Luxemburger Wort

Wann kommt die Ethikdebat­te zur KI?

- Ines Kurschat Kontakt: ines.kurschat@wort.lu

Die Chamber ist Avantgarde: Sie ist die erste politische Institutio­n, die in Luxemburg auf künstliche Intelligen­z setzt, wenn auch im Modellvers­uch. Derzeit mit einem Spracherke­nnungs-Werkzeug der Uni Luxemburg, das Reden von Abgeordnet­en auf Luxemburgi­sch erkennt und niederschr­eibt. Eine Übersetzun­gsfunktion soll dann in einem zweiten Schritt, die luxemburgi­sche Abschrift in weiteren Sprachen zur Verfügung stellen.

Das heißt: Politische Debatten könnten Bürgerinne­n und Bürgern bald schon schneller zugänglich sein. Mit den öffentlich­en Kommission­ssitzungen wäre das ein klares Plus an Demokratie. Weitere Anwendunge­n sind denkbar: im Archiv, beim Erfassen von Gesetzentw­ürfen, bei der Untertitel­ung von ChamberTV. Die Chamber hat eine Arbeitsgru­ppe ins Leben gerufen, die über ethische Aspekte des KI-Einsatzes nachdenken soll. Zudem will sie sich einen Ethikkodex geben, der sicherstel­len soll, dass mit der KI nicht Menschen in elementare­n Prozessen durch Automaten ersetzt werden.

Die Initiative ehrt die Parlaments­verwaltung, denn in der Politik werden bevorzugt die Chancen, die durch KI entstehen, ins Fenster gestellt – kein Wunder, bei dem Riesenmark­t, der sich dahinter auftut. Wenig bis gar nicht thematisie­rt werden indes die ethischen Risiken, die für die Demokratie mit der Technologi­e verbunden sind.

KI in der politische­n Arena ist ein zweischnei­diges Schwert: Desinforma­tion kann mittels ihr erheblich schneller und deutlich zielgerich­teter ans Ziel gebracht werden. Großflächi­ge Kampagnen, kombiniert mit Deepfakes, also gefälschte, aber täuschend echt wirkende Medien-Inhalte, können die politische Debatte verzerren und vergiften – und tun es bereits.

Aber neben diesen offensicht­lichen Gefahren werden in der Öffentlich­keit zu wenig die Hintergrün­de verschiede­ner KI-Modelle beleuchtet. Bei vielen Grundlagen­modellen ist oft nicht einmal transparen­t, wie die dahinterli­egenden Algorithme­n funktionie­ren, was mit den gesammelte­n Datenmasse­n geschieht, mitten denen ein KI-System zu Trainingsz­wecken gefüttert wird und wie sie mit anderen Daten vernetzt oder gekreuzt werden. Wem gehören diese? Wer profitiert? Und was bedeutet das für darauf aufbauende Anwendunge­n?

Hier Transparen­z zu schaffen, ist kruzial. Um das Vertrauen in politische Prozesse nicht zu verspielen, gehört von Anfang an die ethische Dimension in den Blick genommen: völlige Offenheit darüber, wo KI eingesetzt wird, wer sie herstellt und vermarktet – und ebendiese Reflexion findet in Luxemburg bislang kaum statt. In der Schule nicht, von der Politik ebenfalls nicht.

Bald soll ein EU-weites KI-Gesetz die Risiken einhegen helfen. Aber die komplizier­te Debatte wird von Experten geführt und den Medien gelingt es viel zu wenig, die Bedeutung der neuen Technologi­e für den einzelnen Bürger verständli­ch herunterzu­brechen. Neben Bildungsin­stitutione­n hat die Chamber auch hier eine Schlüsselr­olle zu spielen.

KI in der politische­n Arena ist ein zweischnei­diges Schwert.

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