Der Tod von drei US-Soldaten dürfte nicht folgenlos bleiben
Präsident Joe Biden fürchtet schon länger, dass sich der Konflikt im Nahen Osten weiter ausweiten könnte. Nun dürfte ein Drohnenangriff die Lage weiter verschärfen
Es war nur eine Frage der Zeit, bis bei den bisher 158 Angriffen pro-iranischer Milizen auf US-Militäreinrichtungen in Syrien und dem Irak amerikanische Soldaten ihr Leben verlieren würden: Ziel des Drohnenangriffes war der Stützpunkt „Tower 22“an der syrisch-jordanischen Grenze. Zum Zeitpunkt der Terrorattacke sollen sich 350 Angehörige der US-Luftwaffe und Armee auf der Basis befunden haben. Drei von ihnen wurden offenbar im Schlaf getötet. Acht weitere mussten mit lebensgefährlichen Verletzungen evakuiert werden.
Die angreifende Drohne kam nach amerikanischer Darstellung aus dem nahen Syrien. Wie sie die hochmodernen Luftabwehrsysteme um „Tower 22“überwinden konnte, bereitet der US-Armee einiges Kopfzerbrechen. Militärexperten, die anonym bleiben wollen, schließen „militärtechnische Unterstützung der iranischen Armee“nicht aus. „Wir wissen, dass dieser Anschlag von radikalen, vom Iran unterstützten Gruppen verübt wurde, die in Syrien und im Irak operieren“, erklärte US-Präsident Joe Biden, der „alle Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen will“.
„Und zwar zu einem Zeitpunkt und in einer Weise, die wir wählen“, fügte er hinzu. Vor einem direkten Angriff auf den Iran scheinen die USA noch zurückzuschrecken. „Wir wollen nicht den Weg einer größeren Eskalation gehen, die zu einem breiteren Konflikt in der Region führt“, sagte der amerikanische Generalstabschef Charles Q. Brown am Sonntag. Er glaube auch nicht, dass der Iran einen Krieg mit den Vereinigten Staaten wolle.
„Militärische Hochspannung“
Dennoch bereitet man sich im Iran selbst auf mögliche amerikanische Vergeltungsschläge vor. Die iranischen Streitkräfte wurden nach Teheraner Medienberichten in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Zudem schickte die iranische Kriegsmarine das zum Flugzeugträger für Drohnen und Hubschrauber umgebaute Kriegsschiff „Schahid Mahdavi“in den Golf vom Oman. Die Verlegung wird in arabischen Militärkreisen als ein Zeichen für „militärische Hochspannung“interpretiert.
Rund 50 000 US-Soldaten sind gegenwärtig im Nahen Osten stationiert. Die meisten von ihnen befinden sich in Kuwait (13.000), Katar (12.000), Bahrain (7.000) sowie den Vereinigten Arabischen Emiraten (5.000). In Syrien (2.000), Irak (3.000) und Jordanien (4.000) wurden kleinere Kontingente stationiert. Zu ihren Aufgaben gehört die Bekämpfung der Terrororganisation „Islamischer Staat“(IS) sowie die Eindämmung des wachsenden iranischen Einflusses im Vorderen Orient.
So sind die im Stützpunkt „Tower 22“stationierten US-Einheiten dafür verantwortlich, den Waren – und Personenverkehr auf der Fernstraße von Damaskus und Bagdad zu überwachen sowie die jordanische Armee bei der Bekämpfung des Drogenschmuggels zu unterstützen. Dabei geht es vor allem um das Aufputschmittel Captagon, das in riesigen Mengen von Mitgliedern des in Damaskus regierenden Assad-Clans produziert wird.
Eskalationsgefahr zwischen USA und Iran?
Bei der Eindämmung des iranischen Einflusses in der Region waren die USA bis zum Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 eher defensiv vorgegangen. Eine Ausnahme bildete die gezielte Tötung des hochrangigen iranischen Generals Qassem Soleimani am 20. Januar 2020 durch eine US-Drohne am Flughafen von Bagdad. Er galt als der Drahtzieher der iranischen Militäroperationen im Nahen Osten. Auf seine noch von US-Präsident Donald Trump angeordnete Liquidierung hatte der Iran mit massiven Raketenangriffen auf die USBasis Al Asad im Irak reagiert, die USA zuvor aber vor den Militärschlägen gewarnt. Amerikanische Todesopfer und eine damals befürchtete Ausweitung des „Kleinkrieges“zwischen dem Iran und den USA konnten so verhindert werden.
Eine offensivere Gangart wählten die USA erst nach den wahrscheinlich vom Iran unterstützen Raketenangriffen der Huthis im Roten Meer. Dabei wurden auch Marschflugkörper gegen militärische Ziele im Jemen selbst eingesetzt. Mit ähnlichen Angriffen rechnen Militärexperten auch nach den tödlichen Drohnenattacken auf „Tower 22“. Nach unbestätigten Berichten wurde am Montag bereits mit der Evakuierung von Militärflughäfen in Zentralsyrien begonnen. Stellungen pro-iranischer Milizen im syrisch-irakischen Grenzgebiet seien vorübergehend geräumt worden.