„Einfaches Betteln gibt es auch in Düdelingen“
Betteln scheint in der Südstadt kein großes Thema zu sein. Trotzdem konnte der Bürgermeister Dan Biancalana dieses bis Juli 2023 nach eigenem Ermessen verbieten
Die Stadt Düdelingen hatte bis Juli vergangenen Jahres ein Bettelverbot in ihrem Polizeireglement stehen. Dieses war strenger als jenes, das die Stadt Luxemburg eingeführt hat. Das „Luxemburger Wort“hat sich mit Bürgermeister Dan Biancalana (LSAP) unterhalten. Dabei ging es über die Situation in seiner Gemeinde bezüglich Obdachlosigkeit und Betteln und weshalb zu Letzterem nichts mehr im neuen Polizeireglement zu finden ist.
Dan Biancalana, wie viele Obdachlose gibt es in Düdelingen?
Die Sozialdienste der Gemeinde sind schon Menschen begegnet, die obdachlos waren, aber das hält sich wirklich in Grenzen. Dabei reden wir nicht von Bettlern. In den vergangenen Monaten waren es zwei bis drei Personen, die obdachlos waren. Diese trifft man allerdings nicht immer an. Die sind mal hier und mal wieder weg. Permanente Obdachlose, die ständig im Freien sind, haben wir in dem Sinne noch nicht erlebt.
Existieren Auffangstrukturen in Düdelingen, ähnlich wie in der Hauptstadt?
Nein, Auffangstrukturen haben wir nicht. Es gibt das AbriSud in Esch. Unsere Dienste haben natürlich Kontakt mit diesen Strukturen. Unsere Sozialarbeiter nehmen etwa Kontakt auf mit der „Stëmm vun der Strooss“. Es gibt die Diskussion, diese Menschen auf Ettelbrück, die Stadt Luxemburg und Esch aufzuteilen.
Existiert das Phänomen des Bettelns in Düdelingen?
Ja. Natürlich nicht in demselben Ausmaß wie in der Hauptstadt. Einfaches Betteln gibt es aber auch in Düdelingen an den klassischen Stellen, also vor dem Supermarkt, der Apotheke oder der Kirche. Dort sieht man vereinzelt Menschen.
Beim Supermarkt an der Place Jean Fohrmann waren vorhin zwei Bettler. Hat die Gemeinde den Kontakt zu ihnen gesucht?
Ja, es wurde vor einiger Zeit Kontakt aufgenommen. Es sind immer dieselben, die man dort antrifft. Unsere Sozialdienste haben sie nach ihrer Situation gefragt. Es handelt sich dabei um einfaches Betteln.
Die beiden stören also niemanden?
Nein. Ich kenne sie auch, ich bin viel zu Fuß in Düdelingen unterwegs und kaufe in vielen verschiedenen Supermärkten ein. Ich sehe immer dieselben Gesichter. Sie sitzen da, grüßen und fragen auch nach Geld. Meiner Erfahrung nach sind sie aber nicht beharrlich. Das hängt aber auch von der eigenen Wahrnehmung ab. Ob ich entscheide, jemandem etwas zu geben, ist meine Wahl, und es ist seine Freiheit dort zu sitzen und zu betteln. Es gibt Menschen, die stört das, andere stört das nicht.
Es gab keine Beschwerden von Bürgern, die sich daran störten, wie man das aus der Diskussion in der Hauptstadt kennt?
Im Herbst 2022 hatten wir mehr Bettler hier in Düdelingen, jetzt hat sich das wieder beruhigt. Damals hatten wir auch Situationen, in denen Bürger uns als Gemeinde kontaktiert haben, respektive auch die Polizei. Damals gab es den ein oder anderen, der Menschen nachgegangen ist, sie angefasst und nach Geld gefragt hat. Das ist natürlich nicht zu tolerieren. Einfaches Betteln ist das eine, wenn aber eine gewisse Aggression da ist, darf man sich das nicht gefallen lassen. Dann muss die Polizei eingeschaltet werden. Das haben vereinzelte Personen getan und die Polizei hat dementsprechend eingegriffen. Das ist aber nicht permanent an der Tagesordnung. Es gibt auch die Menschen, die einfach nur mit dem Becher da sitzen, betteln und hoffen, dass sie etwas bekommen. Das ist dann das klassische, einfache Betteln.
Die Situation hatte sich 2022 also schnell gebessert?
Sie hat sich einerseits gebessert, weil wir, nachdem Bürger uns kontaktiert hatten, uns mit der Polizei, dem Geschäftsverband und unseren Sozialdiensten zusammengesetzt hatten, um die Sache gezielt anzugehen. Wir hatten einen
Informationsstand auf dem Marktplatz, mit dem die Polizei darüber informierte, was das einfache Betteln ausmacht, und dass das legal ist. Wir haben die Bürger informiert und sensibilisiert. Wenn Menschen sich nicht an die Regeln gehalten haben, redeten die Polizei und die Sozialdienste mit ihnen. Die Polizei hat dann auch protokolliert. Dann waren aber andere Dinge dahinter als einfaches Betteln.
In Düdelingen hat man das Problem des aggressiven Bettelns also gelöst bekommen, ohne ein Gesetz, wie es die Stadt Luxemburg jetzt hat?
Im Herbst 2022 gab es noch das alte Polizeireglement. Das haben wir im Juli vergangenen Jahres geändert. Jetzt steht dort nichts mehr über das Betteln drin. Im Polizeireglement von 2010 hatte der Bürgermeister die Möglichkeit, auf dem Stadtgebiet das Betteln territorial und punktuell einzuschränken. Zu dieser Zeit mussten Polizeireglemente nicht vom Innenministerium angenommen werden. In der Stadt Luxemburg ist es der Gemeinderat, der entscheidet, welche Straßen und welche Uhrzeiten gelten. In unserem ehemaligen Reglement hatte der Bürgermeister eine Vollmacht. Ich habe diesen Artikel nie angewendet, auch nicht im Herbst 2022, als es eine Verstärkung der Bettelei gab. Ich fand, dass der Ermessensspielraum einfach zu groß war. Die Exekutive hätte über die Einschränkung einer Freiheit entschieden.
Wann entstand die Idee, diesen Paragrafen aus dem Polizeireglement zu entfernen? War das vor dem Beginn der Diskussionen in der Hauptstadt Anfang des Jahres?
Das geschah parallel zu den ganzen Diskussionen, die es in der Stadt Luxemburg gab, jenen um die neue Verfassung und rund um das Lacatus-Urteil. Es war eine komplette Überarbeitung des Polizeireglements. Das war auch zu dem Zeitpunkt, als das Gesetz zur Kompetenzerweiterung der „Pecherten“durch die Chamber ging.
Wieso hat die Stadt Düdelingen 2010 diesen Paragrafen zum Betteln ins Polizeireglement geschrieben?
Das war zu dieser Zeit nicht akut, ähnliche Bestimmungen standen bereits im vorigen Polizeireglement.
Ein Bettelverbot stand also auch bereits vor 2010 im Polizeireglement?
Im vorigen Polizeireglement stand auch bereits etwas zum Betteln drin. Andere Gemeinden hatten dies auch. Damals gab es in Düdelingen noch keine Bettler, höchstens vielleicht mal einen. Zu dem Zeitpunkt war das keine Diskussion.