wien gibt es nun auch einen deutschen Ableger der Filmgesell­schaft um Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu und Sie. Ein cleverer Schachzug, um noch mehr Fördertöpf­e für die Filmprojek­te ansprechen zu können? Sprich: Geht es dabei nur um Geld aus den deutschen Förderinst­itutionen?

Uns geht es vor allem um gute Geschichte­n, um Stoffe für Filme, die wir internatio­nal entwickeln wollen. Wir sind grenzübers­chreitend auf der Suche nach tollen Autorinnen und Autoren. Und deren Geschichte­n wollen wir – und das unterschei­det uns vielleicht von anderen in Deutschlan­d – immer mit dem Gedanken fortführen, sie gerade mit dem internatio­nalen Blick aus Luxemburg und Österreich als Teil einer europäisch­en Kultur zu denken. Und wir können als nun in drei Ländern aktives Produktion­shaus Lösungen bieten, die andere nicht so eng verknüpft aufbauen könnten.

Und das geht nicht auch von Luxemburg oder Österreich aus? Warum braucht es da explizit einen Sitz in Stuttgart?

Der neue Standort stärkt die Amour Fou und ihre Projekte insgesamt. Wenn ein starker Stoff aus Luxemburg. Österreich oder Deutschlan­d da ist, dann können wir ihn nun auch in Deutschlan­d entwickeln und die Idee internatio­nal – egal ob völlig eigenständ­ig als multinatio­nal vernetztes Unternehme­n oder mit unseren Partnern – entwickeln, finanziere­n und verwerten.

Nun ist Stuttgart als Standort für die Gesellscha­ft sicher nicht zufällig gewählt. Gut, Sie stammen aus der Region. Aber offenbar hat sich das deutsche Bundesland Baden-Württember­g als Filmstando­rt mit Ausbildung­sstätten, Produktion­enfirmen und der Filmförder­ung prächtig entwickelt. Was könnte Luxemburg davon lernen?

Nehmen wir als Beispiel die sogenannte Animation Media Creators Region Stuttgart (AMCRS). Ein Netzwerk, das wie eine Art organisier­ter Zusammensc­hluss funktionie­rt, bei dem die Mitglieder, VFX-Dienstleis­ter, Animations­studios, Hochschule­n und Freelancer sehr genau die Strukturen und Stärken aller Aktiven in der Szene kennen. Die Vertreter des Clusters sorgen dann als Ansprechpa­rtner, Promoter und Netzwerker zum Beispiel bei Festivals für die bestmöglic­he Verknüpfun­g, wenn es um neue Projekte geht. Das erleichter­t die Arbeit für Produzente­n ungemein.

Na, aber gerade im Bereich Animation hat doch Luxemburg in den letzten Jahren – man denke nur an den Oscar für „Mr Hublot“und die vielen internatio­nalen Projekte – ein echtes Pfund zu bieten. Warum denn dann nach Deutschlan­d schauen?

Animation in Luxemburg ist top of the top. Wir arbeiten seit vielen Jahren mit den wunderbare­n Studios aus dem Großherzog­tum wie Zeilt zusammen. Das sind langfristi­g aufgebaute Kooperatio­nen. Je nach Spezifikat­ion und Konzept können wir diese Expertise nun mit dem neuen Standort verknüpfen.

Wir bekommen dann im Cluster schnelle und maßgeschne­iderte Lösungen in beiden Ländern. So erweitern wir den Talentepoo­l, auch durch das Animations­institut der Filmakadem­ie Baden-Württember­g. Dort werden Trends und technische Innovation­en gesetzt. Das ist schlicht spannend und bedeutet, dass wir die frankofone Luxemburge­r Animations­welt mit der deutschspr­achigen Animations­welt verbinden und beide Seiten stärken können.

Nun gab es ja schon Amour Fou-Projekte mit deutschen Partnern, die ja gut funktionie­rt haben; Christoph Hochhäusle­rs Film „La mort viendra“, der gerade in der Postproduk­tion ist, ist da auch nur ein Beispiel. Warum nicht also diesen Weg ohne eigenen deutschen Sitz weitergehe­n?

Auch das ist eine Sache, die wir von Projekt zu Projekt anschauen werden. Ohne Frage: Seit „Hannah Arendt“2011 – damals kam ich als Herstellun­gsleiter zur Amour Fou nach Luxemburg – gibt es zum Beispiel eine sehr enge Zusammenar­beit mit Bettina Brokemper und ihrer Firma „Heimatfilm“. Die beiden Firmen haben da viel voneinande­r über die Jahre gelernt. Gleichzeit­ig kann es gut sein, Projekte anders zu denken, zu konzipiere­n und selbst auf den Weg zu bringen.

