Bettelverbot entfacht neue Diskussion mit alten Argumenten
Im Gemeinderat der Stadt Luxemburg wird ein Antrag auf Abschaffung besprochen. Uneinigkeit und Emotionalität bleiben
Die Diskussion um das Bettelverbot in der Stadt Luxemburg kehrt an seinen Ausgangspunkt zurück – und zwar in den Gemeinderat der Hauptstadt. Ende März 2023 wurde in der Märei auf dem Knuedler die Änderung der Polizeiverordnung mit den Stimmen der Mehrheit – die Opposition stimmte dagegen – angenommen. Nun stand gestern Nachmittag ein Punkt zu diesem Thema auf der Tagesordnung.
Bereits vor Beginn der Sitzung stand das Bettelverbot im Mittelpunkt. Vertreter der Jugendparteien von LSAP, Déi Gréng und Déi Lénk hatten zu einer Manifestation eingeladen.
Einige Minuten danach wurde dann auch wieder im Saal der Märei über die Polizeiverordnung gesprochen. Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) gab auf eine Frage von Rat Pascal Clement (Piraten) weitere Informationen bekannt. 500 Flyer seien hausintern gedruckt worden. Die Kosten betragen 1.153,62 Euro, die Kosten für die zuständige Agentur inklusive.
Flyer kosten 1.153,62 Euro
Außerdem sagte sie, dass der Schöffenrat zwei Anfragen erhalten habe, um die Verbotszone für die Bettelei zu erweitern: Einmal wäre dies in Kirchberg rund um das Einkaufszentrum und einmal in der Rue d‘Anvers rund um die Zithaklinik im Bahnhofsviertel.
Das Viertel Kirchberg ist momentan nicht in der Zone des Verbots inbegriffen. Im Bahnhofsviertel stehen aktuell folgende Straßen im Artikel 42 der Polizeiverordnung: Avenue de la Liberté, Avenue de la Gare, Boulevard de la Pétrusse, Pont Adolphe und Rue de Strasbourg.
Ein paar Stunden später stand dann der Antrag der Oppositionsparteien – ohne ADR – zur Diskussion. Déi Gréng, LSAP, Piraten und Déi Lénk fordern die Abschaffung des Artikels 42 aus der Polizeiverordnung. Dieser verbietet „alle anderen Formen der Bettelei“, dies zu spezifischen Uhrzeiten und an festgelegten Standorten.
Eine Schlussfolgerung aus der Debatte gestern Abend ist, dass keine Seite – unabhängig der politischen Farbe – neue Argumente vorbringen kann. Das Gefühl der vergangenen Wochen, die Diskussion habe sich festgefahren, wurde bestätigt.
François Benoy, Sprecher von Déi Gréng, bezeichnete das Betteleiverbot als „unmenschliche Maßnahme“: „Es ist eine Frage, wie wir mit den Ärmsten unserer Gesellschaft umgehen. Die Experten sagen, dass dieses Verbot kontraproduktiv ist.“Des Weiteren warf er dem Schöffenrat Unehrlichkeit gegenüber den Bürgern vor. „Dies spielt den Rechtspopulisten in die Hände“, so Benoy.
Deutliche Worte fanden mehrere Ratsmitglieder aus der Opposition. „Wie können Sie sich am Morgen noch mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen?“, fragte etwa Pascal Clement (Piraten). Er forderte die Mehrheit auf: „Hören Sie auf ihr Herz und springen Sie über Ihren parteipolitischen Schatten und stimmen dem Antrag zu Abschaffung zu.“
Für Nathalie Oberweis (Déi Lénk) handelt es sich bei dem Betteleiverbot um ein „Ablenkungsmanöver“. Sie ergänzte kurz danach: „DP und CSV stellen ihre ideologischen Phantasmen über den Rechtsstaat. Sie wollen in einer Märchenstadt leben. Ich bin beschämt.“
Lydie Polfer betonte mehrmals, dass sie ein „extrem ruhiges Gewissen“habe. Die Bürgermeisterin ging erneut auf die unterschiedlichen juristischen Lesarten des Strafgesetzbuches ein, wie auch bereits beim City Breakfast vor einigen Tagen. „Es gibt eine legale Basis“, wiederholte sie.
Polfer wünschte sich aber trotzdem eins: „Ich will nicht, dass die ungesunde Polemik weiter geht. Es wird nicht versucht, das Problem an der Basis anzufassen.“
Einen kleinen Seitenhieb konnte sie sich zum Schluss ihrer Rede nicht verkneifen und reagierte auf die Aussage von Benoy, dass es 2023 zwei Wahlen gegeben hätte: „Wenn ich mir die Resultate anschaue, sehe ich nicht, dass die Menschen uns mit dieser Verordnung nicht unterstützen. Ein bisschen mehr Bescheidenheit wäre nicht schlecht.“
Nach anderthalb Stunden teils emotionalen Diskussionen wird der Antrag, den Artikel 42 aus der Polizeiverordnung zu streichen, mit den Stimmen der Mehrheit – Sylvia Camarda (DP) befand sich zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht im Saal – und des Vertreters des ADR abgelehnt. Die restliche Opposition stimmte für ihren eigenen Antrag.
: DP und CSV stellen ihre ideologischen Phantasmen über den Rechtsstaat. Sie wollen in einer Märchenstadt leben. Nathalie Oberweis (Déi Lénk)