Luc Frieden will doch kein „Orbán-Flüsterer“sein
Laut EU-Insider-Magazin „Politico“will der Premier versuchen, den ungarischen Präsidenten zu besänftigen. Er sei falsch zitiert worden, sagt er
Das Interview – oder besser gesagt, vor allem die Überschrift des Interviews – hatte für Unmut gesorgt. „Luxemburgs neuer Premier will der Orbán-Flüsterer der EU sein“, hatte das EU-Insider Magazin „Politico“eine Unterhaltung mit dem luxemburgischen Premier Luc Frieden (CSV) vor einigen Wochen betitelt.
Darin sprach der Premier über die Blockadehaltung des ungarischen Premiers Viktor Orbán auf EU-Ebene an. Der Grundtenor des Interviews wirkte Budapest sehr wohlwollend gegenüber. Ungarn sei „mehr pro-europäisch als wir manchmal denken“und Frieden wolle dazu beitragen, Brücken zwischen Brüssel und Budapest zu bauen, lautete es darin. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass nur sehr wenige direkte Zitate im Text vorhanden waren – meist wurde der Premier lediglich paraphrasiert.
In Luxemburg kamen die Aussagen schlecht an – Frieden erntete Kritik seitens der Opposition. Besonders die LSAP wunderte sich über die lieben Worte für Orbán. „Diese ungeheuerlichen Äußerungen kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem Putin-Freund Orbán es immer dreister treibt: die Blockade wichtiger europäischer Projekte wie die Beitrittsgespräche mit der Ukraine, das Finanzierungspaket für die Ukraine oder auch noch der EUHaushalt, alles zum Zweck, die EU zu diskreditieren und die Herausgabe der eingefrorenen EU-Subventionen zu erpressen“, wird der LSAP-Parlamentarier Franz Fayot im Tageblatt zitiert. „Außerdem ist Orbán offensichtlich das trojanische Pferd Russlands in der EU und bestrebt eine internationale Allianz der rechtsextremen Bewegungen unter seiner Leitung.“
„Ich kann mich nur wundern, dass Viktor Orbán, seitdem er keine Freunde mehr in Polen hat, in Luxemburg neue Freunde gefunden zu haben scheint“, lästerte auch der EU-Kommissar und Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten bei den EU-Wahlen Nicolas Schmit (LSAP).
Auch Bettel kritisierte Frieden
Doch auch innerhalb der Koalition wunderten sich einige über das Interview. Noch am Montagmorgen sagte Luxemburgs Außenminister Xavier Bettel (DP), er sehe das anders als Premier Luc Frieden: „Ich hätte das nicht so gesagt“, so Bettel am Rande eines EU-Treffens. Er kenne Viktor Orbán lange genug, um zu wissen, die EU habe keine Schuld an den derzeitigen Spannungen. „Es ist zu einfach, die EU für alles verantwortlich zu machen“, so der DP-Politiker.
„Laut Frieden trägt auch die EU eine Mitschuld an Orbáns Isolation“, hatte „Politico“nämlich geschrieben. Um den Premier danach zu zitieren: „Ich bin manchmal schockiert, wenn ich sehe, wie wenig Mühe daran verwendet wird, zu verstehen, was die andere Seite denkt“.
Luc Frieden versuchte am Montag dann der Kontroverse ein Ende zu setzen: „Ich bin falsch zitiert worden“, sagte er dem 100,7 nach einer Versammlung in der Chamber. Ihm sei es lediglich darum gegangen, Ungarn nicht absolut zu isolieren.
Ich kann mich nur wundern, dass Viktor Orbán, seitdem er keine Freunde mehr in Polen hat, in Luxemburg neue Freunde gefunden zu haben scheint. Nicolas Schmit (LSAP), EU-Kommissar und Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten