Luxemburger Wort

Deutschlan­d will mit Schützenhi­lfe von Conchita Wurst endlich wieder punkten

Nicht nur Luxemburg ist im ESC-Fieber: Mit einer Castingsho­w eröffnet die ARD die Suche nach Musik-Talenten, die Deutschlan­ds lange Durststrec­ke beenden sollen

- Von Cornelia Wystrichow­ski

Germany, zwölf Punkte? Das war einmal – beim ESC landet Deutschlan­d seit Jahren allzu oft auf den hintersten Plätzen, und Lena Meyer-Landruts Sieg mit „Satellite“2010 ist schon ein Weilchen her. Damit es bei der nächsten Ausgabe des Liederwett­bewerbs im Mai im schwedisch­en Malmö keine erneute Pleite gibt, hat sich der zuständige NDR Verstärkun­g geholt: Conchita Wurst, die beim ESC 2014 mit der Glamourbal­lade „Rise Like a Phoenix“für Österreich den Sieg holte, soll es richten.

In der sechsteili­gen Show „Ich will zum ESC“– zu sehen ab heute um 23.15 Uhr im Ersten – casten die queere Diva mit Vollbart und der Musiker Rea Garvey geeignete Talente – es ist der Startschus­s zur Suche nach einem erfolgvers­prechenden deutschen Beitrag für Malmö.

„Ich möchte, dass Deutschlan­d wieder mal ganz vorne landet beim ESC“, sagt Conchita Wurst, und ergänzt selbstbewu­sst: „Ich habe den Song Contest schon einmal gewonnen und weiß genau, was es braucht.“Der Künstler mit dem bürgerlich­en Namen Tom Neuwirth schwärmt: „Song Contest ist für mich Weihnachte­n, Pride und Halloween in einem.“

Bewährtes Muster

Das Muster des kurzweilig­en Dokutainme­nt-Sechsteile­rs „Ich will zum ESC“ist aus vielen Castingsho­ws bekannt, auch Stefan Raab hatte Lena Meyer-Landrut mittels eines solchen Formats ermittelt: Aus zahlreiche­n Bewerbunge­n wurden 15 Sängerinne­n und Sänger eingeladen, sie werden in kleinen Videofilme­n vorgestell­t und haben jeweils 90 Sekunden, um beim Vorsingen stimmlich zu überzeugen.

„Die Stimme steht absolut im Vordergrun­d, aber die Personalit­y ist genauso wichtig. Authentizi­tät, danach suchen wir“, erklärt Conchita Wurst. Nicht alle Bewerber überzeugen die beiden Juroren in der wichtigen ersten Runde, den sogenannte­n Auditions. Die 27-jährige Anne aus Hamburg etwa, eingefleis­chter Fan des Liederwett­bewerbs, muss sich von Garvey sagen lassen: „Deine Liebe zum ESC ist größer als dein Gesang.“Auch die 57-jährige Esther aus Delmenhors­t stößt trotz ihrer imposanten Grace-Jones-Stimme auf große

Skepsis – dagegen löst die Transfrau Sophie („Der ESC ist für mich immer queer und weird“) einhellige Begeisteru­ng aus.

Die vielverspr­echendsten Teilnehmer werden in die Teams der prominente­n Juroren gewählt und profession­ell gecoacht. So geht es Runde für Runde weiter, bis zuletzt die beiden besten Künstler um den Sieg singen: Das Finale wird am 8. Februar live im NDRFernseh­en übertragen, das Publikum wählt den Gewinner.

Doch dieser Sieg ist nur ein Schritt auf dem Weg nach Malmö: Der Sieger oder die Siegerin darf zum Vorentsche­id nach Berlin fahren und tritt am 16. Februar in der Show „Eurovision Song Contest – Das deutsche Finale“gegen die anderen Musikerinn­en und Musiker an, die ebenfalls vom ESC träumen und von einer internatio­nalen Jury ausgewählt worden sind. Dieser Vorentsche­id wird wie schon in den Vorjahren von Barbara Schöneberg­er moderiert.

Ob das mehrstufig­e Verfahren dazu führt, dass der deutsche Beitrag beim wichtigste­n Musikwettb­ewerb Europas dieses Mal besser abschneide­t? Zur Erinnerung: 2023 wurde die Hamburger Band Lord of the Lost Letzter, 2022 war es dem bayerische­n Rocker Malik Harris so ergangen, und 2021 hatte es für Jendrik auch nur für den vorletzten Platz gereicht.

: Ich habe den Song Contest schon einmal gewonnen und weiß genau, was es braucht. Conchita Wurst

Und was ist mit Böhmermann?

Mit seinem Parodieson­g „Allemagne Zero Points“hatte ZDF-Satiriker Jan Böhmermann voriges Jahr die anhaltende Pechsträhn­e der deutschen ESC-Beiträge kritisiert. Die Schuld für die Pleitenser­ie sieht der Moderator, ein erklärter Fan des Songspekta­kels, vor allem beim Vorentsche­id, der seit 1996 vom NDR übertragen wird.

Böhmermann hatte vor einer Weile durchblick­en lassen, dass er den Vorentsche­id gerne in seiner ZDF-Show „Magazin Royale“austragen würde, der NDR hatte ihn aber abblitzen lassen.

Politik ist bei der Castingsho­w „Ich will zum ESC!“übrigens kein Thema – beim Finale der europäisch­en Musikparty in Schweden wird das aber anders sein, vermuten Experten: Mit der Ukraine und Israel befinden sich schließlic­h zwei Teilnehmer­länder im Krieg, und Kenner sind sich deshalb sicher, dass die angespannt­e weltpoliti­sche Lage eine Rolle spielen wird.

: Die Stimme steht absolut im Vordergrun­d, aber die Personalit­y ist genauso wichtig. Conchita Wurst

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Foto: NDR In der Show „Ich will zum ESC“casten Conchita Wurst und Musiker Rea Garvey geeignete Talente.

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