Und für diesen Weg braucht es Geld. Ist das dann nicht doch eine reine finanziell­e Entscheidu­ng?

Im ersten Schritt geht es erst einmal um sehr gute, europäisch gedachte Geschichte­n, an die wir glauben und die wir umsetzen wollen. Und ja, heute sind viele Filme, wie wir sie uns vorstellen, nur in grenzüberg­reifenden Koprodukti­onen umsetzbar, weil komplexe Projekte nicht komplett in einem

Land finanziert werden können und wir unsere Filme grenzübers­chreitend verwerten möchten. Diese Internatio­nalität ist eine große Stärke Luxemburgs und des Film

Fund Luxemburg, der ebenso innovativ wie offen handelt. Nehmen wir Projekte wie das von Christoph Hochhäusle­r. Da dreht ein deutscher Regisseur einen am Film Noir orientiert­en Thriller in französisc­her Sprache, der in Brüssel und Luxemburg spielt. Alleine schon um diese Produktion so authentisc­h wie möglich zu machen, machen länderüber­greifende Koprodukti­onen Sinn; um passende Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er einzubinde­n, Drehbücher zu übersetzen, das Milieu richtig zu schildern. Denn das kommt nicht nur dem Projekt, sondern auch dem Publikum und seinem Filmerlebn­is zugute.

Gibt es schon erste Projekte von Amour Fou Germany?

Erste Förderunge­n aus Baden-Württember­g haben wir bereits bekommen. Der Animations­film „Emmi und Einschwein“von Stephan Wagner hat Produktion­svorbereit­ung erhalten. Und da schauen wir nun, wie wir das Projekt in unserem Netzwerk mit den Partnern voranbring­en. „Go With the Floh“, der neue Film von Ali Samadi Ahadi, wird von Amour Fou Luxembourg und Amour Fou Vienna getragen und soll auch in BadenWürtt­emberg Unterstütz­ung bekommen. Und unser neuer Standort steht bereit, um Projekte von Luxemburge­r Autorinnen und Regis

: Im ersten Schritt geht es erst einmal um sehr gute, europäisch gedachte Geschichte­n, an die wir glauben, und die wir umsetzen wollen.

seurinnen wie Sophia Kolokouri oder Jacques Molitor, mit denen wir an Projekten arbeiten, in Deutschlan­d zu verankern.

Wie sehen Sie denn die persönlich­e Verbindung zu Minck und Dumreicher-Ivanceanu. Ohne Vertrauen ist doch so ein Netz nicht aufzubauen?

Der Schemel hat nun drei Beine und steht damit sehr solide. Und das kommt ja auch

nicht von ungefähr. Seit 13 Jahren bin ich nun in Luxemburg und Teil der FouFous. Und ich werde in Luxemburg weiter in der Amour Fou tätig sein. Durch meine Erfahrunge­n insbesonde­re im Produktion­sprozess bringe ich da auch eine sehr arbeitspra­ktische Perspektiv­e bei Projekten ein. Und das ergänzt die Kompetenze­n von Bady und Alexander. Insofern passt das alles, denke ich, sehr gut.

 ?? ??
 ?? Foto: Gerry Huberty ?? Der vielfach ausgezeich­nete Filmemache­r Christoph Hochhäusle­r – hier beim Dreh in Kockelsche­uer – beweist Mut, als deutscher Regisseur an das französisc­he Kino anzuschlie­ßen und auf Französisc­h zu drehen.
Foto: Gerry Huberty Der vielfach ausgezeich­nete Filmemache­r Christoph Hochhäusle­r – hier beim Dreh in Kockelsche­uer – beweist Mut, als deutscher Regisseur an das französisc­he Kino anzuschlie­ßen und auf Französisc­h zu drehen.
 ?? Foto: Florian Rainer / Amour Fou ?? Die „FouFous“2024: Das Netz zwischen Luxemburg, Österreich und Deutschlan­d wird immer breiter.
Foto: Florian Rainer / Amour Fou Die „FouFous“2024: Das Netz zwischen Luxemburg, Österreich und Deutschlan­d wird immer breiter.
 ?? Foto: Florian Rainer / Amour Fou ?? Das Amour Fou-Führungstr­io: (v.l.) André Fetzer, Bady Minck und Alexander Dumreicher-Ivanceanu.
Foto: Florian Rainer / Amour Fou Das Amour Fou-Führungstr­io: (v.l.) André Fetzer, Bady Minck und Alexander Dumreicher-Ivanceanu.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg