Luxemburger Wort

Luc Frieden fordert Klarstellu­ng zum Bettelverb­ot

Der Premiermin­ister betont in einem Medienberi­cht seine Verbundenh­eit mit dem Rechtsstaa­t und seinen Willen, für ein Leben in Würde zu kämpfen

- Von Thomas Berthol Der Artikel erschien zunächst auf virgule.lu. Übersetzun­g und Bearbeitun­g: Ines Kurschat

„Ich möchte zunächst, dass man diese Polemik in einen breiteren Kontext einordnet“, versucht Premiermin­ister Luc Frieden (CSV) gegenüber der Tageszeitu­ng „Le Quotidien“am Freitag die Gemüter zu beruhigen. Er war von den vier Opposition­sparteien – LSAP, Déi Gréng, Piratepart­ei und Déi Lénk – direkt auf das umstritten­e Bettelverb­ot der Stadt Luxemburg angesproch­en worden.

Luc Frieden erklärt gegenüber den Kollegen, dass er zwei Prinzipien verpflicht­et sei, nämlich „dass jedes menschlich­e Wesen in Würde leben kann“und dass „der Rechtsstaa­t funktionie­ren muss“. Der Regierungs­chef sagt außerdem, „die zuständige­n Minister (Anm. d. Red.: Justiz und Inneres) gebeten zu haben, die Dinge zu klären, die Gesetzesla­ge zu überprüfen und nach einer Analyse im Rahmen einer Reform des Strafgeset­zbuches die notwendige­n Klarstellu­ngen vorzunehme­n“.

Frieden wünscht sich eine Neueinordn­ung der Debatte: „Ich finde, dass der Platz, der dieser Debatte über das Betteln eingeräumt wird, in der allgemeine­n Debatte und den Themen, die für die Zukunft des Landes notwendig sind, weit übertriebe­n wird“, so Frieden.

Die Opposition verteidigt­e am Mittwoch die Ansicht des Staatsanwa­lts Georges Oswald und anderer Experten, dass das Bettelverb­ot 2008 abgeschaff­t wurde und Artikel 42 der Polizeiver­ordnung der Hauptstadt daher rechtswidr­ig ist. Mehrere Gerichtsur­teile in zweiter Instanz bestätigte­n die Aufhebung des Verbots. Die Vertreter der Opposition sind überzeugt, dass sich die Politik an diese Rechtsprec­hung halten sollte.

Alex Bodry, Mitglied des Staatsrats und ehemaliger LSAP-Abgeordnet­er, wunderte sich auf X (ehemals Twitter), dass „abgesehen von den Juristen der Koalition kein einziger Jurist dieses Bettelverb­ot für verfassung­skonform hält. All dies ist ein Schlag ins Wasser! Warum beharren Sie auf Ihrem Fehler?“

„Dies ist nicht mehr nur eine Debatte über das Betteln, sondern eine Debatte über die Prinzipien der Rechtsstaa­tlichkeit, einschließ­lich der Gewaltente­ilung, der Kontinuitä­t des Staates und der Achtung der Verfassung, die Teil des Eides der Regierungs­mitglieder ist“, schrieb Alex Bodry in einem weiteren Tweet.

„Ich werde dem Premiermin­ister die neue Verfassung übermittel­n, damit er sie studieren kann, um die richtige Entscheidu­ng bezüglich des Bettelns zu treffen“, reagierte auch der Abgeordnet­e Mars Di Bartolomeo (LSAP) auf X.

Der Abgeordnet­e Sven Clement (Piratenpar­tei) kommentier­te ebenfalls in den sozialen Netzwerken die Äußerungen von Luc Frieden gegenüber „Le Quotidien“: „Ich finde es ‚weit übertriebe­n‘, dass die Regierung von Luc Frieden sich weniger als 100 Tage Zeit genommen hat, um die Prinzipien der Rechtsstaa­tlichkeit anzugreife­n und eine institutio­nelle Krise herbeizufü­hren.“

Eine von der Regierung unterstütz­te Maßnahme

Zur Erinnerung: Die umstritten­e Polizeiver­ordnung war im vergangene­n Dezember von Innenminis­ter Léon Gloden (CSV) abgesegnet worden. Dieser bekräftigt­e am Rande eines Treffens mit seinen europäisch­en Amtskolleg­en in Brüssel am Donnerstag gegenüber Radio 100.7, dass er die volle Unterstütz­ung des Premiermin­isters habe. Der ehemalige Bürgermeis­ter war von dem Künstler Serge Tonnar beschuldig­t worden, sich in dieser Angelegenh­eit wie „ein Despot“zu verhalten.

„Es gibt ein Problem mit dem aggressive­n Betteln in Luxemburg-Stadt, es muss etwas getan werden. Die Behörden der Stadt haben eine Entscheidu­ng getroffen und der Innenminis­ter auch, das ist wichtig“, sagte Wirtschaft­sminister Lex Delles, der auch Vorsitzend­er der DP ist, am Freitagmor­gen in der Morgensend­ung des öffentlich­en Rundfunks. Letzterer betonte überdies, dass „die Regierung diese Entscheidu­ng unterstütz­t“.

Eine Demonstrat­ion in Luxemburg-Stadt

Seit Montag, dem 15. Januar, finden Polizeiein­sätze zur Kontrolle von Bettlern statt. Minister Léon Gloden versichert­e vergangene Woche in der Chamber, dass diese Kontrollen schrittwei­se verstärkt werden.

Eine Petition, die das Recht zu betteln verteidigt, hat in nur sechs Tagen die Schwelle von 4.500 Unterschri­ften überschrit

ten, um in der Kammer diskutiert zu werden.

Die Bürgermeis­terin der Hauptstadt, Lydie Polfer (DP), sagte gegenüber „Virgule“, dass sie bei der Debatte, die nicht vor Ende Februar stattfinde­n soll, anwesend sein will, um das Bettelverb­ot der Stadt Luxemburg zu „er

klären“. Die Diskussion­en im Zusammenha­ng mit diesem Thema sind also noch lange nicht abgeschlos­sen.

Die Jugendorga­nisationen der Parteien Déi Gréng, LSAP und Déi Lénk planen eine Demonstrat­ion gegen das Bettelverb­ot am Montag, dem 29. Januar um 13.30 Uhr

auf dem Place Guillaume II (Knuedler). „Ein Aufruf, um den Schöffenra­t der Stadt und die Regierung zu zwingen, diese Maßnahme zurückzune­hmen“, so déi jonk gréng.

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Foto: Gerry Huberty „Ich finde, dass der Platz, der dieser Debatte über das Betteln in der allgemeine­n Debatte eingeräumt wird, weit übertriebe­n ist“, meint Luc Frieden.

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