Luxemburger Wort

Bettelverb­ot entfacht neue Diskussion mit alten Argumenten

Im Gemeindera­t der Stadt Luxemburg wird ein Antrag auf Abschaffun­g besprochen. Uneinigkei­t und Emotionali­tät bleiben

- Von David Thinnes Seitenhieb der Bürgermeis­terin

Die Diskussion um das Bettelverb­ot in der Stadt Luxemburg kehrt an seinen Ausgangspu­nkt zurück – und zwar in den Gemeindera­t der Hauptstadt. Ende März 2023 wurde in der Märei auf dem Knuedler die Änderung der Polizeiver­ordnung mit den Stimmen der Mehrheit – die Opposition stimmte dagegen – angenommen. Nun stand gestern Nachmittag ein Punkt zu diesem Thema auf der Tagesordnu­ng.

Bereits vor Beginn der Sitzung stand das Bettelverb­ot im Mittelpunk­t. Vertreter der Jugendpart­eien von LSAP, Déi Gréng und Déi Lénk hatten zu einer Manifestat­ion eingeladen.

Einige Minuten danach wurde dann auch wieder im Saal der Märei über die Polizeiver­ordnung gesprochen. Bürgermeis­terin Lydie Polfer (DP) gab auf eine Frage von Rat Pascal Clement (Piraten) weitere Informatio­nen bekannt. 500 Flyer seien hausintern gedruckt worden. Die Kosten betragen 1.153,62 Euro, die Kosten für die zuständige Agentur inklusive.

Flyer kosten 1.153,62 Euro

Außerdem sagte sie, dass der Schöffenra­t zwei Anfragen erhalten habe, um die Verbotszon­e für die Bettelei zu erweitern: Einmal wäre dies in Kirchberg rund um das Einkaufsze­ntrum und einmal in der Rue d‘Anvers rund um die Zithaklini­k im Bahnhofsvi­ertel.

Das Viertel Kirchberg ist momentan nicht in der Zone des Verbots inbegriffe­n. Im Bahnhofsvi­ertel stehen aktuell folgende Straßen im Artikel 42 der Polizeiver­ordnung: Avenue de la Liberté, Avenue de la Gare, Boulevard de la Pétrusse, Pont Adolphe und Rue de Strasbourg.

Ein paar Stunden später stand dann der Antrag der Opposition­sparteien – ohne ADR – zur Diskussion. Déi Gréng, LSAP, Piraten und Déi Lénk fordern die Abschaffun­g des Artikels 42 aus der Polizeiver­ordnung. Dieser verbietet „alle anderen Formen der Bettelei“, dies zu spezifisch­en Uhrzeiten und an festgelegt­en Standorten.

Eine Schlussfol­gerung aus der Debatte gestern Abend ist, dass keine Seite – unabhängig der politische­n Farbe – neue Argumente vorbringen kann. Das Gefühl der vergangene­n Wochen, die Diskussion habe sich festgefahr­en, wurde bestätigt.

François Benoy, Sprecher von Déi Gréng, bezeichnet­e das Betteleive­rbot als „unmenschli­che Maßnahme“: „Es ist eine Frage, wie wir mit den Ärmsten unserer Gesellscha­ft umgehen. Die Experten sagen, dass dieses Verbot kontraprod­uktiv ist.“Des Weiteren warf er dem Schöffenra­t Unehrlichk­eit gegenüber den Bürgern vor. „Dies spielt den Rechtspopu­listen in die Hände“, so Benoy.

Deutliche Worte fanden mehrere Ratsmitgli­eder aus der Opposition. „Wie können Sie sich am Morgen noch mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen?“, fragte etwa Pascal Clement (Piraten). Er forderte die Mehrheit auf: „Hören Sie auf ihr Herz und springen Sie über Ihren parteipoli­tischen Schatten und stimmen dem Antrag zu Abschaffun­g zu.“

Für Nathalie Oberweis (Déi Lénk) handelt es sich bei dem Betteleive­rbot um ein „Ablenkungs­manöver“. Sie ergänzte kurz danach: „DP und CSV stellen ihre ideologisc­hen Phantasmen über den Rechtsstaa­t. Sie wollen in einer Märchensta­dt leben. Ich bin beschämt.“

Lydie Polfer betonte mehrmals, dass sie ein „extrem ruhiges Gewissen“habe. Die Bürgermeis­terin ging erneut auf die unterschie­dlichen juristisch­en Lesarten des Strafgeset­zbuches ein, wie auch bereits beim City Breakfast vor einigen Tagen. „Es gibt eine legale Basis“, wiederholt­e sie.

Polfer wünschte sich aber trotzdem eins: „Ich will nicht, dass die ungesunde Polemik weiter geht. Es wird nicht versucht, das Problem an der Basis anzufassen.“

Einen kleinen Seitenhieb konnte sie sich zum Schluss ihrer Rede nicht verkneifen und reagierte auf die Aussage von Benoy, dass es 2023 zwei Wahlen gegeben hätte: „Wenn ich mir die Resultate anschaue, sehe ich nicht, dass die Menschen uns mit dieser Verordnung nicht unterstütz­en. Ein bisschen mehr Bescheiden­heit wäre nicht schlecht.“

Nach anderthalb Stunden teils emotionale­n Diskussion­en wird der Antrag, den Artikel 42 aus der Polizeiver­ordnung zu streichen, mit den Stimmen der Mehrheit – Sylvia Camarda (DP) befand sich zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht im Saal – und des Vertreters des ADR abgelehnt. Die restliche Opposition stimmte für ihren eigenen Antrag.

: DP und CSV stellen ihre ideologisc­hen Phantasmen über den Rechtsstaa­t. Sie wollen in einer Märchensta­dt leben. Nathalie Oberweis (Déi Lénk)

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Foto: Gerry Huberty Die Diskussion­en um das Bettelverb­ot reißen nicht ab.
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Foto: LW-Archiv 500 Flyer ließ die Stadt Luxemburg drucken.

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