So viele Kriterien erfüllt das perfekte Rind
Landwirte suchen immer wieder nach der richtigen Ergänzung für ihre Herde. Ein Anlaufort ist die Limousin-Jungvieh-Ausstellung in Ettelbrück
Limousin ist nicht nur der Name einer Region am französischen Zentralmassiv, sondern auch einer von dort stammenden Rinderrasse. Ihr gehört der Großteil der für den Verzehr gehaltenen Rinder Luxemburgs an. In Ettelbrück findet regelmäßig die Limousin-Jungvieh-Ausstellung statt, so auch vor wenigen Tagen. Züchter aus dem ganzen Land präsentieren hier eine Auswahl ihrer Jungtiere.
Seit 50 Jahren auf Luxemburgs Weiden
Dieses Mal wählen zehn Züchter für die Ausstellung gut 60 Tiere aus, um sie in der strohgedeckten Halle von Convis zu präsentieren. Die auf Tierzucht spezialisierte landwirtschaftliche Genossenschaft für Tierzucht und Beratung organisiert die Veranstaltung gemeinsam mit der landwirtschaftlichen Vereinigung Limousin Lëtzebuerg und ProConvis. „Limousin-Rinder gibt es seit etwa 50 Jahren auch in Luxemburg“, so Ausstellungsleiter Gérard Ernst. „Etwa 60 bis 70 Prozent der Mutterkühe im Land sind Limousin-Rinder. Ihre Kälber bleiben monatelang bei ihnen.“
Später wird entschieden, ob die jungen Tiere zur Zucht verwendet oder gemästet und geschlachtet werden. „Wir wollen eine extensive, natürliche Haltung, bei der die Tiere viel auf der Weide sind“, betont Ernst. Die Tiere sollen und müssen sich also gut bewegen können. Außerdem sollen die Tiere viel und gutes Fleisch geben und dennoch leichtkalbig, also nicht zu groß bei der Geburt sein, erklärt der Zuchtleiter bei Convis. „Sonst kommt es bei der Geburt zu Komplikationen.“
Züchter brauchen einen guten Blick
Das Skelett soll stabil, aber nicht zu grob sein. Und im besten Fall soll das Tier hornlos sein – so kann es sich und andere Tiere, aber auch Menschen nicht so leicht verletzen. Eine Vielzahl an Eigenschaften, die durch Züchtung erreicht werden soll. Inzwischen geben auch genetische Untersuchungen einen Einblick in die erblichen Eigenschaften der Tiere. Aber nach wie vor ist auch der Blick der Züchter wichtig. „Heute beurteilt Cedric Torcol, ein Preisrichter und Züchter, der dazu extra aus Frankreich angereist ist, die vorgeführten Jungtiere“, erklärt Ernst.
„Wir Züchter bereiten die Tiere wochenlang auf die Schau vor“, sagt Züchter Robert Duhr aus Manternach, während im Hintergrund einige der männlichen Jungtiere vom Richter begutachtet werden. „Convis und Limousin Lëtzebuerg ist es sehr wichtig, nur die Tiere mit der besten Genetik zu präsentieren.“Seiner Meinung nach ist eine gezielte Selektion in puncto Beinwerk, Rücken- und Sitzbeinbreite, Bemuskelung, Schwanzansatz, Schulterübergang, Haarkleid sowie Charakter entscheidend, um auf hohem Niveau mit anderen Züchtern mithalten zu können.
Pointierung auch auf den Zuschauerrängen
Um all diese Kriterien richtig zu erfassen, brauchen nicht nur Preisrichter und Züchter ein geübtes Auge. Arthur Meyers von der Luxemburger Ackerbauschule besucht die Ausstellung zusammen mit zwei Schülern und einer Schülerin. „Wir üben hier, die Rinder zu bewerten. Ende Februar wer
den die drei auf einer Ausstellung in Paris an einem europäischen Wettbewerb teilnehmen, bei dem ebenfalls die Bewertung von Tieren geht“, erzählt Meyers. Sinn der Bewertung sei es vor allem, gewünschte Merkmale zu erkennen.
Vor allem gehe es um eine Beschreibung der Tiere, führt Meyers aus. „Manch
mal suche ich vielleicht einen kleinen Bullen mit größerer Muskelausprägung, weil mir die in der Herde fehlt. Meine Schüler sollen später entscheiden können, welche Tiere für ihre Herde am sinnvollsten sind.“In Paris sollen sie zwei Fleisch- und zwei Milchrinder bewerten und dabei möglichst nahe an der Bewertung eines Experten lie
gen. Heute liegt der Fokus erst einmal auf der Ausstellungsfläche.
Jungbullen treten Erbe des Vaters an
Zwei der Tiere, die Robert Duhr und sein Sohn Philippe dort präsentieren, sind Topas und Traction. Sie stammen vom gleichen Vater, Lundi. Den bezeichnet der Züchter als seinen größten Erfolg. „Bei Lundi hat einfach alles gepasst“, freut sich der frühere langjährige Präsident von Limousin Lëtzebuerg. „Das war unser erster selbst gezüchteter reinerbig hornloser Bulle.“Er sei als europaweit erster hornloser Bulle RRE-eingestuft worden – die höchstmögliche Einstufung. „Lundi wurde zuerst in die Normandie verkauft, jetzt ist er in Limoges“, erzählt Duhr. Nicht nur der an einem Montag geborene Bulle, sondern auch Robert und Philippe Duhr sind wie viele andere Züchter international unterwegs. „Was mir bei der Limousin-Zucht sehr gefällt“, so Duhr, „ist der internationale Austausch mit Kollegen aus den Nachbarländern. Manche Leute kenne ich seit 30 oder 40 Jahren. Das ist wie eine große Familie, die ich nicht mehr missen will.“
Topas und Traction schneiden übrigens gut ab: Sie belegen in ihrer Kategorie den ersten und zweiten Platz. Bei der abschließenden Auktion werden nicht nur die beiden Jungbullen, sondern auch fast sämtliche anderen Bullen und drei Rinder versteigert. Das Höchstgebot von 7.500 Euro zahlt ein deutscher Limousin-Züchter für den Bullen Texan LM aus dem Wickringer Betrieb Limousin Majerus.