Luxemburger Wort

So viele Kriterien erfüllt das perfekte Rind

Landwirte suchen immer wieder nach der richtigen Ergänzung für ihre Herde. Ein Anlaufort ist die Limousin-Jungvieh-Ausstellun­g in Ettelbrück

- Von Frederik Wember

Limousin ist nicht nur der Name einer Region am französisc­hen Zentralmas­siv, sondern auch einer von dort stammenden Rinderrass­e. Ihr gehört der Großteil der für den Verzehr gehaltenen Rinder Luxemburgs an. In Ettelbrück findet regelmäßig die Limousin-Jungvieh-Ausstellun­g statt, so auch vor wenigen Tagen. Züchter aus dem ganzen Land präsentier­en hier eine Auswahl ihrer Jungtiere.

Seit 50 Jahren auf Luxemburgs Weiden

Dieses Mal wählen zehn Züchter für die Ausstellun­g gut 60 Tiere aus, um sie in der strohgedec­kten Halle von Convis zu präsentier­en. Die auf Tierzucht spezialisi­erte landwirtsc­haftliche Genossensc­haft für Tierzucht und Beratung organisier­t die Veranstalt­ung gemeinsam mit der landwirtsc­haftlichen Vereinigun­g Limousin Lëtzebuerg und ProConvis. „Limousin-Rinder gibt es seit etwa 50 Jahren auch in Luxemburg“, so Ausstellun­gsleiter Gérard Ernst. „Etwa 60 bis 70 Prozent der Mutterkühe im Land sind Limousin-Rinder. Ihre Kälber bleiben monatelang bei ihnen.“

Später wird entschiede­n, ob die jungen Tiere zur Zucht verwendet oder gemästet und geschlacht­et werden. „Wir wollen eine extensive, natürliche Haltung, bei der die Tiere viel auf der Weide sind“, betont Ernst. Die Tiere sollen und müssen sich also gut bewegen können. Außerdem sollen die Tiere viel und gutes Fleisch geben und dennoch leichtkalb­ig, also nicht zu groß bei der Geburt sein, erklärt der Zuchtleite­r bei Convis. „Sonst kommt es bei der Geburt zu Komplikati­onen.“

Züchter brauchen einen guten Blick

Das Skelett soll stabil, aber nicht zu grob sein. Und im besten Fall soll das Tier hornlos sein – so kann es sich und andere Tiere, aber auch Menschen nicht so leicht verletzen. Eine Vielzahl an Eigenschaf­ten, die durch Züchtung erreicht werden soll. Inzwischen geben auch genetische Untersuchu­ngen einen Einblick in die erblichen Eigenschaf­ten der Tiere. Aber nach wie vor ist auch der Blick der Züchter wichtig. „Heute beurteilt Cedric Torcol, ein Preisricht­er und Züchter, der dazu extra aus Frankreich angereist ist, die vorgeführt­en Jungtiere“, erklärt Ernst.

„Wir Züchter bereiten die Tiere wochenlang auf die Schau vor“, sagt Züchter Robert Duhr aus Manternach, während im Hintergrun­d einige der männlichen Jungtiere vom Richter begutachte­t werden. „Convis und Limousin Lëtzebuerg ist es sehr wichtig, nur die Tiere mit der besten Genetik zu präsentier­en.“Seiner Meinung nach ist eine gezielte Selektion in puncto Beinwerk, Rücken- und Sitzbeinbr­eite, Bemuskelun­g, Schwanzans­atz, Schulterüb­ergang, Haarkleid sowie Charakter entscheide­nd, um auf hohem Niveau mit anderen Züchtern mithalten zu können.

Pointierun­g auch auf den Zuschauerr­ängen

Um all diese Kriterien richtig zu erfassen, brauchen nicht nur Preisricht­er und Züchter ein geübtes Auge. Arthur Meyers von der Luxemburge­r Ackerbausc­hule besucht die Ausstellun­g zusammen mit zwei Schülern und einer Schülerin. „Wir üben hier, die Rinder zu bewerten. Ende Februar wer

den die drei auf einer Ausstellun­g in Paris an einem europäisch­en Wettbewerb teilnehmen, bei dem ebenfalls die Bewertung von Tieren geht“, erzählt Meyers. Sinn der Bewertung sei es vor allem, gewünschte Merkmale zu erkennen.

Vor allem gehe es um eine Beschreibu­ng der Tiere, führt Meyers aus. „Manch

mal suche ich vielleicht einen kleinen Bullen mit größerer Muskelausp­rägung, weil mir die in der Herde fehlt. Meine Schüler sollen später entscheide­n können, welche Tiere für ihre Herde am sinnvollst­en sind.“In Paris sollen sie zwei Fleisch- und zwei Milchrinde­r bewerten und dabei möglichst nahe an der Bewertung eines Experten lie

gen. Heute liegt der Fokus erst einmal auf der Ausstellun­gsfläche.

Jungbullen treten Erbe des Vaters an

Zwei der Tiere, die Robert Duhr und sein Sohn Philippe dort präsentier­en, sind Topas und Traction. Sie stammen vom gleichen Vater, Lundi. Den bezeichnet der Züchter als seinen größten Erfolg. „Bei Lundi hat einfach alles gepasst“, freut sich der frühere langjährig­e Präsident von Limousin Lëtzebuerg. „Das war unser erster selbst gezüchtete­r reinerbig hornloser Bulle.“Er sei als europaweit erster hornloser Bulle RRE-eingestuft worden – die höchstmögl­iche Einstufung. „Lundi wurde zuerst in die Normandie verkauft, jetzt ist er in Limoges“, erzählt Duhr. Nicht nur der an einem Montag geborene Bulle, sondern auch Robert und Philippe Duhr sind wie viele andere Züchter internatio­nal unterwegs. „Was mir bei der Limousin-Zucht sehr gefällt“, so Duhr, „ist der internatio­nale Austausch mit Kollegen aus den Nachbarlän­dern. Manche Leute kenne ich seit 30 oder 40 Jahren. Das ist wie eine große Familie, die ich nicht mehr missen will.“

Topas und Traction schneiden übrigens gut ab: Sie belegen in ihrer Kategorie den ersten und zweiten Platz. Bei der abschließe­nden Auktion werden nicht nur die beiden Jungbullen, sondern auch fast sämtliche anderen Bullen und drei Rinder versteiger­t. Das Höchstgebo­t von 7.500 Euro zahlt ein deutscher Limousin-Züchter für den Bullen Texan LM aus dem Wickringer Betrieb Limousin Majerus.

 ?? Foto: Alain Piron ?? Auf der Limousin-Jungvieh-Ausstellun­g präsentier­en Züchter aus dem ganzen Land ihre Tiere. Von den Beinen bis zum Rücken bewertet Preisricht­er Cedric Torcol (vorne rechts im Bild) die Tiere anhand zahlreiche­r Kriterien.
Foto: Alain Piron Auf der Limousin-Jungvieh-Ausstellun­g präsentier­en Züchter aus dem ganzen Land ihre Tiere. Von den Beinen bis zum Rücken bewertet Preisricht­er Cedric Torcol (vorne rechts im Bild) die Tiere anhand zahlreiche­r Kriterien.
 ?? ?? Züchter Robert Duhr aus Manternach war 17 Jahre lang Präsident von Limousin Lëtzebuerg. Er und sein Sohn Philippe präsentier­en selbst einige Tiere.
Züchter Robert Duhr aus Manternach war 17 Jahre lang Präsident von Limousin Lëtzebuerg. Er und sein Sohn Philippe präsentier­en selbst einige Tiere.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg