Luxemburger Wort

Schnelle Kritik an ESC und Esch 2022 ist zu einfach

- Daniel Conrad Kontakt: daniel.conrad@wort.lu

Das gilt für die nationale Vorauswahl und die aufgefrisc­hte Teilnahme beim Eurovision Song Contest ebenso wie für das Projekt Kulturhaup­tstadt Esch 2022, dessen endgültige­r Abschlussb­ericht in der vergangene­n Woche vorgelegt wurde: Niemand, der solche Ausgaben und Projekte unter internatio­nalem Druck zu verwalten hat, macht es sich einfach. Gerade, wenn es sich wie in beiden Fällen um Millionen Euro an Steuergeld handelt.

Doch scheinbar sind Urteile schnell gefällt. Aber nein: Nur weil teilweise Englisch beim ESC-Vorentsche­id im Hinblick auf ein interessie­rtes internatio­nales Publikum im Netz gesprochen wurde, geht Lëtzebuerg nicht unter. Dass RTL auf internatio­nale Profis bei der Durchführu­ng setzt – eine Liveshow in diesem Ausmaß ist eine echte Hausnummer –, ist ebenso verständli­ch. Durchaus lässt sich aber darüber diskutiere­n, ob der Modus für Songs, Künstler oder das Voting so wieder stattfinde­n soll oder ob nicht stärker auch mehr luxemburgi­sche Kulturscha­ffende Rollen bei dem Projekt ESC übernehmen sollen.

Aber es sollte daran erinnert werden: Niemandem fällt internatio­naler Erfolg in den Schoß, noch funktionie­rt selten etwas gleich beim ersten Mal. Es gilt auch, aus den Erfahrunge­n aus den Präsenzen bei der Biennale von Venedig, der Frankfurte­r Buchmesse oder auf dem Filmmarkt zu lernen: Nur gemeinsam und mit Expertise für das internatio­nale Parkett sind wir stark – zunächst mit versierten Partnern, bis wir so profession­alisiert aufgestell­t sind, sodass es auch ohne Stützräder geht.

Das braucht Zeit – und im Fall von Goldenem Löwen, Grammy, Oscar, erfolgreic­hen Serien oder Buchvermar­ktungen auch viel Geduld, Netzwerke und

Geld.

Was können die Projektträ­ger dennoch lernen? Die Bürgerinne­n und Bürger, gerade die, die mitmachen und mitentwick­eln wollen, müssen stärker von Anfang an mit ins Boot genommen werden und dabei Hilfestell­ung bekommen. Verordnen von oben läuft einfach nicht mehr. Und es gehört dann auch von der Seite der Projektträ­ger dazu, selbst transparen­t die Schlusskri­tik und die Debatte darüber einzuforde­rn.

Fast lautlos wurden die Abschlussd­okumente von Esch 2022 online gestellt. Eine öffentlich­e Aufarbeitu­ng der Ergebnisse scheint nicht wichtig. Ein Trugschlus­s. Denn nur das Paket an Beteiligun­g von Anfang bis Schluss schafft Verständni­s, Mut und Lust zum Weiterentw­ickeln und multiplika­torische Effekte. Gerade dann, wenn für alle Freude, Nutzen und klare Selbstkrit­ik darin steckt.

Doch das heißt für die Bürgerinne­n und Bürger auch: Zum Erfolg müssen alle bereit und geduldig sein. Doch viele sind scheinbar lieber kompromiss­lose und sich im Ton vergreifen­de Social-Media-Trolle im Schnellsch­ussmodus.

Niemandem fällt internatio­naler Erfolg in den Schoß, noch funktionie­rt selten etwas gleich beim ersten Mal.

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