Schnelle Kritik an ESC und Esch 2022 ist zu einfach
Das gilt für die nationale Vorauswahl und die aufgefrischte Teilnahme beim Eurovision Song Contest ebenso wie für das Projekt Kulturhauptstadt Esch 2022, dessen endgültiger Abschlussbericht in der vergangenen Woche vorgelegt wurde: Niemand, der solche Ausgaben und Projekte unter internationalem Druck zu verwalten hat, macht es sich einfach. Gerade, wenn es sich wie in beiden Fällen um Millionen Euro an Steuergeld handelt.
Doch scheinbar sind Urteile schnell gefällt. Aber nein: Nur weil teilweise Englisch beim ESC-Vorentscheid im Hinblick auf ein interessiertes internationales Publikum im Netz gesprochen wurde, geht Lëtzebuerg nicht unter. Dass RTL auf internationale Profis bei der Durchführung setzt – eine Liveshow in diesem Ausmaß ist eine echte Hausnummer –, ist ebenso verständlich. Durchaus lässt sich aber darüber diskutieren, ob der Modus für Songs, Künstler oder das Voting so wieder stattfinden soll oder ob nicht stärker auch mehr luxemburgische Kulturschaffende Rollen bei dem Projekt ESC übernehmen sollen.
Aber es sollte daran erinnert werden: Niemandem fällt internationaler Erfolg in den Schoß, noch funktioniert selten etwas gleich beim ersten Mal. Es gilt auch, aus den Erfahrungen aus den Präsenzen bei der Biennale von Venedig, der Frankfurter Buchmesse oder auf dem Filmmarkt zu lernen: Nur gemeinsam und mit Expertise für das internationale Parkett sind wir stark – zunächst mit versierten Partnern, bis wir so professionalisiert aufgestellt sind, sodass es auch ohne Stützräder geht.
Das braucht Zeit – und im Fall von Goldenem Löwen, Grammy, Oscar, erfolgreichen Serien oder Buchvermarktungen auch viel Geduld, Netzwerke und
Geld.
Was können die Projektträger dennoch lernen? Die Bürgerinnen und Bürger, gerade die, die mitmachen und mitentwickeln wollen, müssen stärker von Anfang an mit ins Boot genommen werden und dabei Hilfestellung bekommen. Verordnen von oben läuft einfach nicht mehr. Und es gehört dann auch von der Seite der Projektträger dazu, selbst transparent die Schlusskritik und die Debatte darüber einzufordern.
Fast lautlos wurden die Abschlussdokumente von Esch 2022 online gestellt. Eine öffentliche Aufarbeitung der Ergebnisse scheint nicht wichtig. Ein Trugschluss. Denn nur das Paket an Beteiligung von Anfang bis Schluss schafft Verständnis, Mut und Lust zum Weiterentwickeln und multiplikatorische Effekte. Gerade dann, wenn für alle Freude, Nutzen und klare Selbstkritik darin steckt.
Doch das heißt für die Bürgerinnen und Bürger auch: Zum Erfolg müssen alle bereit und geduldig sein. Doch viele sind scheinbar lieber kompromisslose und sich im Ton vergreifende Social-Media-Trolle im Schnellschussmodus.
Niemandem fällt internationaler Erfolg in den Schoß, noch funktioniert selten etwas gleich beim ersten Mal.