Mit einer deutschen Dépendance soll „Amour Fou“stärker werden
Warum die luxemburgisch-österreichische Filmgesellschaft in Stuttgart eine eigene Niederlassung eröffnet, und was das für den Filmstandort Luxemburg bedeutet
Er ist der neue geschäftsführende Gesellschafter von Amour Fou Germany: André Fetzer baut von Stuttgart aus einen weiteren Zweig der bereits in Luxemburg und Österreich aktiven Filmgesellschaft Amour Fou um Bady Minck und Alexander Dumreicher-Ivanceanu auf. Das könnte auch für die Szene im Großherzogtum Folgen haben.
André Fetzer, nach Amour Fou Luxemburg und Wien gibt es nun auch einen deutschen Ableger der Filmgesellschaft um Bady Minck, Alexander Dumreicher-Ivanceanu und Sie. Ein cleverer Schachzug, um noch mehr Fördertöpfe für die Filmprojekte ansprechen zu können? Sprich: Geht es dabei nur um Geld aus den deutschen Förderinstitutionen?
Uns geht es vor allem um gute Geschichten, um Stoffe für Filme, die wir international entwickeln wollen. Wir sind grenzüberschreitend auf der Suche nach tollen Autorinnen und Autoren. Und deren Geschichten wollen wir – und das unterscheidet uns vielleicht von anderen in Deutschland – immer mit dem Gedanken fortführen, sie gerade mit dem internationalen Blick aus Luxemburg und Österreich als Teil einer europäischen Kultur zu denken. Und wir können als nun in drei Ländern aktives Produktionshaus Lösungen bieten, die andere nicht so eng verknüpft aufbauen könnten.
Und das geht nicht auch von Luxemburg oder Österreich aus? Warum braucht es da explizit einen Sitz in Stuttgart?
Der neue Standort stärkt die Amour Fou und ihre Projekte insgesamt. Wenn ein starker Stoff aus Luxemburg. Österreich oder Deutschland da ist, dann können wir ihn nun auch in Deutschland entwickeln und die Idee international – egal ob völlig eigenständig als multinational vernetztes Unternehmen oder mit unseren Partnern – entwickeln, finanzieren und verwerten.
Nun ist Stuttgart als Standort für die Gesellschaft sicher nicht zufällig gewählt. Gut, Sie stammen aus der Region. Aber offenbar hat sich das deutsche Bundesland Baden-Württemberg als Filmstandort mit Ausbildungsstätten, Produktionenfirmen und der Filmförderung prächtig entwickelt. Was könnte Luxemburg davon lernen?
Nehmen wir als Beispiel die sogenannte Animation Media Creators Region Stuttgart (AMCRS). Ein Netzwerk, das wie eine Art organisierter Zusammenschluss funktioniert, bei dem die Mitglieder, VFX-Dienstleister, Animationsstudios, Hochschulen und Freelancer sehr genau die Strukturen und Stärken aller Aktiven in der Szene kennen. Die Vertreter des Clusters sorgen dann als Ansprechpartner, Promoter und Netzwerker zum Beispiel bei Festivals für die bestmögliche Verknüpfung, wenn es um neue Projekte geht. Das erleichtert die Arbeit für Produzenten ungemein.
Na, aber gerade im Bereich Animation hat doch Luxemburg in den letzten Jahren – man denke nur an den Oscar für „Mr Hublot“und die vielen internationalen Projekte – ein echtes Pfund zu bieten. Warum denn dann nach Deutschland schauen?
Animation in Luxemburg ist top of the top. Wir arbeiten seit vielen Jahren mit den wunderbaren Studios aus dem Großherzogtum wie Zeilt zusammen. Das sind langfristig aufgebaute Kooperationen. Je nach Spezifikation und Konzept können wir diese Expertise nun mit dem neuen Standort verknüpfen.
Wir bekommen dann im Cluster schnelle und maßgeschneiderte Lösungen in beiden Ländern. So erweitern wir den Talentepool, auch durch das Animationsinstitut der Filmakademie Baden-Württemberg. Dort werden Trends und technische Innovationen gesetzt. Das ist schlicht spannend und bedeutet, dass wir die frankofone Luxemburger Animationswelt mit der deutschsprachigen Animationswelt verbinden und beide Seiten stärken können.
