Wie KI die Arbeit in der Chamber erleichtern könnte
Die parlamentarische Verwaltung testet eine Software, die luxemburgische Debatten in geschriebenen Text umwandelt
„Als die Idee erstmalig aufkam, hatten uns Experten gesagt, wir könnten im Jahr 2035 damit rechnen, 46 Luxemburger Wörter zu kombinieren, so schwierig sei das“, erinnert sich Laurent Scheeck, amüsiert über erste Überlegungen, künstliche Intelligenz in der Chamber einzusetzen. „Heute, liegt die Fehlerquote des von uns genutzten KI-Programms bei acht auf 100 Wörter“, sagt der Chamber-Generalsekretär stolz.
Das war 2020, als die Verwaltung der Abgeordnetenkammer mit Peter Gilles, Professor für Linguistik an der Uni Luxemburg, zunächst informell über eine Konvention beriet. Ziel sollte sein: Ein digitales Speech-to-text-Werkzeug zu entwickeln, das auf Luxemburgisch gehaltenen Rede im Plenum oder in den Kommissionen in Echtzeit erkennen und in einen geschriebenen Text überführen kann. Vor gut einem Jahr wurde man sich einig. Seitdem ist im Bereich der KI-gestützten Spracherkennung viel geschehen.
Drei Jahre später steht ein Prototyp. „Wir haben die KI mit Reden von Abgeordneten gefüttert, sie trainiert also an lebenden Beispielen“, erklärt Professor Gilles die Vorgehensweise dem „Wort“auf Nachfrage. Seit 2020 tüfteln er und sein Team an dem KI-gestützten Programm. Eine Software, die auf der Grundlage des ChatGPT von Open AI weiterentwickelt wurde. „Es ist sehr hilfreich, dass diese Software derzeit noch für alle frei zugänglich ist.“
Wichtig sei es, genügend Trainingsdaten zu haben. Ein bestimmter Zuschnitt erlaubt es, dass die KI auch Sprachen wie das Luxemburgische, die keine große Verbreitung haben, trainieren kann – und sie lernt immer weiter: Als nächsten Schritt übersetzt die KI den erfassten luxemburgischen Text in vier weitere Sprachen: Deutsch, Französisch, Portugiesisch und Englisch. „Die Idee dahinter ist, weitere Bevölkerungsgruppen die Sit
zungsberichte zugänglich zu machen“, sagt Peter Gilles. Auch Schimpfwörter und Zwischenrufe könnte die KI erkennen: Wenn sie deutlich genug gesprochen werden und im Wortschatz vorrätig sind.
Bisher befindet sich der Prototyp noch in der Testphase: Die Transkripte sollen den Chamber-Mitarbeitern die Schreibarbeit erleichtern, geht es zum Beispiel darum, Sitzungsprotokolle aufzuschreiben. Eine Arbeitsgruppe wurde kürzlich gegründet, die sich mit den ethischen Herausforderungen des Einsatzes von KI auf dem Krautmarkt befassen wird. „Sicher ist, dass wir nicht in der Logik handeln, Menschen zu ersetzen. Es geht vielmehr darum, ihnen die Arbeit zu vereinfachen“, betont Laurent Scheeck. Die KI wird ihrerseits nicht von automatisierten Systemen, sondern vom Menschen überwacht, um Fehler zu vermeiden. Das heißt, alles wird auf Plausibilität und Fehler gegengelesen.
Charta soll ethische Prinzipien für Einsatz von KI festlegen
Nächster Schritt soll eine Charta sein, die bestimmte ethische Grundsätze bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz durch die Chamber festhalten soll. Denn es sind weitere Einsatzbereiche denkbar: im Archiv beispielsweise, bei den Übersetzungen, bei den Untertiteln der Chamber-TV-Sendungen – und eventuell eines Tages unterstützend beim Chamberblietchen, das von einer privaten Firma erstellt wird.
Der Einsatz von KI im Parlament ist keine rein Luxemburger Idee: Andere Parlamente, wie der Nationalrat in Österreich oder der Deutsche Bundesrat arbeiten bereits damit oder sind dabei, KI-gestützte Software zu testen. „Bei uns ist die Besonderheit, dass das Tool eigens für uns trainiert und aufs Luxemburgische angepasst wird“, sagt Scheeck, der am Montag in Madrid beim Treffen der Generalsekretäre der EU-Parlamente sich mit
Kollegen über das Thema und diesbzügliche Herausforderungen ausgetauscht hat. „Die Franzosen arbeiten derzeit an einem Register für gesetzliche Anpassungsanträge und Änderungen, das durch KI gesteuert wird“, berichtet er dem „Wort“. Ein Gesetz, das den Einsatz von KI regelt, gibt es in Luxemburg derzeit nicht.
Auch Schimpfwörter und Zwischenrufe könnte die KI erkennen: Wenn sie deutlich genug gesprochen werden und im Wortschatz vorrätig sind.
Das Europäische Parlament arbeitet, als Teil der digitalen Strategie der EU, an einem Rechtsrahmen zur künstlichen Intelligenz. Er soll sicherstellen, dass die in der EU eingesetzten KI-Systeme „sicher, transparent, nachvollziehbar, nichtdiskriminierend und umweltfreundlich sind“. Der öffentliche Einsatz von KI-Systemen, die als Bedrohung für Menschen gelten, beispielsweise biometrische Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme (Gesichtserkennung) sollen verboten werden. Im Dezember wurde sich das EU-Parlament mit dem Rat über das KI-Gesetz einig, es muss aber noch von Parlament und Rat verabschiedet werden, um EU-Recht zu werden.