Wann kommt die Ethikdebatte zur KI?
Die Chamber ist Avantgarde: Sie ist die erste politische Institution, die in Luxemburg auf künstliche Intelligenz setzt, wenn auch im Modellversuch. Derzeit mit einem Spracherkennungs-Werkzeug der Uni Luxemburg, das Reden von Abgeordneten auf Luxemburgisch erkennt und niederschreibt. Eine Übersetzungsfunktion soll dann in einem zweiten Schritt, die luxemburgische Abschrift in weiteren Sprachen zur Verfügung stellen.
Das heißt: Politische Debatten könnten Bürgerinnen und Bürgern bald schon schneller zugänglich sein. Mit den öffentlichen Kommissionssitzungen wäre das ein klares Plus an Demokratie. Weitere Anwendungen sind denkbar: im Archiv, beim Erfassen von Gesetzentwürfen, bei der Untertitelung von ChamberTV. Die Chamber hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die über ethische Aspekte des KI-Einsatzes nachdenken soll. Zudem will sie sich einen Ethikkodex geben, der sicherstellen soll, dass mit der KI nicht Menschen in elementaren Prozessen durch Automaten ersetzt werden.
Die Initiative ehrt die Parlamentsverwaltung, denn in der Politik werden bevorzugt die Chancen, die durch KI entstehen, ins Fenster gestellt – kein Wunder, bei dem Riesenmarkt, der sich dahinter auftut. Wenig bis gar nicht thematisiert werden indes die ethischen Risiken, die für die Demokratie mit der Technologie verbunden sind.
KI in der politischen Arena ist ein zweischneidiges Schwert: Desinformation kann mittels ihr erheblich schneller und deutlich zielgerichteter ans Ziel gebracht werden. Großflächige Kampagnen, kombiniert mit Deepfakes, also gefälschte, aber täuschend echt wirkende Medien-Inhalte, können die politische Debatte verzerren und vergiften – und tun es bereits.
Aber neben diesen offensichtlichen Gefahren werden in der Öffentlichkeit zu wenig die Hintergründe verschiedener KI-Modelle beleuchtet. Bei vielen Grundlagenmodellen ist oft nicht einmal transparent, wie die dahinterliegenden Algorithmen funktionieren, was mit den gesammelten Datenmassen geschieht, mitten denen ein KI-System zu Trainingszwecken gefüttert wird und wie sie mit anderen Daten vernetzt oder gekreuzt werden. Wem gehören diese? Wer profitiert? Und was bedeutet das für darauf aufbauende Anwendungen?
Hier Transparenz zu schaffen, ist kruzial. Um das Vertrauen in politische Prozesse nicht zu verspielen, gehört von Anfang an die ethische Dimension in den Blick genommen: völlige Offenheit darüber, wo KI eingesetzt wird, wer sie herstellt und vermarktet – und ebendiese Reflexion findet in Luxemburg bislang kaum statt. In der Schule nicht, von der Politik ebenfalls nicht.
Bald soll ein EU-weites KI-Gesetz die Risiken einhegen helfen. Aber die komplizierte Debatte wird von Experten geführt und den Medien gelingt es viel zu wenig, die Bedeutung der neuen Technologie für den einzelnen Bürger verständlich herunterzubrechen. Neben Bildungsinstitutionen hat die Chamber auch hier eine Schlüsselrolle zu spielen.
KI in der politischen Arena ist ein zweischneidiges Schwert.