Nun gab es ja schon Amour Fou-Projekte mit deutschen Partnern, die ja gut funktioniert haben; Christoph Hochhäuslers Film „La mort viendra“, der gerade in der Postproduktion ist, ist da auch nur ein Beispiel. Warum nicht also diesen Weg ohne eigenen deutschen Sitz weitergehen?
Auch das ist eine Sache, die wir von Projekt zu Projekt anschauen werden. Ohne Frage: Seit „Hannah Arendt“2011 – damals kam ich als Herstellungsleiter zur Amour Fou nach Luxemburg – gibt es zum Beispiel eine sehr enge Zusammenarbeit mit Bettina Brokemper und ihrer Firma „Heimatfilm“. Die beiden Firmen haben da viel voneinander über die Jahre gelernt. Gleichzeitig kann es gut sein, Projekte anders zu denken, zu konzipieren und selbst auf den Weg zu bringen.
Und für diesen Weg braucht es Geld. Ist das dann nicht doch eine reine finanzielle Entscheidung?
Im ersten Schritt geht es erst einmal um sehr gute, europäisch gedachte Geschichten, an die wir glauben und die wir umsetzen wollen. Und ja, heute sind viele Filme, wie wir sie uns vorstellen, nur in grenzübergreifenden Koproduktionen umsetzbar, weil komplexe Projekte nicht komplett in einem
Land finanziert werden können und wir unsere Filme grenzüberschreitend verwerten möchten. Diese Internationalität ist eine große Stärke Luxemburgs und des Film
Fund Luxemburg, der ebenso innovativ wie offen handelt. Nehmen wir Projekte wie das von Christoph Hochhäusler. Da dreht ein deutscher Regisseur einen am Film Noir orientierten Thriller in französischer Sprache, der in Brüssel und Luxemburg spielt. Alleine schon um diese Produktion so authentisch wie möglich zu machen, machen länderübergreifende Koproduktionen Sinn; um passende Schauspielerinnen und Schauspieler einzubinden, Drehbücher zu übersetzen, das Milieu richtig zu schildern. Denn das kommt nicht nur dem Projekt, sondern auch dem Publikum und seinem Filmerlebnis zugute.
Gibt es schon erste Projekte von Amour Fou Germany?
Erste Förderungen aus Baden-Württemberg haben wir bereits bekommen. Der Animationsfilm „Emmi und Einschwein“von Stephan Wagner hat Produktionsvorbereitung erhalten. Und da schauen wir nun, wie wir das Projekt in unserem Netzwerk mit den Partnern voranbringen. „Go With the Floh“, der neue Film von Ali Samadi Ahadi, wird von Amour Fou Luxembourg und Amour Fou Vienna getragen und soll auch in BadenWürttemberg Unterstützung bekommen. Und unser neuer Standort steht bereit, um Projekte von Luxemburger Autorinnen und Regis
: Im ersten Schritt geht es erst einmal um sehr gute, europäisch gedachte Geschichten, an die wir glauben, und die wir umsetzen wollen.
seurinnen wie Sophia Kolokouri oder Jacques Molitor, mit denen wir an Projekten arbeiten, in Deutschland zu verankern.
Wie sehen Sie denn die persönliche Verbindung zu Minck und Dumreicher-Ivanceanu. Ohne Vertrauen ist doch so ein Netz nicht aufzubauen?
Der Schemel hat nun drei Beine und steht damit sehr solide. Und das kommt ja auch
nicht von ungefähr. Seit 13 Jahren bin ich nun in Luxemburg und Teil der FouFous. Und ich werde in Luxemburg weiter in der Amour Fou tätig sein. Durch meine Erfahrungen insbesondere im Produktionsprozess bringe ich da auch eine sehr arbeitspraktische Perspektive bei Projekten ein. Und das ergänzt die Kompetenzen von Bady und Alexander. Insofern passt das alles, denke ich, sehr gut.