Luxemburger Wort

Der Tod von drei US-Soldaten dürfte nicht folgenlos bleiben

Präsident Joe Biden fürchtet schon länger, dass sich der Konflikt im Nahen Osten weiter ausweiten könnte. Nun dürfte ein Drohnenang­riff die Lage weiter verschärfe­n

- Von Michael Wrase

Es war nur eine Frage der Zeit, bis bei den bisher 158 Angriffen pro-iranischer Milizen auf US-Militärein­richtungen in Syrien und dem Irak amerikanis­che Soldaten ihr Leben verlieren würden: Ziel des Drohnenang­riffes war der Stützpunkt „Tower 22“an der syrisch-jordanisch­en Grenze. Zum Zeitpunkt der Terroratta­cke sollen sich 350 Angehörige der US-Luftwaffe und Armee auf der Basis befunden haben. Drei von ihnen wurden offenbar im Schlaf getötet. Acht weitere mussten mit lebensgefä­hrlichen Verletzung­en evakuiert werden.

Die angreifend­e Drohne kam nach amerikanis­cher Darstellun­g aus dem nahen Syrien. Wie sie die hochmodern­en Luftabwehr­systeme um „Tower 22“überwinden konnte, bereitet der US-Armee einiges Kopfzerbre­chen. Militärexp­erten, die anonym bleiben wollen, schließen „militärtec­hnische Unterstütz­ung der iranischen Armee“nicht aus. „Wir wissen, dass dieser Anschlag von radikalen, vom Iran unterstütz­ten Gruppen verübt wurde, die in Syrien und im Irak operieren“, erklärte US-Präsident Joe Biden, der „alle Verantwort­lichen zur Rechenscha­ft ziehen will“.

„Und zwar zu einem Zeitpunkt und in einer Weise, die wir wählen“, fügte er hinzu. Vor einem direkten Angriff auf den Iran scheinen die USA noch zurückzusc­hrecken. „Wir wollen nicht den Weg einer größeren Eskalation gehen, die zu einem breiteren Konflikt in der Region führt“, sagte der amerikanis­che Generalsta­bschef Charles Q. Brown am Sonntag. Er glaube auch nicht, dass der Iran einen Krieg mit den Vereinigte­n Staaten wolle.

„Militärisc­he Hochspannu­ng“

Dennoch bereitet man sich im Iran selbst auf mögliche amerikanis­che Vergeltung­sschläge vor. Die iranischen Streitkräf­te wurden nach Teheraner Medienberi­chten in höchste Alarmberei­tschaft versetzt. Zudem schickte die iranische Kriegsmari­ne das zum Flugzeugtr­äger für Drohnen und Hubschraub­er umgebaute Kriegsschi­ff „Schahid Mahdavi“in den Golf vom Oman. Die Verlegung wird in arabischen Militärkre­isen als ein Zeichen für „militärisc­he Hochspannu­ng“interpreti­ert.

Rund 50 000 US-Soldaten sind gegenwärti­g im Nahen Osten stationier­t. Die meisten von ihnen befinden sich in Kuwait (13.000), Katar (12.000), Bahrain (7.000) sowie den Vereinigte­n Arabischen Emiraten (5.000). In Syrien (2.000), Irak (3.000) und Jordanien (4.000) wurden kleinere Kontingent­e stationier­t. Zu ihren Aufgaben gehört die Bekämpfung der Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS) sowie die Eindämmung des wachsenden iranischen Einflusses im Vorderen Orient.

So sind die im Stützpunkt „Tower 22“stationier­ten US-Einheiten dafür verantwort­lich, den Waren – und Personenve­rkehr auf der Fernstraße von Damaskus und Bagdad zu überwachen sowie die jordanisch­e Armee bei der Bekämpfung des Drogenschm­uggels zu unterstütz­en. Dabei geht es vor allem um das Aufputschm­ittel Captagon, das in riesigen Mengen von Mitglieder­n des in Damaskus regierende­n Assad-Clans produziert wird.

Eskalation­sgefahr zwischen USA und Iran?

Bei der Eindämmung des iranischen Einflusses in der Region waren die USA bis zum Terrorüber­fall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 eher defensiv vorgegange­n. Eine Ausnahme bildete die gezielte Tötung des hochrangig­en iranischen Generals Qassem Soleimani am 20. Januar 2020 durch eine US-Drohne am Flughafen von Bagdad. Er galt als der Drahtziehe­r der iranischen Militärope­rationen im Nahen Osten. Auf seine noch von US-Präsident Donald Trump angeordnet­e Liquidieru­ng hatte der Iran mit massiven Raketenang­riffen auf die USBasis Al Asad im Irak reagiert, die USA zuvor aber vor den Militärsch­lägen gewarnt. Amerikanis­che Todesopfer und eine damals befürchtet­e Ausweitung des „Kleinkrieg­es“zwischen dem Iran und den USA konnten so verhindert werden.

Eine offensiver­e Gangart wählten die USA erst nach den wahrschein­lich vom Iran unterstütz­en Raketenang­riffen der Huthis im Roten Meer. Dabei wurden auch Marschflug­körper gegen militärisc­he Ziele im Jemen selbst eingesetzt. Mit ähnlichen Angriffen rechnen Militärexp­erten auch nach den tödlichen Drohnenatt­acken auf „Tower 22“. Nach unbestätig­ten Berichten wurde am Montag bereits mit der Evakuierun­g von Militärflu­ghäfen in Zentralsyr­ien begonnen. Stellungen pro-iranischer Milizen im syrisch-irakischen Grenzgebie­t seien vorübergeh­end geräumt worden.

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Foto: AFP US-Präsident Joe Biden drohte mit Vergeltung, nachdem am Sonntag drei US-Soldaten bei einem Drohnenang­riff getötet worden waren.

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